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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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so genau durchgehen. Die Partheyen können
alsdenn bey sich überlegen, ob sie Grund haben,
den Proceß mit Hoffnung eines obsiegenden
Urthelis fortzusetzen, oder lieber nachgeben wol-
len. Die Advocaten können auch den Sta-
tum causae
ihrer Clienten desto eher hieraus
erkennen, und bey sich bedencken, ob sie ihnen
mit guten Gewissen lieber zu einem Vergleich
oder weitern Fortsetzung des Processes anra-
then wollen. Jedoch ist eben nicht nöthig, daß
in solchen Fällen, die in den Rechten gantz klar
und ausgemacht sind, die rationes decidendi
annecti
rt werden; Jngleichen ist es eine wun-
derliche Meynung, wenn einige in den Gedan-
cken stehen, als ob unterschiedene rationes deci-
dendi
zugleich allezeit mit anzuführen wären.
Die rationes müssen bey Abfassung der Ur-
theile nicht gezehlet, sondern ponderiret wer-
den. Es kömmt auf deren Menge nicht an,
sondern auf deren Wichtigkeit. Es ist bey
manchen Fällen genung, wenn eine eintzige
Raison angeführet, die klar, deutlich und wich-
tig, und zum Haupt-Werck oder zur Sache
gehörig ist. Wer mehr Nachricht hiervon
verlanget, kan die gelehrte Dissertation des
Herrn D. Krestners, derationibus decidendi
in variis juribus & responsis
nachschlagen.

§. 26. Es ist in den meisten Justiz-Colle-

giis



ſo genau durchgehen. Die Partheyen koͤnnen
alsdenn bey ſich uͤberlegen, ob ſie Grund haben,
den Proceß mit Hoffnung eines obſiegenden
Urthelis fortzuſetzen, oder lieber nachgeben wol-
len. Die Advocaten koͤnnen auch den Sta-
tum cauſæ
ihrer Clienten deſto eher hieraus
erkennen, und bey ſich bedencken, ob ſie ihnen
mit guten Gewiſſen lieber zu einem Vergleich
oder weitern Fortſetzung des Proceſſes anra-
then wollen. Jedoch iſt eben nicht noͤthig, daß
in ſolchen Faͤllen, die in den Rechten gantz klar
und ausgemacht ſind, die rationes decidendi
annecti
rt werden; Jngleichen iſt es eine wun-
derliche Meynung, wenn einige in den Gedan-
cken ſtehen, als ob unterſchiedene rationes deci-
dendi
zugleich allezeit mit anzufuͤhren waͤren.
Die rationes muͤſſen bey Abfaſſung der Ur-
theile nicht gezehlet, ſondern ponderiret wer-
den. Es koͤmmt auf deren Menge nicht an,
ſondern auf deren Wichtigkeit. Es iſt bey
manchen Faͤllen genung, wenn eine eintzige
Raiſon angefuͤhret, die klar, deutlich und wich-
tig, und zum Haupt-Werck oder zur Sache
gehoͤrig iſt. Wer mehr Nachricht hiervon
verlanget, kan die gelehrte Diſſertation des
Herrn D. Kreſtners, derationibus decidendi
in variis juribus & reſponſis
nachſchlagen.

§. 26. Es iſt in den meiſten Juſtiz-Colle-

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[694/0714] ſo genau durchgehen. Die Partheyen koͤnnen alsdenn bey ſich uͤberlegen, ob ſie Grund haben, den Proceß mit Hoffnung eines obſiegenden Urthelis fortzuſetzen, oder lieber nachgeben wol- len. Die Advocaten koͤnnen auch den Sta- tum cauſæ ihrer Clienten deſto eher hieraus erkennen, und bey ſich bedencken, ob ſie ihnen mit guten Gewiſſen lieber zu einem Vergleich oder weitern Fortſetzung des Proceſſes anra- then wollen. Jedoch iſt eben nicht noͤthig, daß in ſolchen Faͤllen, die in den Rechten gantz klar und ausgemacht ſind, die rationes decidendi annectirt werden; Jngleichen iſt es eine wun- derliche Meynung, wenn einige in den Gedan- cken ſtehen, als ob unterſchiedene rationes deci- dendi zugleich allezeit mit anzufuͤhren waͤren. Die rationes muͤſſen bey Abfaſſung der Ur- theile nicht gezehlet, ſondern ponderiret wer- den. Es koͤmmt auf deren Menge nicht an, ſondern auf deren Wichtigkeit. Es iſt bey manchen Faͤllen genung, wenn eine eintzige Raiſon angefuͤhret, die klar, deutlich und wich- tig, und zum Haupt-Werck oder zur Sache gehoͤrig iſt. Wer mehr Nachricht hiervon verlanget, kan die gelehrte Diſſertation des Herrn D. Kreſtners, derationibus decidendi in variis juribus & reſponſis nachſchlagen. §. 26. Es iſt in den meiſten Juſtiz-Colle- giis

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/714>, abgerufen am 22.11.2024.