thiger Erkänntniß ist. Jndessen ist der Miß- brauch sehr eingerissen und kan ein Idiote ums Geld gar leichtlich einen Doctor erkauffen. Jedoch scheinet dieser Mißbrauch mehr eine Thorheit als Ungerechtigkeit zu seyn, wiewohl das letztere die meisten behaupten. Denn wenn ein Ignorante sich läst zum Doctor machen, so ists eben, als wenn sich ein Mohr liesse ein At- testat geben, daß er weiß wäre, wodurch so wohl seine als des Gebenden Thorheit sich äussert. Jndeß sind sie doch nicht umsonst thöricht, denn der eine bekommt vor seine Thorheit Geld, der andere aber einigen Rang. Wer demnach dieses höher achtet, als seine Reputation, der ist auch bey seiner Thorheit klug.
§. 30. Da nun durch solche Mißbräuche der academischen Würden die Gradus acade- mici, die in thesi gut und rühmlich seyn, be- schimpffet und verächtlich gehalten, die Privile- gia der Käyser und Landes-Fürsten, welche doch gleichsam mit einem Eyde die Gewissen der Professoren verbinden, daß sie keine Unge- schickte promoviren sollen, hindangesetzt wer- den; Uberdiß auch das Publicum gewaltig dar- unter leidet, indem die gemeine oder unverstän- digen Leute, welches doch die meisten in der Welt sind, durch die bey den liederlichen Pro- motionen verkaufften Titel betrogen werden,
daß
thiger Erkaͤnntniß iſt. Jndeſſen iſt der Miß- brauch ſehr eingeriſſen und kan ein Idiote ums Geld gar leichtlich einen Doctor erkauffen. Jedoch ſcheinet dieſer Mißbrauch mehr eine Thorheit als Ungerechtigkeit zu ſeyn, wiewohl das letztere die meiſten behaupten. Denn wenn ein Ignorante ſich laͤſt zum Doctor machen, ſo iſts eben, als wenn ſich ein Mohr lieſſe ein At- teſtat geben, daß er weiß waͤre, wodurch ſo wohl ſeine als des Gebenden Thorheit ſich aͤuſſert. Jndeß ſind ſie doch nicht umſonſt thoͤricht, denn der eine bekommt vor ſeine Thorheit Geld, der andere aber einigen Rang. Wer demnach dieſes hoͤher achtet, als ſeine Reputation, der iſt auch bey ſeiner Thorheit klug.
§. 30. Da nun durch ſolche Mißbraͤuche der academiſchen Wuͤrden die Gradus acade- mici, die in theſi gut und ruͤhmlich ſeyn, be- ſchimpffet und veraͤchtlich gehalten, die Privile- gia der Kaͤyſer und Landes-Fuͤrſten, welche doch gleichſam mit einem Eyde die Gewiſſen der Profeſſoren verbinden, daß ſie keine Unge- ſchickte promoviren ſollen, hindangeſetzt wer- den; Uberdiß auch das Publicum gewaltig dar- unter leidet, indem die gemeine oder unverſtaͤn- digen Leute, welches doch die meiſten in der Welt ſind, durch die bey den liederlichen Pro- motionen verkaufften Titel betrogen werden,
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thiger Erkaͤnntniß iſt. Jndeſſen iſt der Miß-
brauch ſehr eingeriſſen und kan ein Idiote ums
Geld gar leichtlich einen Doctor erkauffen.
Jedoch ſcheinet dieſer Mißbrauch mehr eine
Thorheit als Ungerechtigkeit zu ſeyn, wiewohl
das letztere die meiſten behaupten. Denn wenn
ein Ignorante ſich laͤſt zum Doctor machen, ſo
iſts eben, als wenn ſich ein Mohr lieſſe ein At-
teſtat geben, daß er weiß waͤre, wodurch ſo wohl
ſeine als des Gebenden Thorheit ſich aͤuſſert.
Jndeß ſind ſie doch nicht umſonſt thoͤricht,
denn der eine bekommt vor ſeine Thorheit Geld,
der andere aber einigen Rang. Wer demnach
dieſes hoͤher achtet, als ſeine Reputation, der iſt
auch bey ſeiner Thorheit klug.
§. 30. Da nun durch ſolche Mißbraͤuche
der academiſchen Wuͤrden die Gradus acade-
mici, die in theſi gut und ruͤhmlich ſeyn, be-
ſchimpffet und veraͤchtlich gehalten, die Privile-
gia der Kaͤyſer und Landes-Fuͤrſten, welche
doch gleichſam mit einem Eyde die Gewiſſen
der Profeſſoren verbinden, daß ſie keine Unge-
ſchickte promoviren ſollen, hindangeſetzt wer-
den; Uberdiß auch das Publicum gewaltig dar-
unter leidet, indem die gemeine oder unverſtaͤn-
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Welt ſind, durch die bey den liederlichen Pro-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/449>, abgerufen am 22.11.2024.
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