Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



Urtheile einhohlen lassen, die nicht allezeit nach
der grösten Accuratesse eingerichtet sind, da sie
denen Partheyen accuratere Urtheile hätten
publiciren können und sollen.

§. 27. Unter den Mißbräuchen, die sich
bey den Criminal-Sachen zuweilen finden, ist
auch kein geringer mit, welcher sich offtermahls
bey dem Hexen-Proceß zeiget, da nicht alle-
mahl mit der gehörigen Behutsamkeit verfah-
ren, sondern auf gewisse Anzeigungen gegan-
gen, auch darüber mancher unschuldiger Weise
auf die Tortur, ja gar um Leib und Leben ge-
bracht wird, und dadurch Blut-Schulden auf
das Land gebracht werden. Gleichwie nun
hierunter Regenten die Wohlfahrt ihrer Un-
terthanen zu besorgen haben; Also müssen sie
zwar dahin sehen, daß die Hexen-Processe aus
einer von einigen beliebten, wiewohl falschen
Meynung, als ob es gar keine Hexen gebe, nicht
gäntzlich abgeschafft werden, sondern die Uber-
treter allezeit die verdiente Straffe, nach
Schärffe der Rechte, erfahren mögen, ieden-
noch aber auch niemand zur Ungebühr beschwe-
ret, noch aus einem unzeitigen Eyfer und übel-
gefasten Hexen-Processe unschuldig Blut ver-
gossen werde. S. Preußische Verordnung we-
gen des Hexen-Processes.

§. 28. Es pflegt nicht selten zu geschehen,

daß



Urtheile einhohlen laſſen, die nicht allezeit nach
der groͤſten Accurateſſe eingerichtet ſind, da ſie
denen Partheyen accuratere Urtheile haͤtten
publiciren koͤnnen und ſollen.

§. 27. Unter den Mißbraͤuchen, die ſich
bey den Criminal-Sachen zuweilen finden, iſt
auch kein geringer mit, welcher ſich offtermahls
bey dem Hexen-Proceß zeiget, da nicht alle-
mahl mit der gehoͤrigen Behutſamkeit verfah-
ren, ſondern auf gewiſſe Anzeigungen gegan-
gen, auch daruͤber mancher unſchuldiger Weiſe
auf die Tortur, ja gar um Leib und Leben ge-
bracht wird, und dadurch Blut-Schulden auf
das Land gebracht werden. Gleichwie nun
hierunter Regenten die Wohlfahrt ihrer Un-
terthanen zu beſorgen haben; Alſo muͤſſen ſie
zwar dahin ſehen, daß die Hexen-Proceſſe aus
einer von einigen beliebten, wiewohl falſchen
Meynung, als ob es gar keine Hexen gebe, nicht
gaͤntzlich abgeſchafft werden, ſondern die Uber-
treter allezeit die verdiente Straffe, nach
Schaͤrffe der Rechte, erfahren moͤgen, ieden-
noch aber auch niemand zur Ungebuͤhr beſchwe-
ret, noch aus einem unzeitigen Eyfer und uͤbel-
gefaſten Hexen-Proceſſe unſchuldig Blut ver-
goſſen werde. S. Preußiſche Verordnung we-
gen des Hexen-Proceſſes.

§. 28. Es pflegt nicht ſelten zu geſchehen,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0716" n="696"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Urtheile einhohlen la&#x017F;&#x017F;en, die nicht allezeit nach<lb/>
der gro&#x0364;&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Accurate&#x017F;&#x017F;e</hi> eingerichtet &#x017F;ind, da &#x017F;ie<lb/>
denen Partheyen <hi rendition="#aq">accurate</hi>re Urtheile ha&#x0364;tten<lb/><hi rendition="#aq">publici</hi>ren ko&#x0364;nnen und &#x017F;ollen.</p><lb/>
        <p>§. 27. Unter den Mißbra&#x0364;uchen, die &#x017F;ich<lb/>
bey den Criminal-Sachen zuweilen finden, i&#x017F;t<lb/>
auch kein geringer mit, welcher &#x017F;ich offtermahls<lb/>
bey dem Hexen-Proceß zeiget, da nicht alle-<lb/>
mahl mit der geho&#x0364;rigen Behut&#x017F;amkeit verfah-<lb/>
ren, &#x017F;ondern auf gewi&#x017F;&#x017F;e Anzeigungen gegan-<lb/>
gen, auch daru&#x0364;ber mancher un&#x017F;chuldiger Wei&#x017F;e<lb/>
auf die <hi rendition="#aq">Tortur,</hi> ja gar um Leib und Leben ge-<lb/>
bracht wird, und dadurch Blut-Schulden auf<lb/>
das Land gebracht werden. Gleichwie nun<lb/>
hierunter Regenten die Wohlfahrt ihrer Un-<lb/>
terthanen zu be&#x017F;orgen haben; Al&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
zwar dahin &#x017F;ehen, daß die Hexen-Proce&#x017F;&#x017F;e aus<lb/>
einer von einigen beliebten, wiewohl fal&#x017F;chen<lb/>
Meynung, als ob es gar keine Hexen gebe, nicht<lb/>
ga&#x0364;ntzlich abge&#x017F;chafft werden, &#x017F;ondern die Uber-<lb/>
treter allezeit die verdiente Straffe, nach<lb/>
Scha&#x0364;rffe der Rechte, erfahren mo&#x0364;gen, ieden-<lb/>
noch aber auch niemand zur Ungebu&#x0364;hr be&#x017F;chwe-<lb/>
ret, noch aus einem unzeitigen Eyfer und u&#x0364;bel-<lb/>
gefa&#x017F;ten Hexen-Proce&#x017F;&#x017F;e un&#x017F;chuldig Blut ver-<lb/>
go&#x017F;&#x017F;en werde. S. Preußi&#x017F;che Verordnung we-<lb/>
gen des Hexen-Proce&#x017F;&#x017F;es.</p><lb/>
        <p>§. 28. Es pflegt nicht &#x017F;elten zu ge&#x017F;chehen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[696/0716] Urtheile einhohlen laſſen, die nicht allezeit nach der groͤſten Accurateſſe eingerichtet ſind, da ſie denen Partheyen accuratere Urtheile haͤtten publiciren koͤnnen und ſollen. §. 27. Unter den Mißbraͤuchen, die ſich bey den Criminal-Sachen zuweilen finden, iſt auch kein geringer mit, welcher ſich offtermahls bey dem Hexen-Proceß zeiget, da nicht alle- mahl mit der gehoͤrigen Behutſamkeit verfah- ren, ſondern auf gewiſſe Anzeigungen gegan- gen, auch daruͤber mancher unſchuldiger Weiſe auf die Tortur, ja gar um Leib und Leben ge- bracht wird, und dadurch Blut-Schulden auf das Land gebracht werden. Gleichwie nun hierunter Regenten die Wohlfahrt ihrer Un- terthanen zu beſorgen haben; Alſo muͤſſen ſie zwar dahin ſehen, daß die Hexen-Proceſſe aus einer von einigen beliebten, wiewohl falſchen Meynung, als ob es gar keine Hexen gebe, nicht gaͤntzlich abgeſchafft werden, ſondern die Uber- treter allezeit die verdiente Straffe, nach Schaͤrffe der Rechte, erfahren moͤgen, ieden- noch aber auch niemand zur Ungebuͤhr beſchwe- ret, noch aus einem unzeitigen Eyfer und uͤbel- gefaſten Hexen-Proceſſe unſchuldig Blut ver- goſſen werde. S. Preußiſche Verordnung we- gen des Hexen-Proceſſes. §. 28. Es pflegt nicht ſelten zu geſchehen, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/716
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 696. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/716>, abgerufen am 22.11.2024.