Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



lichen Unterscheid. Denn da es sonst vor ein
crimen laesae majestatis Aristotelicae gehalten
wurde, wenn einer von den Lehr-Sätzen des
Aristotelis abweichen wolte, so ist hingegen
heutiges Tages seine Autorität ziemlich gefal-
len, und die meisten fangen an zu erkennen, daß
seine Philosophie ein blosser Wörter-Kram,
und ein von lauter unnützen Grillen und subti-
len metaphysischen Distinctionibus zusammen
geflickter Bettlers-Mantel sey. Ob nun
gleich einige gelehrte und berühmte Leute unse-
rer und der vorigen Zeiten eine Reforme hier-
innen vorgenommen, so hat dennoch der Aristo-
teli
sche Sauerteig auf manchen Universitäten
noch nicht gantz und gar können vertilget wer-
den. Dahero wäre wohl gethan, wenn die
Regenten die Aristotelische Philosophie gantz
und gar verböthen, und an Statt deßen andere
Compendia, die die Disciplinen in bessere
Ordnung gebracht, und nach dem heutigen
Staat accurater eingerichtet, erklären liessen.
Es ist ja eine Schande, wenn Christen von
Heyden die Welt-Weißheit erlernen sollen.
Zudem so ist auch seine Philosophie durch und
durch mit lauter Jrrthümern angefüllet.

§. 12. Es solten von Rechtswegen auf den
meisten Universitäten diejenigen Schrifften,
die denen Herren Professoribus zu ihren Le-

ctio-
C c 4



lichen Unterſcheid. Denn da es ſonſt vor ein
crimen læſæ majeſtatis Ariſtotelicæ gehalten
wurde, wenn einer von den Lehr-Saͤtzen des
Ariſtotelis abweichen wolte, ſo iſt hingegen
heutiges Tages ſeine Autoritaͤt ziemlich gefal-
len, und die meiſten fangen an zu erkennen, daß
ſeine Philoſophie ein bloſſer Woͤrter-Kram,
und ein von lauter unnuͤtzen Grillen und ſubti-
len metaphyſiſchen Diſtinctionibus zuſammen
geflickter Bettlers-Mantel ſey. Ob nun
gleich einige gelehrte und beruͤhmte Leute unſe-
rer und der vorigen Zeiten eine Reforme hier-
innen vorgenommen, ſo hat dennoch der Ariſto-
teli
ſche Sauerteig auf manchen Univerſitaͤten
noch nicht gantz und gar koͤnnen vertilget wer-
den. Dahero waͤre wohl gethan, wenn die
Regenten die Ariſtoteliſche Philoſophie gantz
und gar verboͤthen, und an Statt deßen andere
Compendia, die die Diſciplinen in beſſere
Ordnung gebracht, und nach dem heutigen
Staat accurater eingerichtet, erklaͤren lieſſen.
Es iſt ja eine Schande, wenn Chriſten von
Heyden die Welt-Weißheit erlernen ſollen.
Zudem ſo iſt auch ſeine Philoſophie durch und
durch mit lauter Jrrthuͤmern angefuͤllet.

§. 12. Es ſolten von Rechtswegen auf den
meiſten Univerſitaͤten diejenigen Schrifften,
die denen Herren Profeſſoribus zu ihren Le-

ctio-
C c 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0427" n="407"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> lichen Unter&#x017F;cheid. Denn da es &#x017F;on&#x017F;t vor ein<lb/><hi rendition="#aq">crimen læ&#x017F;æ maje&#x017F;tatis Ari&#x017F;totelicæ</hi> gehalten<lb/>
wurde, wenn einer von den Lehr-Sa&#x0364;tzen des<lb/><hi rendition="#aq">Ari&#x017F;totelis</hi> abweichen wolte, &#x017F;o i&#x017F;t hingegen<lb/>
heutiges Tages &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Autori</hi>ta&#x0364;t ziemlich gefal-<lb/>
len, und die mei&#x017F;ten fangen an zu erkennen, daß<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> ein blo&#x017F;&#x017F;er Wo&#x0364;rter-Kram,<lb/>
und ein von lauter unnu&#x0364;tzen Grillen und <hi rendition="#aq">&#x017F;ubti-</hi><lb/>
len <hi rendition="#aq">metaphy&#x017F;i</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;tinctionibus</hi> zu&#x017F;ammen<lb/>
geflickter Bettlers-Mantel &#x017F;ey. Ob nun<lb/>
gleich einige gelehrte und beru&#x0364;hmte Leute un&#x017F;e-<lb/>
rer und der vorigen Zeiten eine <hi rendition="#aq">Reforme</hi> hier-<lb/>
innen vorgenommen, &#x017F;o hat dennoch der <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;to-<lb/>
teli</hi>&#x017F;che Sauerteig auf manchen <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;i</hi>ta&#x0364;ten<lb/>
noch nicht gantz und gar ko&#x0364;nnen vertilget wer-<lb/>
den. Dahero wa&#x0364;re wohl gethan, wenn die<lb/>
Regenten die <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;toteli</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> gantz<lb/>
und gar verbo&#x0364;then, und an Statt deßen andere<lb/><hi rendition="#aq">Compendia,</hi> die die <hi rendition="#aq">Di&#x017F;ciplin</hi>en in be&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Ordnung gebracht, und nach dem heutigen<lb/>
Staat <hi rendition="#aq">accura</hi>ter eingerichtet, erkla&#x0364;ren lie&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Es i&#x017F;t ja eine Schande, wenn Chri&#x017F;ten von<lb/>
Heyden die Welt-Weißheit erlernen &#x017F;ollen.<lb/>
Zudem &#x017F;o i&#x017F;t auch &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> durch und<lb/>
durch mit lauter Jrrthu&#x0364;mern angefu&#x0364;llet.</p><lb/>
        <p>§. 12. Es &#x017F;olten von Rechtswegen auf den<lb/>
mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;i</hi>ta&#x0364;ten diejenigen Schrifften,<lb/>
die denen Herren <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;oribus</hi> zu ihren <hi rendition="#aq">Le-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 4</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">ctio-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[407/0427] lichen Unterſcheid. Denn da es ſonſt vor ein crimen læſæ majeſtatis Ariſtotelicæ gehalten wurde, wenn einer von den Lehr-Saͤtzen des Ariſtotelis abweichen wolte, ſo iſt hingegen heutiges Tages ſeine Autoritaͤt ziemlich gefal- len, und die meiſten fangen an zu erkennen, daß ſeine Philoſophie ein bloſſer Woͤrter-Kram, und ein von lauter unnuͤtzen Grillen und ſubti- len metaphyſiſchen Diſtinctionibus zuſammen geflickter Bettlers-Mantel ſey. Ob nun gleich einige gelehrte und beruͤhmte Leute unſe- rer und der vorigen Zeiten eine Reforme hier- innen vorgenommen, ſo hat dennoch der Ariſto- teliſche Sauerteig auf manchen Univerſitaͤten noch nicht gantz und gar koͤnnen vertilget wer- den. Dahero waͤre wohl gethan, wenn die Regenten die Ariſtoteliſche Philoſophie gantz und gar verboͤthen, und an Statt deßen andere Compendia, die die Diſciplinen in beſſere Ordnung gebracht, und nach dem heutigen Staat accurater eingerichtet, erklaͤren lieſſen. Es iſt ja eine Schande, wenn Chriſten von Heyden die Welt-Weißheit erlernen ſollen. Zudem ſo iſt auch ſeine Philoſophie durch und durch mit lauter Jrrthuͤmern angefuͤllet. §. 12. Es ſolten von Rechtswegen auf den meiſten Univerſitaͤten diejenigen Schrifften, die denen Herren Profeſſoribus zu ihren Le- ctio- C c 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/427
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/427>, abgerufen am 24.11.2024.