Affairen zu dirigiren haben, lesen dasjenige, was ihnen anständig und practicable scheinet, hernach aus.
§. 13. Die in der Republique des lettres ein wenig bekannt, wissen zur Gnüge, wie off- termahls die Autores der Schrifften, welche doch Gelehrte seyn und heissen wollen, einander wegen blosser Meynungen herunter machen, da doch dem gemeinen Wesen wenig oder nichts daran gelegen, ob man diese oder jene Meynung behauptet, sie brauchen solche expressiones ge- gen einander, die denen Herings- und Käse- Crämern oder denen Schipper-Knechten in den See-Städten anständiger sind, denn gelehrten und vernünfftigen Leuten. Gleichwie nun durch solche piquante und schimpffliche Re- dens-Arten die Wahrheit nicht erforschet wird, und die Gemüther der Autorum nur gegen ein- ander erbittert werden, solche auch zu nichts an- ders dienen, als einigen unverständigen Lesern auf eine Zeitlang eine Freude und ein Gelächter zu erwecken, die denjenigen vor den geschickte- sten halten, der den andern am meisten mit pi- quanten und satyrischen Redens-Arten ange- het; Als solten die Landes-Fürsten billig ernst- lich anbefehlen, daß die Autores, indem sie an- dere Meynungen widerlegen, sich keiner Perso- nalien oder groben satyrischen und anzüglichen
Re-
F f 3
Affairen zu dirigiren haben, leſen dasjenige, was ihnen anſtaͤndig und practicable ſcheinet, hernach aus.
§. 13. Die in der Republique des lettres ein wenig bekannt, wiſſen zur Gnuͤge, wie off- termahls die Autores der Schrifften, welche doch Gelehrte ſeyn und heiſſen wollen, einander wegen bloſſer Meynungen herunter machen, da doch dem gemeinen Weſen wenig oder nichts daran gelegen, ob man dieſe oder jene Meynung behauptet, ſie brauchen ſolche expreſſiones ge- gen einander, die denen Herings- und Kaͤſe- Craͤmern oder denen Schipper-Knechten in den See-Staͤdten anſtaͤndiger ſind, denn gelehrten und vernuͤnfftigen Leuten. Gleichwie nun durch ſolche piquante und ſchimpffliche Re- dens-Arten die Wahrheit nicht erforſchet wird, und die Gemuͤther der Autorum nur gegen ein- ander erbittert werden, ſolche auch zu nichts an- ders dienen, als einigen unverſtaͤndigen Leſern auf eine Zeitlang eine Freude und ein Gelaͤchter zu erwecken, die denjenigen vor den geſchickte- ſten halten, der den andern am meiſten mit pi- quanten und ſatyriſchen Redens-Arten ange- het; Als ſolten die Landes-Fuͤrſten billig ernſt- lich anbefehlen, daß die Autores, indem ſie an- dere Meynungen widerlegen, ſich keiner Perſo- nalien oder groben ſatyriſchen und anzuͤglichen
Re-
F f 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0473"n="453"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw><hirendition="#aq">Affai</hi>ren zu <hirendition="#aq">dirigi</hi>ren haben, leſen dasjenige,<lb/>
was ihnen anſtaͤndig und <hirendition="#aq">practicable</hi>ſcheinet,<lb/>
hernach aus.</p><lb/><p>§. 13. Die in der <hirendition="#aq">Republique des lettres</hi> ein<lb/>
wenig bekannt, wiſſen zur Gnuͤge, wie off-<lb/>
termahls die <hirendition="#aq">Autores</hi> der Schrifften, welche<lb/>
doch Gelehrte ſeyn und heiſſen wollen, einander<lb/>
wegen bloſſer Meynungen herunter machen, da<lb/>
doch dem gemeinen Weſen wenig oder nichts<lb/>
daran gelegen, ob man dieſe oder jene Meynung<lb/>
behauptet, ſie brauchen ſolche <hirendition="#aq">expreſſiones</hi> ge-<lb/>
gen einander, die denen Herings- und Kaͤſe-<lb/>
Craͤmern oder denen Schipper-Knechten in den<lb/>
See-Staͤdten anſtaͤndiger ſind, denn gelehrten<lb/>
und vernuͤnfftigen Leuten. Gleichwie nun<lb/>
durch ſolche <hirendition="#aq">piquante</hi> und ſchimpffliche Re-<lb/>
dens-Arten die Wahrheit nicht erforſchet wird,<lb/>
und die Gemuͤther der <hirendition="#aq">Autorum</hi> nur gegen ein-<lb/>
ander erbittert werden, ſolche auch zu nichts an-<lb/>
ders dienen, als einigen unverſtaͤndigen Leſern<lb/>
auf eine Zeitlang eine Freude und ein Gelaͤchter<lb/>
zu erwecken, die denjenigen vor den geſchickte-<lb/>ſten halten, der den andern am meiſten mit <hirendition="#aq">pi-<lb/>
quant</hi>en und <hirendition="#aq">ſatyri</hi>ſchen Redens-Arten ange-<lb/>
het; Als ſolten die Landes-Fuͤrſten billig ernſt-<lb/>
lich anbefehlen, daß die <hirendition="#aq">Autores,</hi> indem ſie an-<lb/>
dere Meynungen widerlegen, ſich keiner <hirendition="#aq">Perſo-<lb/>
nali</hi>en oder groben <hirendition="#aq">ſatyri</hi>ſchen und anzuͤglichen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Re-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[453/0473]
Affairen zu dirigiren haben, leſen dasjenige,
was ihnen anſtaͤndig und practicable ſcheinet,
hernach aus.
§. 13. Die in der Republique des lettres ein
wenig bekannt, wiſſen zur Gnuͤge, wie off-
termahls die Autores der Schrifften, welche
doch Gelehrte ſeyn und heiſſen wollen, einander
wegen bloſſer Meynungen herunter machen, da
doch dem gemeinen Weſen wenig oder nichts
daran gelegen, ob man dieſe oder jene Meynung
behauptet, ſie brauchen ſolche expreſſiones ge-
gen einander, die denen Herings- und Kaͤſe-
Craͤmern oder denen Schipper-Knechten in den
See-Staͤdten anſtaͤndiger ſind, denn gelehrten
und vernuͤnfftigen Leuten. Gleichwie nun
durch ſolche piquante und ſchimpffliche Re-
dens-Arten die Wahrheit nicht erforſchet wird,
und die Gemuͤther der Autorum nur gegen ein-
ander erbittert werden, ſolche auch zu nichts an-
ders dienen, als einigen unverſtaͤndigen Leſern
auf eine Zeitlang eine Freude und ein Gelaͤchter
zu erwecken, die denjenigen vor den geſchickte-
ſten halten, der den andern am meiſten mit pi-
quanten und ſatyriſchen Redens-Arten ange-
het; Als ſolten die Landes-Fuͤrſten billig ernſt-
lich anbefehlen, daß die Autores, indem ſie an-
dere Meynungen widerlegen, ſich keiner Perſo-
nalien oder groben ſatyriſchen und anzuͤglichen
Re-
F f 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/473>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.