ben, in was für einen Stand und Amt ihre Printzen einsten leben werden, welches andere Leute von den Jhrigen nicht leichtlich und ei- gentlich wissen können, so wäre ja thörlich ge- handelt, wenn man dieselben in andern Tugen- den, Wissenschafften und Qualitäten erziehen wolte, als die ihnen in ihrem Amt und Beruff, den man vor Augen siehet, nöthig und wohl an- ständig ermessen werden, dahero irren und ver- sündigen sich die Landes-Fürsten und Regenten weit gröblich, wenn sie ihre junge Herren wild und frech nach eignen Willen aufwachsen, oder zu etlichen zwar nicht verwerfflichen Sachen, als Jagen, Reiten, Kriegs-Ubung einer oder an- dern fremden Sprache, allein zu dem Haupt- Wercke der Regierung, welches doch das nö- thigste ist, nicht ziehen noch anweisen lassen.
§. 3. Wie und welcher gestalt aber die rech- te Erziehung geschehen soll, davon hat ein Lan- des-Herr reiffen Rath zu pflegen, seines Lan- des Gelegenheit und die Beschaffenheit und Fä- higkeit seiner Kinder und verhofften Landes- Successoren wohl vor Augen zu haben, sie mit verständigen tugendhafften Dienern, Hoffmei- stern, Praeceptoren und Auffsehern zu versehen, gegen alle gleiche Liebe und Vorsorge zu erwei- sen, und also keines dem andern zur Ungebühr vorzuziehen und die Wurtzel des Neides unter
sie
ben, in was fuͤr einen Stand und Amt ihre Printzen einſten leben werden, welches andere Leute von den Jhrigen nicht leichtlich und ei- gentlich wiſſen koͤnnen, ſo waͤre ja thoͤrlich ge- handelt, wenn man dieſelben in andern Tugen- den, Wiſſenſchafften und Qualitaͤten erziehen wolte, als die ihnen in ihrem Amt und Beruff, den man vor Augen ſiehet, noͤthig und wohl an- ſtaͤndig ermeſſen werden, dahero irren und ver- ſuͤndigen ſich die Landes-Fuͤrſten und Regenten weit groͤblich, wenn ſie ihre junge Herren wild und frech nach eignen Willen aufwachſen, oder zu etlichen zwar nicht verwerfflichen Sachen, als Jagen, Reiten, Kriegs-Ubung einer oder an- dern fremden Sprache, allein zu dem Haupt- Wercke der Regierung, welches doch das noͤ- thigſte iſt, nicht ziehen noch anweiſen laſſen.
§. 3. Wie und welcher geſtalt aber die rech- te Erziehung geſchehen ſoll, davon hat ein Lan- des-Herr reiffen Rath zu pflegen, ſeines Lan- des Gelegenheit und die Beſchaffenheit und Faͤ- higkeit ſeiner Kinder und verhofften Landes- Succeſſoren wohl vor Augen zu haben, ſie mit verſtaͤndigen tugendhafften Dienern, Hoffmei- ſtern, Præceptoren und Auffſehern zu verſehen, gegen alle gleiche Liebe und Vorſorge zu erwei- ſen, und alſo keines dem andern zur Ungebuͤhr vorzuziehen und die Wurtzel des Neides unter
ſie
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ben, in was fuͤr einen Stand und Amt ihre
Printzen einſten leben werden, welches andere
Leute von den Jhrigen nicht leichtlich und ei-
gentlich wiſſen koͤnnen, ſo waͤre ja thoͤrlich ge-
handelt, wenn man dieſelben in andern Tugen-
den, Wiſſenſchafften und Qualitaͤten erziehen
wolte, als die ihnen in ihrem Amt und Beruff,
den man vor Augen ſiehet, noͤthig und wohl an-
ſtaͤndig ermeſſen werden, dahero irren und ver-
ſuͤndigen ſich die Landes-Fuͤrſten und Regenten
weit groͤblich, wenn ſie ihre junge Herren wild
und frech nach eignen Willen aufwachſen, oder
zu etlichen zwar nicht verwerfflichen Sachen,
als Jagen, Reiten, Kriegs-Ubung einer oder an-
dern fremden Sprache, allein zu dem Haupt-
Wercke der Regierung, welches doch das noͤ-
thigſte iſt, nicht ziehen noch anweiſen laſſen.
§. 3. Wie und welcher geſtalt aber die rech-
te Erziehung geſchehen ſoll, davon hat ein Lan-
des-Herr reiffen Rath zu pflegen, ſeines Lan-
des Gelegenheit und die Beſchaffenheit und Faͤ-
higkeit ſeiner Kinder und verhofften Landes-
Succeſſoren wohl vor Augen zu haben, ſie mit
verſtaͤndigen tugendhafften Dienern, Hoffmei-
ſtern, Præceptoren und Auffſehern zu verſehen,
gegen alle gleiche Liebe und Vorſorge zu erwei-
ſen, und alſo keines dem andern zur Ungebuͤhr
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/158>, abgerufen am 25.11.2024.
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