Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



könte, und auch bey unterschiedenen Evangeli-
schen Theologis das Leben eben nicht zum be-
sten beschaffen, so daß sie manchen Leuten mit
Raison zu rechtmäßigen Klagen und Seufftzen
Gelegenheit geben. Zum andern geschicht
es gar selten, daß diejenigen, so Staats-Affai-
ren zu dirigiren haben, und von denen die Be-
straffung herrühren solte, sich um die Theolo-
gi
schen Scripta bekümmern, und geben sich also
nicht die Mühe, die Schändlichkeit mancher
Lehren, die in solchen schwärmerischen Büchern
vorgetragen werden, zu untersuchen und zu über-
legen, was sie vor einen Einfluß in die Republic
haben. Wird nun gleich von rechtschaffenen
Theologis denen Staats-Ministris die Boß-
heit solcher Leute und die Gefährlichkeit ihrer
Lehren ihnen vorgestellet, so dencken doch ihrer
viele, es sey nur ein Pfaffen-Gezäncke, und
würde es solchen Leuten nur aus Erbitterung
nach geredet, weil sie etwan von ihnen verachtet
würden, da zudem einige Politici nicht gar viel
auf den Respect der Geistlichkeit halten, noch
um das Religions-Wesen viel besorget sind, es
auch wohl gar gerne sehen, wenn den Priestern
eines angehänget wird. Zum dritten inclini-
ren unterschiedene von den Politicis selbst zu
dergleichen Principiis, daß sie GOtt, sein
Wort, GOttesdienst, Ministerium, Sacra-

mente



koͤnte, und auch bey unterſchiedenen Evangeli-
ſchen Theologis das Leben eben nicht zum be-
ſten beſchaffen, ſo daß ſie manchen Leuten mit
Raiſon zu rechtmaͤßigen Klagen und Seufftzen
Gelegenheit geben. Zum andern geſchicht
es gar ſelten, daß diejenigen, ſo Staats-Affai-
ren zu dirigiren haben, und von denen die Be-
ſtraffung herruͤhren ſolte, ſich um die Theolo-
gi
ſchen Scripta bekuͤmmern, und geben ſich alſo
nicht die Muͤhe, die Schaͤndlichkeit mancher
Lehren, die in ſolchen ſchwaͤrmeriſchen Buͤchern
vorgetragen werden, zu unterſuchen und zu uͤber-
legen, was ſie vor einen Einfluß in die Republic
haben. Wird nun gleich von rechtſchaffenen
Theologis denen Staats-Miniſtris die Boß-
heit ſolcher Leute und die Gefaͤhrlichkeit ihrer
Lehren ihnen vorgeſtellet, ſo dencken doch ihrer
viele, es ſey nur ein Pfaffen-Gezaͤncke, und
wuͤrde es ſolchen Leuten nur aus Erbitterung
nach geredet, weil ſie etwan von ihnen verachtet
wuͤrden, da zudem einige Politici nicht gar viel
auf den Reſpect der Geiſtlichkeit halten, noch
um das Religions-Weſen viel beſorget ſind, es
auch wohl gar gerne ſehen, wenn den Prieſtern
eines angehaͤnget wird. Zum dritten inclini-
ren unterſchiedene von den Politicis ſelbſt zu
dergleichen Principiis, daß ſie GOtt, ſein
Wort, GOttesdienſt, Miniſterium, Sacra-

mente
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0353" n="333"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> ko&#x0364;nte, und auch bey unter&#x017F;chiedenen Evangeli-<lb/>
&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Theologis</hi> das Leben eben nicht zum be-<lb/>
&#x017F;ten be&#x017F;chaffen, &#x017F;o daß &#x017F;ie manchen Leuten mit<lb/><hi rendition="#aq">Rai&#x017F;on</hi> zu rechtma&#x0364;ßigen Klagen und Seufftzen<lb/>
Gelegenheit geben. Zum andern ge&#x017F;chicht<lb/>
es gar &#x017F;elten, daß diejenigen, &#x017F;o Staats-<hi rendition="#aq">Affai-</hi><lb/>
ren zu <hi rendition="#aq">dirigi</hi>ren haben, und von denen die Be-<lb/>
&#x017F;traffung herru&#x0364;hren &#x017F;olte, &#x017F;ich um die <hi rendition="#aq">Theolo-<lb/>
gi</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Scripta</hi> beku&#x0364;mmern, und geben &#x017F;ich al&#x017F;o<lb/>
nicht die Mu&#x0364;he, die Scha&#x0364;ndlichkeit mancher<lb/>
Lehren, die in &#x017F;olchen &#x017F;chwa&#x0364;rmeri&#x017F;chen Bu&#x0364;chern<lb/>
vorgetragen werden, zu unter&#x017F;uchen und zu u&#x0364;ber-<lb/>
legen, was &#x017F;ie vor einen Einfluß in die <hi rendition="#aq">Republic</hi><lb/>
haben. Wird nun gleich von recht&#x017F;chaffenen<lb/><hi rendition="#aq">Theologis</hi> denen Staats-<hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tris</hi> die Boß-<lb/>
heit &#x017F;olcher Leute und die Gefa&#x0364;hrlichkeit ihrer<lb/>
Lehren ihnen vorge&#x017F;tellet, &#x017F;o dencken doch ihrer<lb/>
viele, es &#x017F;ey nur ein Pfaffen-Geza&#x0364;ncke, und<lb/>
wu&#x0364;rde es &#x017F;olchen Leuten nur aus Erbitterung<lb/>
nach geredet, weil &#x017F;ie etwan von ihnen verachtet<lb/>
wu&#x0364;rden, da zudem einige <hi rendition="#aq">Politici</hi> nicht gar viel<lb/>
auf den <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pect</hi> der Gei&#x017F;tlichkeit halten, noch<lb/>
um das Religions-We&#x017F;en viel be&#x017F;orget &#x017F;ind, es<lb/>
auch wohl gar gerne &#x017F;ehen, wenn den Prie&#x017F;tern<lb/>
eines angeha&#x0364;nget wird. Zum dritten <hi rendition="#aq">inclini-</hi><lb/>
ren unter&#x017F;chiedene von den <hi rendition="#aq">Politicis</hi> &#x017F;elb&#x017F;t zu<lb/>
dergleichen <hi rendition="#aq">Principiis,</hi> daß &#x017F;ie GOtt, &#x017F;ein<lb/>
Wort, GOttesdien&#x017F;t, <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;terium,</hi> Sacra-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mente</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0353] koͤnte, und auch bey unterſchiedenen Evangeli- ſchen Theologis das Leben eben nicht zum be- ſten beſchaffen, ſo daß ſie manchen Leuten mit Raiſon zu rechtmaͤßigen Klagen und Seufftzen Gelegenheit geben. Zum andern geſchicht es gar ſelten, daß diejenigen, ſo Staats-Affai- ren zu dirigiren haben, und von denen die Be- ſtraffung herruͤhren ſolte, ſich um die Theolo- giſchen Scripta bekuͤmmern, und geben ſich alſo nicht die Muͤhe, die Schaͤndlichkeit mancher Lehren, die in ſolchen ſchwaͤrmeriſchen Buͤchern vorgetragen werden, zu unterſuchen und zu uͤber- legen, was ſie vor einen Einfluß in die Republic haben. Wird nun gleich von rechtſchaffenen Theologis denen Staats-Miniſtris die Boß- heit ſolcher Leute und die Gefaͤhrlichkeit ihrer Lehren ihnen vorgeſtellet, ſo dencken doch ihrer viele, es ſey nur ein Pfaffen-Gezaͤncke, und wuͤrde es ſolchen Leuten nur aus Erbitterung nach geredet, weil ſie etwan von ihnen verachtet wuͤrden, da zudem einige Politici nicht gar viel auf den Reſpect der Geiſtlichkeit halten, noch um das Religions-Weſen viel beſorget ſind, es auch wohl gar gerne ſehen, wenn den Prieſtern eines angehaͤnget wird. Zum dritten inclini- ren unterſchiedene von den Politicis ſelbſt zu dergleichen Principiis, daß ſie GOtt, ſein Wort, GOttesdienſt, Miniſterium, Sacra- mente

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/353
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/353>, abgerufen am 03.07.2024.