§. 25. Es ist bekannt, daß öffters den Prie- stern auf dem Lande an Statt der ordentlichen Einkünffte, gewisse Pfarr-Güter an Aeckern, Wiesen, Gärten, Fischereyen, Holtzungen und dergleichen übergeben werden, die sie bestellen und davon ihren jährlichen Unterhalt nehmen müssen. Gleichwie aber durch die Sorgen der Nahrung und Bestellung des Hauß-Wesens die Prediger von den Seelsorgen, welches doch das vornehmste ist, insgemein abgehalten wer- den; Als solten die Landes Fürsten dahin be- dacht seyn, daß sich die Priester um die Land- und Feld Haußhaltung gar nicht bekümmern dürfften, und ihnen zu ihrer Unterhaltung gewis- se Einkünffte, derer sie mit Ruhe geniessen kön- ten, assigniret würden. Es ist gewiß eine schändliche Sache, daß die Prediger auff man- chen Dörffern genöthiget werden, mehr um ih- re Ochsen und Kühe, denn vor ihre Zuhörer zu sorgen. Ja man trifft wohl gar einige Pfar- rer an, wie mir dann selbst einige bekannt sind, die sich nicht entblöden, den Dresch-Flegel in die Hand zu nehmen, und um das Lohn zu erspa- ren, selbst mit dreschen und andere Bauer-Ar- beit zu verrichten pflegen. Es solte und könte billig von denen Lands-Fürsten diesen Aerger- nißen und inconvenientien abgeholffen wer- den.
§. 26.
§. 25. Es iſt bekannt, daß oͤffters den Prie- ſtern auf dem Lande an Statt der ordentlichen Einkuͤnffte, gewiſſe Pfarr-Guͤter an Aeckern, Wieſen, Gaͤrten, Fiſchereyen, Holtzungen und dergleichen uͤbergeben werden, die ſie beſtellen und davon ihren jaͤhrlichen Unterhalt nehmen muͤſſen. Gleichwie aber durch die Sorgen der Nahrung und Beſtellung des Hauß-Weſens die Prediger von den Seelſorgen, welches doch das vornehmſte iſt, insgemein abgehalten wer- den; Als ſolten die Landes Fuͤrſten dahin be- dacht ſeyn, daß ſich die Prieſter um die Land- und Feld Haußhaltung gar nicht bekuͤmmern duͤrfften, und ihnen zu ihrer Unteꝛhaltung gewiſ- ſe Einkuͤnffte, derer ſie mit Ruhe genieſſen koͤn- ten, aſſigniret wuͤrden. Es iſt gewiß eine ſchaͤndliche Sache, daß die Prediger auff man- chen Doͤrffern genoͤthiget werden, mehr um ih- re Ochſen und Kuͤhe, denn vor ihre Zuhoͤrer zu ſorgen. Ja man trifft wohl gar einige Pfar- rer an, wie mir dann ſelbſt einige bekannt ſind, die ſich nicht entbloͤden, den Dreſch-Flegel in die Hand zu nehmen, und um das Lohn zu erſpa- ren, ſelbſt mit dreſchen und andere Bauer-Ar- beit zu verrichten pflegen. Es ſolte und koͤnte billig von denen Lands-Fuͤrſten dieſen Aerger- nißen und inconvenientien abgeholffen wer- den.
§. 26.
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§. 25. Es iſt bekannt, daß oͤffters den Prie-
ſtern auf dem Lande an Statt der ordentlichen
Einkuͤnffte, gewiſſe Pfarr-Guͤter an Aeckern,
Wieſen, Gaͤrten, Fiſchereyen, Holtzungen und
dergleichen uͤbergeben werden, die ſie beſtellen
und davon ihren jaͤhrlichen Unterhalt nehmen
muͤſſen. Gleichwie aber durch die Sorgen der
Nahrung und Beſtellung des Hauß-Weſens
die Prediger von den Seelſorgen, welches doch
das vornehmſte iſt, insgemein abgehalten wer-
den; Als ſolten die Landes Fuͤrſten dahin be-
dacht ſeyn, daß ſich die Prieſter um die Land-
und Feld Haußhaltung gar nicht bekuͤmmern
duͤrfften, und ihnen zu ihrer Unteꝛhaltung gewiſ-
ſe Einkuͤnffte, derer ſie mit Ruhe genieſſen koͤn-
ten, aſſigniret wuͤrden. Es iſt gewiß eine
ſchaͤndliche Sache, daß die Prediger auff man-
chen Doͤrffern genoͤthiget werden, mehr um ih-
re Ochſen und Kuͤhe, denn vor ihre Zuhoͤrer zu
ſorgen. Ja man trifft wohl gar einige Pfar-
rer an, wie mir dann ſelbſt einige bekannt ſind,
die ſich nicht entbloͤden, den Dreſch-Flegel in
die Hand zu nehmen, und um das Lohn zu erſpa-
ren, ſelbſt mit dreſchen und andere Bauer-Ar-
beit zu verrichten pflegen. Es ſolte und koͤnte
billig von denen Lands-Fuͤrſten dieſen Aerger-
nißen und inconvenientien abgeholffen wer-
den.
§. 26.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/298>, abgerufen am 23.11.2024.
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