cession aus einem Testamente ist niemahls gar zu sicher gewesen, so offt der Reichs-Folger die Macht gehabt, sein Recht zu prosequiren, wel- ches aus dem Exempel Käysers Ludovicil. er- hellet, dessen Verordnung unter seinen Kindern gantz umsonst und vergeblich war. Andere Exempel der von Fürsten vergebener Weise verfertigten Testamente kan man bey dem Gro- tio nachlesen de J. B. & P. lib. I. §. 13. in not. Daher haben Fürstl. Personen, wenn sie ihre Reiche andern gönnen wollen, auff die Testa- mente sich nicht verlassen, sondern andere Mit- tel und Wege hervor gesucht. Einige haben noch bey ihren Lebzeiten diejenigen, denen sie das Reich destiniret, zu Landes-Herren ge- macht. Andere durch die Autorität des Volckes oder der Reichs- und Land-Stände die Testamente bestärcken und befestigen lassen.
§. 3. Es hindert nichts, daß man in den Geschichten gar viel Exempel der Fürstl. Testa- mente antrifft. Denn es ist zweyerley hier- auff zu antworten. Man hat entweder in An- sehung der Meriten des vorigen Regenten und aus Andencken vor seine Person seine Testa- mente respectiret, und zwar aus freyen Willen, oder aus Furcht vor der Gewalt demselben nicht contradiciret. Ja, es ist auch in manchen
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ceſſion aus einem Teſtamente iſt niemahls gar zu ſicher geweſen, ſo offt der Reichs-Folger die Macht gehabt, ſein Recht zu proſequiren, wel- ches aus dem Exempel Kaͤyſers Ludovicil. er- hellet, deſſen Verordnung unter ſeinen Kindern gantz umſonſt und vergeblich war. Andere Exempel der von Fuͤrſten vergebener Weiſe verfertigten Teſtamente kan man bey dem Gro- tio nachleſen de J. B. & P. lib. I. §. 13. in not. Daher haben Fuͤrſtl. Perſonen, wenn ſie ihre Reiche andern goͤnnen wollen, auff die Teſta- mente ſich nicht verlaſſen, ſondern andere Mit- tel und Wege hervor geſucht. Einige haben noch bey ihren Lebzeiten diejenigen, denen ſie das Reich deſtiniret, zu Landes-Herren ge- macht. Andere durch die Autoritaͤt des Volckes oder der Reichs- und Land-Staͤnde die Teſtamente beſtaͤrcken und befeſtigen laſſen.
§. 3. Es hindert nichts, daß man in den Geſchichten gar viel Exempel der Fuͤrſtl. Teſta- mente antrifft. Denn es iſt zweyerley hier- auff zu antworten. Man hat entweder in An- ſehung der Meriten des vorigen Regenten und aus Andencken vor ſeine Perſon ſeine Teſta- mente reſpectiret, und zwar aus freyen Willen, oder aus Furcht vor der Gewalt demſelben nicht contradiciret. Ja, es iſt auch in manchen
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ceſſion aus einem Teſtamente iſt niemahls gar
zu ſicher geweſen, ſo offt der Reichs-Folger die
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ches aus dem Exempel Kaͤyſers Ludovicil. er-
hellet, deſſen Verordnung unter ſeinen Kindern
gantz umſonſt und vergeblich war. Andere
Exempel der von Fuͤrſten vergebener Weiſe
verfertigten Teſtamente kan man bey dem Gro-
tio nachleſen de J. B. & P. lib. I. §. 13. in not.
Daher haben Fuͤrſtl. Perſonen, wenn ſie ihre
Reiche andern goͤnnen wollen, auff die Teſta-
mente ſich nicht verlaſſen, ſondern andere Mit-
tel und Wege hervor geſucht. Einige haben
noch bey ihren Lebzeiten diejenigen, denen ſie
das Reich deſtiniret, zu Landes-Herren ge-
macht. Andere durch die Autoritaͤt des
Volckes oder der Reichs- und Land-Staͤnde
die Teſtamente beſtaͤrcken und befeſtigen
laſſen.
§. 3. Es hindert nichts, daß man in den
Geſchichten gar viel Exempel der Fuͤrſtl. Teſta-
mente antrifft. Denn es iſt zweyerley hier-
auff zu antworten. Man hat entweder in An-
ſehung der Meriten des vorigen Regenten und
aus Andencken vor ſeine Perſon ſeine Teſta-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/189>, abgerufen am 22.11.2024.
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