gen und wägen lasse. Ferner müssen ihm nicht allein bündige Argumenta aus der gesun- den Vernunfft beygebracht werden, die ihm von der Göttlichkeit der Heiligen Schrifft mit überzeugen helffen, sondern er ist auch wieder die Objectiones der Atheisten und Naturali- sten, die bißweilen es vor eine galanterie hal- ten, wenn sie von GOtt und seinem Wort ver- ächtlich reden können, zu verwahren und zu be- festigen. Es sind ihm auch von dem Hof- meister und Praeceptoribus rechte Sentimens de jure imperantium circa sacra beyzubringen und zu zeigen, daß es nicht gnug sey, wenn ein Landes-Fürst, wie einige Politici behaupten wollen, sich nur um den äusserlichen Gottes- dienst seiner Unterthanen bekümmert oder bloß allen denjenigen, wodurch die Glückseeligkeit und die Ruhe des Landes gestöhret werden könte, Ziel und Maaße setze, sondern daß er auch pflichtig sey als Regente vor die Seelen-See- kigkeit seiner Unterthanen Sorge zutragen.
§. 5. Die Rede ist theils eine Anzeigung des Verstandes, theils auch des Willens. Wenn man einen will kennen lernen, so darff man nur einen fleißig reden hören und darbey auf die Materialia und Formalia der Discourse genaue Achtung haben, so wird man schon ei- niger Maßen dahinter kommen. Es ist eine
lieb-
gen und waͤgen laſſe. Ferner muͤſſen ihm nicht allein buͤndige Argumenta aus der geſun- den Vernunfft beygebracht werden, die ihm von der Goͤttlichkeit der Heiligen Schrifft mit uͤberzeugen helffen, ſondern er iſt auch wieder die Objectiones der Atheiſten und Naturali- ſten, die bißweilen es vor eine galanterie hal- ten, wenn ſie von GOtt und ſeinem Wort ver- aͤchtlich reden koͤnnen, zu verwahren und zu be- feſtigen. Es ſind ihm auch von dem Hof- meiſter und Præceptoribus rechte Sentimens de jure imperantium circa ſacra beyzubringen und zu zeigen, daß es nicht gnug ſey, wenn ein Landes-Fuͤrſt, wie einige Politici behaupten wollen, ſich nur um den aͤuſſerlichen Gottes- dienſt ſeiner Unterthanen bekuͤmmert oder bloß allen denjenigen, wodurch die Gluͤckſeeligkeit und die Ruhe des Landes geſtoͤhret werden koͤnte, Ziel und Maaße ſetze, ſondern daß er auch pflichtig ſey als Regente vor die Seelen-See- kigkeit ſeiner Unterthanen Sorge zutragen.
§. 5. Die Rede iſt theils eine Anzeigung des Verſtandes, theils auch des Willens. Wenn man einen will kennen lernen, ſo darff man nur einen fleißig reden hoͤren und darbey auf die Materialia und Formalia der Diſcourſe genaue Achtung haben, ſo wird man ſchon ei- niger Maßen dahinter kommen. Es iſt eine
lieb-
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gen und waͤgen laſſe. Ferner muͤſſen ihm
nicht allein buͤndige Argumenta aus der geſun-
den Vernunfft beygebracht werden, die ihm
von der Goͤttlichkeit der Heiligen Schrifft mit
uͤberzeugen helffen, ſondern er iſt auch wieder
die Objectiones der Atheiſten und Naturali-
ſten, die bißweilen es vor eine galanterie hal-
ten, wenn ſie von GOtt und ſeinem Wort ver-
aͤchtlich reden koͤnnen, zu verwahren und zu be-
feſtigen. Es ſind ihm auch von dem Hof-
meiſter und Præceptoribus rechte Sentimens
de jure imperantium circa ſacra beyzubringen
und zu zeigen, daß es nicht gnug ſey, wenn ein
Landes-Fuͤrſt, wie einige Politici behaupten
wollen, ſich nur um den aͤuſſerlichen Gottes-
dienſt ſeiner Unterthanen bekuͤmmert oder bloß
allen denjenigen, wodurch die Gluͤckſeeligkeit
und die Ruhe des Landes geſtoͤhret werden
koͤnte, Ziel und Maaße ſetze, ſondern daß er auch
pflichtig ſey als Regente vor die Seelen-See-
kigkeit ſeiner Unterthanen Sorge zutragen.
§. 5. Die Rede iſt theils eine Anzeigung
des Verſtandes, theils auch des Willens.
Wenn man einen will kennen lernen, ſo darff
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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