Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



gemein sind, und sich wohl gar ihre Excellenz
schelten lassen. Also halten sie auch ihre Un-
tergebenen sonderlich darzu an, daß sie sich in
allen Stücken der Galanterie, so viel als nur
möglich, befleissen. Nach geendigter Schul-
Lection müssen sie meistentheils Land-Charten
illuminiren, Verse machen, reissen, sich in der
Music exerciren oder Exercitia treiben.

§. 10. Da nun so wohl jene als diese des
rechten Weges, der bey den Schul-Lectionen
zu erwehlen ist, verfehlen, so haben die Lan-
des-Obrigkeiten denen Lehrern solche Schul-
Ordnungen vorzuschreiben, daß so wohl die
Haupt-Studia und höchstnöthigen Wissen-
schafften nicht versäumet und die Untergebenen
auch zugleich zu einigen galanten Wissenschaff-
ten, die ebenfalls heutiges Tages in dem mensch-
lichen Leben nöthig sind, mit angeführet wer-
den. Man muß eines thun und das andere
nicht lassen. Jch habe das vorhergehende
nicht deswegen allegiret, daß ich glaubte, als ob
alle diese Wissenschafften unnütze wären, nein
keineswegs, sondern nur die Methode getadelt,
weil jene und diese excediren. Denn die La-
teinische Sprache und der Stylus nebst Gram-
matica
und Logica muß auff Schulen fleißig
getrieben werden, und die galanten Studia sind
nach dem Unterschied der ingeniorum und der

Lebens-
A a 5



gemein ſind, und ſich wohl gar ihre Excellenz
ſchelten laſſen. Alſo halten ſie auch ihre Un-
tergebenen ſonderlich darzu an, daß ſie ſich in
allen Stuͤcken der Galanterie, ſo viel als nur
moͤglich, befleiſſen. Nach geendigter Schul-
Lection muͤſſen ſie meiſtentheils Land-Charten
illuminiren, Verſe machen, reiſſen, ſich in der
Muſic exerciren oder Exercitia treiben.

§. 10. Da nun ſo wohl jene als dieſe des
rechten Weges, der bey den Schul-Lectionen
zu erwehlen iſt, verfehlen, ſo haben die Lan-
des-Obrigkeiten denen Lehrern ſolche Schul-
Ordnungen vorzuſchreiben, daß ſo wohl die
Haupt-Studia und hoͤchſtnoͤthigen Wiſſen-
ſchafften nicht verſaͤumet und die Untergebenen
auch zugleich zu einigen galanten Wiſſenſchaff-
ten, die ebenfalls heutiges Tages in dem menſch-
lichen Leben noͤthig ſind, mit angefuͤhret wer-
den. Man muß eines thun und das andere
nicht laſſen. Jch habe das vorhergehende
nicht deswegen allegiret, daß ich glaubte, als ob
alle dieſe Wiſſenſchafften unnuͤtze waͤren, nein
keineswegs, ſondern nur die Methode getadelt,
weil jene und dieſe excediren. Denn die La-
teiniſche Sprache und der Stylus nebſt Gram-
matica
und Logica muß auff Schulen fleißig
getrieben werden, und die galanten Studia ſind
nach dem Unterſchied der ingeniorum und der

Lebens-
A a 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0397" n="377"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> gemein &#x017F;ind, und &#x017F;ich wohl gar ihre <hi rendition="#aq">Excellenz</hi><lb/>
&#x017F;chelten la&#x017F;&#x017F;en. Al&#x017F;o halten &#x017F;ie auch ihre Un-<lb/>
tergebenen &#x017F;onderlich darzu an, daß &#x017F;ie &#x017F;ich in<lb/>
allen Stu&#x0364;cken der <hi rendition="#aq">Galanterie,</hi> &#x017F;o viel als nur<lb/>
mo&#x0364;glich, beflei&#x017F;&#x017F;en. Nach geendigter Schul-<lb/><hi rendition="#aq">Lection</hi> mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mei&#x017F;tentheils Land-Charten<lb/><hi rendition="#aq">illumini</hi>ren, Ver&#x017F;e machen, rei&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich in der<lb/><hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ic exerci</hi>ren oder <hi rendition="#aq">Exercitia</hi> treiben.</p><lb/>
        <p>§. 10. Da nun &#x017F;o wohl jene als die&#x017F;e des<lb/>
rechten Weges, der bey den Schul-<hi rendition="#aq">Lectio</hi>nen<lb/>
zu erwehlen i&#x017F;t, verfehlen, &#x017F;o haben die Lan-<lb/>
des-Obrigkeiten denen Lehrern &#x017F;olche Schul-<lb/>
Ordnungen vorzu&#x017F;chreiben, daß &#x017F;o wohl die<lb/>
Haupt-<hi rendition="#aq">Studia</hi> und ho&#x0364;ch&#x017F;tno&#x0364;thigen Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafften nicht ver&#x017F;a&#x0364;umet und die Untergebenen<lb/>
auch zugleich zu einigen galanten Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaff-<lb/>
ten, die ebenfalls heutiges Tages in dem men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Leben no&#x0364;thig &#x017F;ind, mit angefu&#x0364;hret wer-<lb/>
den. Man muß eines thun und das andere<lb/>
nicht la&#x017F;&#x017F;en. Jch habe das vorhergehende<lb/>
nicht deswegen <hi rendition="#aq">allegi</hi>ret, daß ich glaubte, als ob<lb/>
alle die&#x017F;e Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften unnu&#x0364;tze wa&#x0364;ren, nein<lb/>
keineswegs, &#x017F;ondern nur die <hi rendition="#aq">Methode</hi> getadelt,<lb/>
weil jene und die&#x017F;e <hi rendition="#aq">excedi</hi>ren. Denn die La-<lb/>
teini&#x017F;che Sprache und der <hi rendition="#aq">Stylus</hi> neb&#x017F;t <hi rendition="#aq">Gram-<lb/>
matica</hi> und <hi rendition="#aq">Logica</hi> muß auff Schulen fleißig<lb/>
getrieben werden, und die galanten <hi rendition="#aq">Studia</hi> &#x017F;ind<lb/>
nach dem Unter&#x017F;chied der <hi rendition="#aq">ingeniorum</hi> und der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Lebens-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0397] gemein ſind, und ſich wohl gar ihre Excellenz ſchelten laſſen. Alſo halten ſie auch ihre Un- tergebenen ſonderlich darzu an, daß ſie ſich in allen Stuͤcken der Galanterie, ſo viel als nur moͤglich, befleiſſen. Nach geendigter Schul- Lection muͤſſen ſie meiſtentheils Land-Charten illuminiren, Verſe machen, reiſſen, ſich in der Muſic exerciren oder Exercitia treiben. §. 10. Da nun ſo wohl jene als dieſe des rechten Weges, der bey den Schul-Lectionen zu erwehlen iſt, verfehlen, ſo haben die Lan- des-Obrigkeiten denen Lehrern ſolche Schul- Ordnungen vorzuſchreiben, daß ſo wohl die Haupt-Studia und hoͤchſtnoͤthigen Wiſſen- ſchafften nicht verſaͤumet und die Untergebenen auch zugleich zu einigen galanten Wiſſenſchaff- ten, die ebenfalls heutiges Tages in dem menſch- lichen Leben noͤthig ſind, mit angefuͤhret wer- den. Man muß eines thun und das andere nicht laſſen. Jch habe das vorhergehende nicht deswegen allegiret, daß ich glaubte, als ob alle dieſe Wiſſenſchafften unnuͤtze waͤren, nein keineswegs, ſondern nur die Methode getadelt, weil jene und dieſe excediren. Denn die La- teiniſche Sprache und der Stylus nebſt Gram- matica und Logica muß auff Schulen fleißig getrieben werden, und die galanten Studia ſind nach dem Unterſchied der ingeniorum und der Lebens- A a 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/397
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/397>, abgerufen am 22.11.2024.