dürfften sie keine Sabbaths-Schänder, keine GOttes-Lästerer und viel andere Lasterhaffte, die die Ruhe der Republic nicht stöhrten, nicht bestraffen. Diese Conclusion, fließt aus einem garstigen Principio, daß nehmlich ein Landes- Fürst weder auf seine eigene, noch auf seiner Unterthanen ewige Glückseeligkeit dencken müs- se, sondern bloß und allein auf das Zeitliche se- hen. Zum dritten ist der Endzweck der Straf- fe nicht allezeit, daß die Boßhafftigen gebessert, sondern andere durch ihr Exempel von solchen lasterhafften Dingen abgehalten werden, und das Land von solchen Bösewichtern, die der Re- public schädlich sind, gereiniget werde. Ein Dieb wird auch nicht gebessert, wenn er seines Dieb- stahls wegen an den Galgen gehenckt, ingleichen der Ehebrecher, wenn ihm der Kopff herunter ge- schlagen wird. Und zum vierdten ist niemand schuld, daß er ohne Erkänntniß GOttes hin- gerichtet wird, denn er selbst. Wiewohl eine Christliche und vernünfftige Obrigkeit billig, ehe sie zu solchen extremis bey einen Atheisten schreiten solte, erstlich alle Mittel ergreiffen wird, ihn unterrichten zu lassen und zu bekehren. Auf die Art dürffte nur ein ieder Missethäter, wenn er zum Tode verurtheilet wäre, sich stellen, als ob er ein Atheiste wäre, und sich nicht bekehren wolte, so wäre er vor der Hinrichtung sicher.
Jch
duͤrfften ſie keine Sabbaths-Schaͤnder, keine GOttes-Laͤſterer und viel andere Laſterhaffte, die die Ruhe der Republic nicht ſtoͤhrten, nicht beſtraffen. Dieſe Concluſion, fließt aus einem garſtigen Principio, daß nehmlich ein Landes- Fuͤrſt weder auf ſeine eigene, noch auf ſeiner Unterthanen ewige Gluͤckſeeligkeit dencken muͤſ- ſe, ſondern bloß und allein auf das Zeitliche ſe- hen. Zum dritten iſt der Endzweck der Straf- fe nicht allezeit, daß die Boßhafftigen gebeſſert, ſondern andere durch ihr Exempel von ſolchen laſterhafften Dingen abgehalten werden, und das Land von ſolchen Boͤſewichtern, die der Re- public ſchaͤdlich ſind, gereiniget werde. Ein Dieb wird auch nicht gebeſſert, wenn er ſeines Dieb- ſtahls wegen an den Galgen gehenckt, ingleichen der Ehebrecher, wenn ihm der Kopff herunter ge- ſchlagen wird. Und zum vierdten iſt niemand ſchuld, daß er ohne Erkaͤnntniß GOttes hin- gerichtet wird, denn er ſelbſt. Wiewohl eine Chriſtliche und vernuͤnfftige Obrigkeit billig, ehe ſie zu ſolchen extremis bey einen Atheiſten ſchreiten ſolte, erſtlich alle Mittel ergreiffen wiꝛd, ihn unterrichten zu laſſen und zu bekehren. Auf die Art duͤrffte nur ein ieder Miſſethaͤter, wenn er zum Tode verurtheilet waͤre, ſich ſtellen, als ob er ein Atheiſte waͤre, und ſich nicht bekehren wolte, ſo waͤre er vor der Hinrichtung ſicher.
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duͤrfften ſie keine Sabbaths-Schaͤnder, keine
GOttes-Laͤſterer und viel andere Laſterhaffte,
die die Ruhe der Republic nicht ſtoͤhrten, nicht
beſtraffen. Dieſe Concluſion, fließt aus einem
garſtigen Principio, daß nehmlich ein Landes-
Fuͤrſt weder auf ſeine eigene, noch auf ſeiner
Unterthanen ewige Gluͤckſeeligkeit dencken muͤſ-
ſe, ſondern bloß und allein auf das Zeitliche ſe-
hen. Zum dritten iſt der Endzweck der Straf-
fe nicht allezeit, daß die Boßhafftigen gebeſſert,
ſondern andere durch ihr Exempel von ſolchen
laſterhafften Dingen abgehalten werden, und
das Land von ſolchen Boͤſewichtern, die der Re-
public ſchaͤdlich ſind, gereiniget werde. Ein Dieb
wird auch nicht gebeſſert, wenn er ſeines Dieb-
ſtahls wegen an den Galgen gehenckt, ingleichen
der Ehebrecher, wenn ihm der Kopff herunter ge-
ſchlagen wird. Und zum vierdten iſt niemand
ſchuld, daß er ohne Erkaͤnntniß GOttes hin-
gerichtet wird, denn er ſelbſt. Wiewohl eine
Chriſtliche und vernuͤnfftige Obrigkeit billig,
ehe ſie zu ſolchen extremis bey einen Atheiſten
ſchreiten ſolte, erſtlich alle Mittel ergreiffen wiꝛd,
ihn unterrichten zu laſſen und zu bekehren. Auf
die Art duͤrffte nur ein ieder Miſſethaͤter, wenn
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/496>, abgerufen am 22.11.2024.
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