Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



se setzen, und mit den gegenwärtigen Ehren-Be-
zeugungen in Zukunfft werden zufrieden seyn,
so müssen entweder in künfftigen Zeiten, wenn
in ein zehn oder zwantzig Jahren die Titulatu-
ren wieder steigen sollen, neue Wörter um die
Ideen der Ehrgeitzigen zu vergnügen ausgedacht
werden, oder die Landes-Fürsten dißfalls ge-
wisse Verordnungen ergehen lassen.

§. 14. Gleichwie nun das erstere lächerlich
seyn würde, wenn man der Thorheit der Leute
zu gefallen neue und ungewöhnliche Wörter
aussinnen, oder aber die Titul, die bey den höch-
sten Standes-Personen gebräuchlich sind, auf
die von geringern Stande appliciren wolte;
Also wäre am besten, wenn die Landes-Fürsten
eine gewisse und beständige Norme vorschrie-
ben, wie es in Ansehung der Titulaturen gehal-
ten werden solte, damit sich iedermann darnach
richten könte, und müsten sowohl diejenigen, die
in Schrifften einem andern ein höher Praedicat
beylegten, denn er seinem Stand und Caractere
nach verdient, als auch, die es annähmen, be-
strafft werden.

§. 15. Es entstehen aus der Titular-Phi-
losophie
derer Hochmüthigen allerhand In-
commodit
äten. Denn wenn die Leute grös-
sere Titul verlangen, so wollen sie auch einen
grössern Staat führen, da depensiren sie mehr

in
D d d 3



ſe ſetzen, und mit den gegenwaͤrtigen Ehren-Be-
zeugungen in Zukunfft werden zufrieden ſeyn,
ſo muͤſſen entweder in kuͤnfftigen Zeiten, wenn
in ein zehn oder zwantzig Jahren die Titulatu-
ren wieder ſteigen ſollen, neue Woͤrter um die
Ideen der Ehrgeitzigen zu vergnuͤgen ausgedacht
werden, oder die Landes-Fuͤrſten dißfalls ge-
wiſſe Verordnungen ergehen laſſen.

§. 14. Gleichwie nun das erſtere laͤcherlich
ſeyn wuͤrde, wenn man der Thorheit der Leute
zu gefallen neue und ungewoͤhnliche Woͤrter
ausſinnen, oder aber die Titul, die bey den hoͤch-
ſten Standes-Perſonen gebraͤuchlich ſind, auf
die von geringern Stande appliciren wolte;
Alſo waͤre am beſten, wenn die Landes-Fuͤrſten
eine gewiſſe und beſtaͤndige Norme vorſchrie-
ben, wie es in Anſehung der Titulaturen gehal-
ten werden ſolte, damit ſich iedermann darnach
richten koͤnte, und muͤſten ſowohl diejenigen, die
in Schrifften einem andern ein hoͤher Prædicat
beylegten, denn er ſeinem Stand und Caractere
nach verdient, als auch, die es annaͤhmen, be-
ſtrafft werden.

§. 15. Es entſtehen aus der Titular-Phi-
loſophie
derer Hochmuͤthigen allerhand In-
commodit
aͤten. Denn wenn die Leute groͤſ-
ſere Titul verlangen, ſo wollen ſie auch einen
groͤſſern Staat fuͤhren, da depenſiren ſie mehr

in
D d d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0809" n="789"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> &#x017F;e &#x017F;etzen, und mit den gegenwa&#x0364;rtigen Ehren-Be-<lb/>
zeugungen in Zukunfft werden zufrieden &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en entweder in ku&#x0364;nfftigen Zeiten, wenn<lb/>
in ein zehn oder zwantzig Jahren die <hi rendition="#aq">Titulatu-</hi><lb/>
ren wieder &#x017F;teigen &#x017F;ollen, neue Wo&#x0364;rter um die<lb/><hi rendition="#aq">Ide</hi>en der Ehrgeitzigen zu vergnu&#x0364;gen ausgedacht<lb/>
werden, oder die Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;ten dißfalls ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Verordnungen ergehen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>§. 14. Gleichwie nun das er&#x017F;tere la&#x0364;cherlich<lb/>
&#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn man der Thorheit der Leute<lb/>
zu gefallen neue und ungewo&#x0364;hnliche Wo&#x0364;rter<lb/>
aus&#x017F;innen, oder aber die Titul, die bey den ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Standes-Per&#x017F;onen gebra&#x0364;uchlich &#x017F;ind, auf<lb/>
die von geringern Stande <hi rendition="#aq">applici</hi>ren wolte;<lb/>
Al&#x017F;o wa&#x0364;re am be&#x017F;ten, wenn die Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
eine gewi&#x017F;&#x017F;e und be&#x017F;ta&#x0364;ndige Norme vor&#x017F;chrie-<lb/>
ben, wie es in An&#x017F;ehung der <hi rendition="#aq">Titulatur</hi>en gehal-<lb/>
ten werden &#x017F;olte, damit &#x017F;ich iedermann darnach<lb/>
richten ko&#x0364;nte, und mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;owohl diejenigen, die<lb/>
in Schrifften einem andern ein ho&#x0364;her <hi rendition="#aq">Prædicat</hi><lb/>
beylegten, denn er &#x017F;einem Stand und <hi rendition="#aq">Caractere</hi><lb/>
nach verdient, als auch, die es anna&#x0364;hmen, be-<lb/>
&#x017F;trafft werden.</p><lb/>
        <p>§. 15. Es ent&#x017F;tehen aus der <hi rendition="#aq">Titular-Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophie</hi> derer Hochmu&#x0364;thigen allerhand <hi rendition="#aq">In-<lb/>
commodit</hi>a&#x0364;ten. Denn wenn die Leute gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ere Titul verlangen, &#x017F;o wollen &#x017F;ie auch einen<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Staat fu&#x0364;hren, da <hi rendition="#aq">depen&#x017F;i</hi>ren &#x017F;ie mehr<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[789/0809] ſe ſetzen, und mit den gegenwaͤrtigen Ehren-Be- zeugungen in Zukunfft werden zufrieden ſeyn, ſo muͤſſen entweder in kuͤnfftigen Zeiten, wenn in ein zehn oder zwantzig Jahren die Titulatu- ren wieder ſteigen ſollen, neue Woͤrter um die Ideen der Ehrgeitzigen zu vergnuͤgen ausgedacht werden, oder die Landes-Fuͤrſten dißfalls ge- wiſſe Verordnungen ergehen laſſen. §. 14. Gleichwie nun das erſtere laͤcherlich ſeyn wuͤrde, wenn man der Thorheit der Leute zu gefallen neue und ungewoͤhnliche Woͤrter ausſinnen, oder aber die Titul, die bey den hoͤch- ſten Standes-Perſonen gebraͤuchlich ſind, auf die von geringern Stande appliciren wolte; Alſo waͤre am beſten, wenn die Landes-Fuͤrſten eine gewiſſe und beſtaͤndige Norme vorſchrie- ben, wie es in Anſehung der Titulaturen gehal- ten werden ſolte, damit ſich iedermann darnach richten koͤnte, und muͤſten ſowohl diejenigen, die in Schrifften einem andern ein hoͤher Prædicat beylegten, denn er ſeinem Stand und Caractere nach verdient, als auch, die es annaͤhmen, be- ſtrafft werden. §. 15. Es entſtehen aus der Titular-Phi- loſophie derer Hochmuͤthigen allerhand In- commoditaͤten. Denn wenn die Leute groͤſ- ſere Titul verlangen, ſo wollen ſie auch einen groͤſſern Staat fuͤhren, da depenſiren ſie mehr in D d d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/809
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 789. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/809>, abgerufen am 23.11.2024.