hierüber im geringsten nicht zu Richtern zu bestellen. Die Historie von dem bekannten Orfyreischen Perpetuo mobili kan bey dieser Thesi ein Exempel abgeben.
§. 6. Es pfleget nicht selten zu geschehen, daß wenn gewisse Künstler und andere gelehrte und berühmte Leute, einigen entweder ein ge- wisses Werck, so im Modell verfertiget ist, zei- gen oder es ihnen zeichnen und modelliren las- sen, und ihnen, weil sie dieser Sache nicht kundig sind, zu geben, solche böse Leute öffters, nachdem sie einen deutlichen Begriff des Wercks über- kommen, zu grossen Herren hingehen, dieses vor ihre eigene Erfindungen ausgeben, und sich mit andrer Leute Federn ausschmücken. Da aber dieses ein betrügerisches Unternehmen ist, dadurch des Nechsten Reputation gewaltig praejudiciret wird. So solten alle solche, die sich mit andrer Leute Erfindungen groß machen wollen, wenn sie ihrer Boßheit überführet, auff das schärffste bestrafft werden.
§. 7. Es besitzen bißweilen einige Künstler oder andere ingenieuse Leute gewisse Erfin- dungen, die sie vor besondere arcana ausgeben, damit aber so neidisch sind, daß sie keinen Men- schen wenn sie auch viel Geld davor bekämen, solche lernen, sondern lieber mit sich in das Grab nehmen, denn ihren Nechsten damit dienen
wollen.
hieruͤber im geringſten nicht zu Richtern zu beſtellen. Die Hiſtorie von dem bekannten Orfyreiſchen Perpetuo mobili kan bey dieſer Theſi ein Exempel abgeben.
§. 6. Es pfleget nicht ſelten zu geſchehen, daß wenn gewiſſe Kuͤnſtler und andere gelehrte und beruͤhmte Leute, einigen entweder ein ge- wiſſes Werck, ſo im Modell verfertiget iſt, zei- gen oder es ihnen zeichnen und modelliren laſ- ſen, und ihnen, weil ſie dieſer Sache nicht kundig ſind, zu geben, ſolche boͤſe Leute oͤffters, nachdem ſie einen deutlichen Begriff des Wercks uͤber- kommen, zu groſſen Herren hingehen, dieſes vor ihre eigene Erfindungen ausgeben, und ſich mit andrer Leute Federn ausſchmuͤcken. Da aber dieſes ein betruͤgeriſches Unternehmen iſt, dadurch des Nechſten Reputation gewaltig præjudiciret wird. So ſolten alle ſolche, die ſich mit andrer Leute Erfindungen groß machen wollen, wenn ſie ihrer Boßheit uͤberfuͤhret, auff das ſchaͤrffſte beſtrafft werden.
§. 7. Es beſitzen bißweilen einige Kuͤnſtler oder andere ingenieuſe Leute gewiſſe Erfin- dungen, die ſie vor beſondere arcana ausgeben, damit aber ſo neidiſch ſind, daß ſie keinen Men- ſchen wenn ſie auch viel Geld davor bekaͤmen, ſolche lernen, ſondern lieber mit ſich in das Grab nehmen, denn ihren Nechſten damit dienen
wollen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0464"n="444"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> hieruͤber im geringſten nicht zu Richtern zu<lb/>
beſtellen. Die Hiſtorie von dem bekannten<lb/><hirendition="#aq">Orfyrei</hi>ſchen <hirendition="#aq">Perpetuo mobili</hi> kan bey dieſer<lb/><hirendition="#aq">Theſi</hi> ein Exempel abgeben.</p><lb/><p>§. 6. Es pfleget nicht ſelten zu geſchehen,<lb/>
daß wenn gewiſſe Kuͤnſtler und andere gelehrte<lb/>
und beruͤhmte Leute, einigen entweder ein ge-<lb/>
wiſſes Werck, ſo im Modell verfertiget iſt, zei-<lb/>
gen oder es ihnen zeichnen und <hirendition="#aq">modelli</hi>ren laſ-<lb/>ſen, und ihnen, weil ſie dieſer Sache nicht kundig<lb/>ſind, zu geben, ſolche boͤſe Leute oͤffters, nachdem<lb/>ſie einen deutlichen Begriff des Wercks uͤber-<lb/>
kommen, zu groſſen Herren hingehen, dieſes<lb/>
vor ihre eigene Erfindungen ausgeben, und ſich<lb/>
mit andrer Leute Federn ausſchmuͤcken. Da<lb/>
aber dieſes ein betruͤgeriſches Unternehmen iſt,<lb/>
dadurch des Nechſten <hirendition="#aq">Reputation</hi> gewaltig<lb/><hirendition="#aq">præjudici</hi>ret wird. So ſolten alle ſolche, die<lb/>ſich mit andrer Leute Erfindungen groß machen<lb/>
wollen, wenn ſie ihrer Boßheit uͤberfuͤhret, auff<lb/>
das ſchaͤrffſte beſtrafft werden.</p><lb/><p>§. 7. Es beſitzen bißweilen einige Kuͤnſtler<lb/>
oder andere <hirendition="#aq">ingenieuſe</hi> Leute gewiſſe Erfin-<lb/>
dungen, die ſie vor beſondere <hirendition="#aq">arcana</hi> ausgeben,<lb/>
damit aber ſo neidiſch ſind, daß ſie keinen Men-<lb/>ſchen wenn ſie auch viel Geld davor bekaͤmen,<lb/>ſolche lernen, ſondern lieber mit ſich in das Grab<lb/>
nehmen, denn ihren Nechſten damit dienen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wollen.</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[444/0464]
hieruͤber im geringſten nicht zu Richtern zu
beſtellen. Die Hiſtorie von dem bekannten
Orfyreiſchen Perpetuo mobili kan bey dieſer
Theſi ein Exempel abgeben.
§. 6. Es pfleget nicht ſelten zu geſchehen,
daß wenn gewiſſe Kuͤnſtler und andere gelehrte
und beruͤhmte Leute, einigen entweder ein ge-
wiſſes Werck, ſo im Modell verfertiget iſt, zei-
gen oder es ihnen zeichnen und modelliren laſ-
ſen, und ihnen, weil ſie dieſer Sache nicht kundig
ſind, zu geben, ſolche boͤſe Leute oͤffters, nachdem
ſie einen deutlichen Begriff des Wercks uͤber-
kommen, zu groſſen Herren hingehen, dieſes
vor ihre eigene Erfindungen ausgeben, und ſich
mit andrer Leute Federn ausſchmuͤcken. Da
aber dieſes ein betruͤgeriſches Unternehmen iſt,
dadurch des Nechſten Reputation gewaltig
præjudiciret wird. So ſolten alle ſolche, die
ſich mit andrer Leute Erfindungen groß machen
wollen, wenn ſie ihrer Boßheit uͤberfuͤhret, auff
das ſchaͤrffſte beſtrafft werden.
§. 7. Es beſitzen bißweilen einige Kuͤnſtler
oder andere ingenieuſe Leute gewiſſe Erfin-
dungen, die ſie vor beſondere arcana ausgeben,
damit aber ſo neidiſch ſind, daß ſie keinen Men-
ſchen wenn ſie auch viel Geld davor bekaͤmen,
ſolche lernen, ſondern lieber mit ſich in das Grab
nehmen, denn ihren Nechſten damit dienen
wollen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/464>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.