Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



bahrungen dem Worte GOttes gleich: Die
letztern aber verwerffen die Heilige Schrifft
gantz und gar. Die subtilen Pietisten halten
auff die Offenbahrungen wenig oder nichts, die
groben achten sie dem Worte GOttes gleich.
Die tummen aber ziehen sie der Heil. Schrifft
noch gar vor. Die subtilen wollen den GOt-
tesdienst der Evangelischen Kirchen in manchen
Stücken ihren Gedancken nach verbessern:
Die groben eine allgemeine Reformation in al-
len Stücken vornehmen und schreyen stets über
Babel, da sie doch vielmehr selbst die gröste
Verwirrung in der Kirchen und Republiquen
anrichten: Die tummen aber wollen lieber al-
len äusserlichen Gottesdienst gantz und gar auf-
heben und halten auff nichts als auff die Her-
tzens-Tempel, den stillen Sabbath im Geist.
Die subtilen und groben Pietisten meynen,
man könte es in den meisten Stücken des Chri-
stenthums zur Vollkommenheit bringen und
die Gebothe GOttes halten und daher auch
nicht nöthig habe, so offt wie andere unsern
HErrn GOtt und die Vergebung der Sünden
anzuflehen, und der Absolution wegen zur
Beichte und zum Heil. Abendmahl zu gehen;
Die tummen aber halten sich gar vor GOTT
und Christum selber, sie meynen, sie wären
gantz vergöttert über und über, so sehr sind sie

ver-



bahrungen dem Worte GOttes gleich: Die
letztern aber verwerffen die Heilige Schrifft
gantz und gar. Die ſubtilen Pietiſten halten
auff die Offenbahrungen wenig oder nichts, die
groben achten ſie dem Worte GOttes gleich.
Die tummen aber ziehen ſie der Heil. Schrifft
noch gar vor. Die ſubtilen wollen den GOt-
tesdienſt der Evangeliſchen Kirchen in manchen
Stuͤcken ihren Gedancken nach verbeſſern:
Die groben eine allgemeine Reformation in al-
len Stuͤcken vornehmen und ſchreyen ſtets uͤber
Babel, da ſie doch vielmehr ſelbſt die groͤſte
Verwirrung in der Kirchen und Republiquen
anrichten: Die tummen aber wollen lieber al-
len aͤuſſerlichen Gottesdienſt gantz und gar auf-
heben und halten auff nichts als auff die Her-
tzens-Tempel, den ſtillen Sabbath im Geiſt.
Die ſubtilen und groben Pietiſten meynen,
man koͤnte es in den meiſten Stuͤcken des Chri-
ſtenthums zur Vollkommenheit bringen und
die Gebothe GOttes halten und daher auch
nicht noͤthig habe, ſo offt wie andere unſern
HErrn GOtt und die Vergebung der Suͤnden
anzuflehen, und der Abſolution wegen zur
Beichte und zum Heil. Abendmahl zu gehen;
Die tummen aber halten ſich gar vor GOTT
und Chriſtum ſelber, ſie meynen, ſie waͤren
gantz vergoͤttert uͤber und uͤber, ſo ſehr ſind ſie

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0360" n="340"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> bahrungen dem Worte GOttes gleich: Die<lb/>
letztern aber verwerffen die Heilige Schrifft<lb/>
gantz und gar. Die &#x017F;ubtilen Pieti&#x017F;ten halten<lb/>
auff die Offenbahrungen wenig oder nichts, die<lb/>
groben achten &#x017F;ie dem Worte GOttes gleich.<lb/>
Die tummen aber ziehen &#x017F;ie der Heil. Schrifft<lb/>
noch gar vor. Die &#x017F;ubtilen wollen den GOt-<lb/>
tesdien&#x017F;t der Evangeli&#x017F;chen Kirchen in manchen<lb/>
Stu&#x0364;cken ihren Gedancken nach verbe&#x017F;&#x017F;ern:<lb/>
Die groben eine allgemeine Reformation in al-<lb/>
len Stu&#x0364;cken vornehmen und &#x017F;chreyen &#x017F;tets u&#x0364;ber<lb/>
Babel, da &#x017F;ie doch vielmehr &#x017F;elb&#x017F;t die gro&#x0364;&#x017F;te<lb/>
Verwirrung in der Kirchen und <hi rendition="#aq">Republiqu</hi>en<lb/>
anrichten: Die tummen aber wollen lieber al-<lb/>
len a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Gottesdien&#x017F;t gantz und gar auf-<lb/>
heben und halten auff nichts als auff die Her-<lb/>
tzens-Tempel, den &#x017F;tillen Sabbath im Gei&#x017F;t.<lb/>
Die &#x017F;ubtilen und groben Pieti&#x017F;ten meynen,<lb/>
man ko&#x0364;nte es in den mei&#x017F;ten Stu&#x0364;cken des Chri-<lb/>
&#x017F;tenthums zur Vollkommenheit bringen und<lb/>
die Gebothe GOttes halten und daher auch<lb/>
nicht no&#x0364;thig habe, &#x017F;o offt wie andere un&#x017F;ern<lb/>
HErrn GOtt und die Vergebung der Su&#x0364;nden<lb/>
anzuflehen, und der Ab&#x017F;olution wegen zur<lb/>
Beichte und zum Heil. Abendmahl zu gehen;<lb/>
Die tummen aber halten &#x017F;ich gar vor GOTT<lb/>
und Chri&#x017F;tum &#x017F;elber, &#x017F;ie meynen, &#x017F;ie wa&#x0364;ren<lb/>
gantz vergo&#x0364;ttert u&#x0364;ber und u&#x0364;ber, &#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0360] bahrungen dem Worte GOttes gleich: Die letztern aber verwerffen die Heilige Schrifft gantz und gar. Die ſubtilen Pietiſten halten auff die Offenbahrungen wenig oder nichts, die groben achten ſie dem Worte GOttes gleich. Die tummen aber ziehen ſie der Heil. Schrifft noch gar vor. Die ſubtilen wollen den GOt- tesdienſt der Evangeliſchen Kirchen in manchen Stuͤcken ihren Gedancken nach verbeſſern: Die groben eine allgemeine Reformation in al- len Stuͤcken vornehmen und ſchreyen ſtets uͤber Babel, da ſie doch vielmehr ſelbſt die groͤſte Verwirrung in der Kirchen und Republiquen anrichten: Die tummen aber wollen lieber al- len aͤuſſerlichen Gottesdienſt gantz und gar auf- heben und halten auff nichts als auff die Her- tzens-Tempel, den ſtillen Sabbath im Geiſt. Die ſubtilen und groben Pietiſten meynen, man koͤnte es in den meiſten Stuͤcken des Chri- ſtenthums zur Vollkommenheit bringen und die Gebothe GOttes halten und daher auch nicht noͤthig habe, ſo offt wie andere unſern HErrn GOtt und die Vergebung der Suͤnden anzuflehen, und der Abſolution wegen zur Beichte und zum Heil. Abendmahl zu gehen; Die tummen aber halten ſich gar vor GOTT und Chriſtum ſelber, ſie meynen, ſie waͤren gantz vergoͤttert uͤber und uͤber, ſo ſehr ſind ſie ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/360
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/360>, abgerufen am 25.11.2024.