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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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schähe, der den Rechts-Gelehrten das Befug-
niß ertheilet, nach den Gesetzen und Landes-
Ordnungen zu sprechen, nicht aber ihr Urtheil
über die Gesetze zu fällen. Solten auch bey ei-
nigen Rechts-Collegiis einige Observantien,
die den Gesetzen nicht zuwider, gedultet werden,
so wären doch dieselbigen Rechts-Collegia zu
Edirung ihrer Observantiarum ineditarum
anzuhalten; Denn man vermittelst dersel-
ben einem guten Freunde zu Liebe sprechen kan,
was man will. Wenn die Gegen-Parthey
sich beklagt, weil in den Gesetzen ein anders ver-
ordnet wäre, so berufft man sich auf die Obser-
vanz.
Beklagt sie sich aber, weil man vor
diesem in gleichen Fällen anders gesprochen, so
berufft man sich auf die Verordnung der Gese-
tze. S. die Gedancken von Verbesserung des
teutschen Justitz-Wesens, p. 30. und des Herrn
Prof. Griebners Dissertation de Observanti-
is Collegiorum juridicorum, p.
28.

§. 28. Es ist eine greuliche Juristische
Schulfüchserey, die auch zum despect der Lan-
des-Herren und der Gesetze gereicht, daß einige
Rechts-Lehrer mehr auff die Meynungen und
Gloßen der Doctorum sehen, die über dieses o-
der jenes Gesetze commentiret oder etwan An-
merckungen darzu geschrieben, als auf die Ge-
setze und Landes-Verordnungen selbst. Es

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ſchaͤhe, der den Rechts-Gelehrten das Befug-
niß ertheilet, nach den Geſetzen und Landes-
Ordnungen zu ſprechen, nicht aber ihr Urtheil
uͤber die Geſetze zu faͤllen. Solten auch bey ei-
nigen Rechts-Collegiis einige Obſervantien,
die den Geſetzen nicht zuwider, gedultet werden,
ſo waͤren doch dieſelbigen Rechts-Collegia zu
Edirung ihrer Obſervantiarum ineditarum
anzuhalten; Denn man vermittelſt derſel-
ben einem guten Freunde zu Liebe ſprechen kan,
was man will. Wenn die Gegen-Parthey
ſich beklagt, weil in den Geſetzen ein anders ver-
ordnet waͤre, ſo berufft man ſich auf die Obſer-
vanz.
Beklagt ſie ſich aber, weil man vor
dieſem in gleichen Faͤllen anders geſprochen, ſo
berufft man ſich auf die Verordnung der Geſe-
tze. S. die Gedancken von Verbeſſerung des
teutſchen Juſtitz-Weſens, p. 30. und des Herrn
Prof. Griebners Diſſertation de Obſervanti-
is Collegiorum juridicorum, p.
28.

§. 28. Es iſt eine greuliche Juriſtiſche
Schulfuͤchſerey, die auch zum deſpect der Lan-
des-Herren und der Geſetze gereicht, daß einige
Rechts-Lehrer mehr auff die Meynungen und
Gloßen der Doctorum ſehen, die uͤber dieſes o-
der jenes Geſetze commentiret oder etwan An-
merckungen darzu geſchrieben, als auf die Ge-
ſetze und Landes-Verordnungen ſelbſt. Es

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[601/0621] ſchaͤhe, der den Rechts-Gelehrten das Befug- niß ertheilet, nach den Geſetzen und Landes- Ordnungen zu ſprechen, nicht aber ihr Urtheil uͤber die Geſetze zu faͤllen. Solten auch bey ei- nigen Rechts-Collegiis einige Obſervantien, die den Geſetzen nicht zuwider, gedultet werden, ſo waͤren doch dieſelbigen Rechts-Collegia zu Edirung ihrer Obſervantiarum ineditarum anzuhalten; Denn man vermittelſt derſel- ben einem guten Freunde zu Liebe ſprechen kan, was man will. Wenn die Gegen-Parthey ſich beklagt, weil in den Geſetzen ein anders ver- ordnet waͤre, ſo berufft man ſich auf die Obſer- vanz. Beklagt ſie ſich aber, weil man vor dieſem in gleichen Faͤllen anders geſprochen, ſo berufft man ſich auf die Verordnung der Geſe- tze. S. die Gedancken von Verbeſſerung des teutſchen Juſtitz-Weſens, p. 30. und des Herrn Prof. Griebners Diſſertation de Obſervanti- is Collegiorum juridicorum, p. 28. §. 28. Es iſt eine greuliche Juriſtiſche Schulfuͤchſerey, die auch zum deſpect der Lan- des-Herren und der Geſetze gereicht, daß einige Rechts-Lehrer mehr auff die Meynungen und Gloßen der Doctorum ſehen, die uͤber dieſes o- der jenes Geſetze commentiret oder etwan An- merckungen darzu geſchrieben, als auf die Ge- ſetze und Landes-Verordnungen ſelbſt. Es ſchei- P p 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/621>, abgerufen am 03.07.2024.