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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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von dem H. Röm. Reiche abgerissen worden. Ja
es ist bekant, daß das Röm. Reich selbst vor die-
sem durch Unterdrückung dergleichen Bundes-
Genossen sehr vermehret worden.

§. 19. Es pflegt nicht allezeit grossen Herren
von den Reichs- und Land-Ständen frey gelassen
zu werden, daß sie die Allianz nach Gefallen schlies-
sen könten, sondern es ist diese Potestät in den Fun-
damental
Gesetzen des Reichs und durch gewisse
Pacta eingeschrenckt. Also trifft man in den Privi-
legiis,
die den Pommerischen von Adel concediret
worden, folgendes an: Wir Fürsten und unsere
Erben und nachkommende Herrschafften wollen
uns auch in keine Kriege noch neue Verbündnisse
mit iemands einer ohne des andern Vorwissen und
Willen und ohne gemeine Räthe der Land-Stän-
de einlassen. Eben dergleichen Obligation mit
Vorbewust und Genehmhaltung der Reichs-
und Land-Stände Bündnisse zu machen, trifft
man auch in andern Reichen und Provintzen an.

§. 20. Jm übrigen ist zu mercken, daß bey allen
Bündnissen, da sich ein Potentate anheischig ge-
macht, einem andern mit Auxiliar-Trouppen oder
andern Kriegs-Nothwendigkeiten beyzustehen, die
Clausul mit drunter verstanden wird, wenn neml.
der Landes-Herr solches bequem thun kan, und zur
Conservation seiner Reiche dasjenige, so er einem
andern promittiret, selbst nicht nöthig hat. Denn
die Obligation, mit welcher er seinen eigenen Un-
terthanen verpflichtet, ist viel grösser als die, damit
er einem auswärtigen Potentaten verbunden.
Ein Regente kan dasjenige, was er zu seiner eignen

und



von dem H. Roͤm. Reiche abgeriſſen worden. Ja
es iſt bekant, daß das Roͤm. Reich ſelbſt vor die-
ſem durch Unterdruͤckung dergleichen Bundes-
Genoſſen ſehr vermehret worden.

§. 19. Es pflegt nicht allezeit groſſen Herren
von den Reichs- und Land-Staͤnden frey gelaſſen
zu werden, daß ſie die Allianz nach Gefallen ſchlieſ-
ſen koͤnten, ſondern es iſt dieſe Poteſtaͤt in den Fun-
damental
Geſetzen des Reichs und durch gewiſſe
Pacta eingeſchrenckt. Alſo trifft man in den Privi-
legiis,
die den Pommeriſchen von Adel concediret
worden, folgendes an: Wir Fuͤrſten und unſere
Erben und nachkommende Herrſchafften wollen
uns auch in keine Kriege noch neue Verbuͤndniſſe
mit iemands einer ohne des andeꝛn Voꝛwiſſen und
Willen und ohne gemeine Raͤthe der Land-Staͤn-
de einlaſſen. Eben dergleichen Obligation mit
Vorbewuſt und Genehmhaltung der Reichs-
und Land-Staͤnde Buͤndniſſe zu machen, trifft
man auch in andern Reichen und Provintzen an.

§. 20. Jm uͤbrigen iſt zu mercken, daß bey allen
Buͤndniſſen, da ſich ein Potentate anheiſchig ge-
macht, einem andern mit Auxiliar-Trouppen oder
andern Kriegs-Nothwendigkeiten beyzuſtehen, die
Clauſul mit drunter verſtanden wird, wenn neml.
der Landes-Herr ſolches bequem thun kan, und zur
Conſervation ſeiner Reiche dasjenige, ſo er einem
andern promittiret, ſelbſt nicht noͤthig hat. Denn
die Obligation, mit welcher er ſeinen eigenen Un-
terthanen verpflichtet, iſt viel groͤſſer als die, damit
er einem auswaͤrtigen Potentaten verbunden.
Ein Regente kan dasjenige, was er zu ſeiner eignen

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[1456/1476] von dem H. Roͤm. Reiche abgeriſſen worden. Ja es iſt bekant, daß das Roͤm. Reich ſelbſt vor die- ſem durch Unterdruͤckung dergleichen Bundes- Genoſſen ſehr vermehret worden. §. 19. Es pflegt nicht allezeit groſſen Herren von den Reichs- und Land-Staͤnden frey gelaſſen zu werden, daß ſie die Allianz nach Gefallen ſchlieſ- ſen koͤnten, ſondern es iſt dieſe Poteſtaͤt in den Fun- damental Geſetzen des Reichs und durch gewiſſe Pacta eingeſchrenckt. Alſo trifft man in den Privi- legiis, die den Pommeriſchen von Adel concediret worden, folgendes an: Wir Fuͤrſten und unſere Erben und nachkommende Herrſchafften wollen uns auch in keine Kriege noch neue Verbuͤndniſſe mit iemands einer ohne des andeꝛn Voꝛwiſſen und Willen und ohne gemeine Raͤthe der Land-Staͤn- de einlaſſen. Eben dergleichen Obligation mit Vorbewuſt und Genehmhaltung der Reichs- und Land-Staͤnde Buͤndniſſe zu machen, trifft man auch in andern Reichen und Provintzen an. §. 20. Jm uͤbrigen iſt zu mercken, daß bey allen Buͤndniſſen, da ſich ein Potentate anheiſchig ge- macht, einem andern mit Auxiliar-Trouppen oder andern Kriegs-Nothwendigkeiten beyzuſtehen, die Clauſul mit drunter verſtanden wird, wenn neml. der Landes-Herr ſolches bequem thun kan, und zur Conſervation ſeiner Reiche dasjenige, ſo er einem andern promittiret, ſelbſt nicht noͤthig hat. Denn die Obligation, mit welcher er ſeinen eigenen Un- terthanen verpflichtet, iſt viel groͤſſer als die, damit er einem auswaͤrtigen Potentaten verbunden. Ein Regente kan dasjenige, was er zu ſeiner eignen und

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1476>, abgerufen am 23.11.2024.