nachdem sie finden, daß das äusserliche Anse- hen des Gesichts von derjenigen Person, die sie zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih- nen anständig oder nicht, nachdem determini- ren sie auch, in Ansehung der Heyrathen, ihre Entschlüssung. Nun lasse ich zwar solches passiren, wenn die Braut so sehr weit entfer- net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die grösten incommoditäten oder Gefahr nicht wohl hinreisen, und darbey durch eine solche Mariage sich, oder seinen Landen einen sehr gros- sen Vortheil zuziehen kan. Denn in diesem Fall muß man es so gar genau nicht nehmen. Außer dem aber handeln die Regenten sehr weißlich, wenn sie lieber selbst sich auf den Weg machen, und diejenige Person, die sie sich zu ih- rer Braut erwehlen, in Augenschein nehmen, und, wenn sie die Unkosten oder gewisse Cere- monien vermeiden wollen, lieber incognito reisen. Denn sonst werden sie öffters, wenn sie den portraiten Glauben zustellen wollen, hierdurch verführet, daß sie sich einbilden, sie bekommen eine schöne Person zu ihrer Gemah- lin. Die aber hernach von sehr heßlichen Ansehen ist, und sind denn solche Fürstliche Personen alsdenn gar sehr unglücklich und mißvergnügt. Am besten ists, wenn die Fürstlichen Personen auch vornehmlich die
wahre
nachdem ſie finden, daß das aͤuſſerliche Anſe- hen des Geſichts von derjenigen Perſon, die ſie zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih- nen anſtaͤndig oder nicht, nachdem determini- ren ſie auch, in Anſehung der Heyrathen, ihre Entſchluͤſſung. Nun laſſe ich zwar ſolches paſſiren, wenn die Braut ſo ſehr weit entfer- net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die groͤſten incommoditaͤten oder Gefahr nicht wohl hinreiſen, und darbey durch eine ſolche Mariage ſich, oder ſeinen Landen einen ſehr groſ- ſen Vortheil zuziehen kan. Denn in dieſem Fall muß man es ſo gar genau nicht nehmen. Außer dem aber handeln die Regenten ſehr weißlich, wenn ſie lieber ſelbſt ſich auf den Weg machen, und diejenige Perſon, die ſie ſich zu ih- rer Braut erwehlen, in Augenſchein nehmen, und, wenn ſie die Unkoſten oder gewiſſe Cere- monien vermeiden wollen, lieber incognito reiſen. Denn ſonſt werden ſie oͤffters, wenn ſie den portraiten Glauben zuſtellen wollen, hierdurch verfuͤhret, daß ſie ſich einbilden, ſie bekommen eine ſchoͤne Perſon zu ihrer Gemah- lin. Die aber hernach von ſehr heßlichen Anſehen iſt, und ſind denn ſolche Fuͤrſtliche Perſonen alsdenn gar ſehr ungluͤcklich und mißvergnuͤgt. Am beſten iſts, wenn die Fuͤrſtlichen Perſonen auch vornehmlich die
wahre
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0147"n="127"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> nachdem ſie finden, daß das aͤuſſerliche Anſe-<lb/>
hen des Geſichts von derjenigen Perſon, die ſie<lb/>
zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih-<lb/>
nen anſtaͤndig oder nicht, nachdem <hirendition="#aq">determini-</hi><lb/>
ren ſie auch, in Anſehung der Heyrathen, ihre<lb/>
Entſchluͤſſung. Nun laſſe ich zwar ſolches<lb/><hirendition="#aq">paſſi</hi>ren, wenn die Braut ſo ſehr weit entfer-<lb/>
net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die<lb/>
groͤſten <hirendition="#aq">incommodit</hi>aͤten oder Gefahr nicht<lb/>
wohl hinreiſen, und darbey durch eine ſolche<lb/><hirendition="#aq">Mariage</hi>ſich, oder ſeinen Landen einen ſehr groſ-<lb/>ſen Vortheil zuziehen kan. Denn in dieſem<lb/>
Fall muß man es ſo gar genau nicht nehmen.<lb/>
Außer dem aber handeln die Regenten ſehr<lb/>
weißlich, wenn ſie lieber ſelbſt ſich auf den Weg<lb/>
machen, und diejenige Perſon, die ſie ſich zu ih-<lb/>
rer Braut erwehlen, in Augenſchein nehmen,<lb/>
und, wenn ſie die Unkoſten oder gewiſſe Cere-<lb/>
monien vermeiden wollen, lieber <hirendition="#aq">incognito</hi><lb/>
reiſen. Denn ſonſt werden ſie oͤffters, wenn<lb/>ſie den <hirendition="#aq">portrait</hi>en Glauben zuſtellen wollen,<lb/>
hierdurch verfuͤhret, daß ſie ſich einbilden, ſie<lb/>
bekommen eine ſchoͤne Perſon zu ihrer Gemah-<lb/>
lin. Die aber hernach von ſehr heßlichen<lb/>
Anſehen iſt, und ſind denn ſolche Fuͤrſtliche<lb/>
Perſonen alsdenn gar ſehr ungluͤcklich und<lb/>
mißvergnuͤgt. Am beſten iſts, wenn die<lb/>
Fuͤrſtlichen Perſonen auch vornehmlich die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wahre</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[127/0147]
nachdem ſie finden, daß das aͤuſſerliche Anſe-
hen des Geſichts von derjenigen Perſon, die ſie
zu ihrer Gemahlin zu erwehlen gedencken, ih-
nen anſtaͤndig oder nicht, nachdem determini-
ren ſie auch, in Anſehung der Heyrathen, ihre
Entſchluͤſſung. Nun laſſe ich zwar ſolches
paſſiren, wenn die Braut ſo ſehr weit entfer-
net, daß ein Landes Herr oder Printz ohne die
groͤſten incommoditaͤten oder Gefahr nicht
wohl hinreiſen, und darbey durch eine ſolche
Mariage ſich, oder ſeinen Landen einen ſehr groſ-
ſen Vortheil zuziehen kan. Denn in dieſem
Fall muß man es ſo gar genau nicht nehmen.
Außer dem aber handeln die Regenten ſehr
weißlich, wenn ſie lieber ſelbſt ſich auf den Weg
machen, und diejenige Perſon, die ſie ſich zu ih-
rer Braut erwehlen, in Augenſchein nehmen,
und, wenn ſie die Unkoſten oder gewiſſe Cere-
monien vermeiden wollen, lieber incognito
reiſen. Denn ſonſt werden ſie oͤffters, wenn
ſie den portraiten Glauben zuſtellen wollen,
hierdurch verfuͤhret, daß ſie ſich einbilden, ſie
bekommen eine ſchoͤne Perſon zu ihrer Gemah-
lin. Die aber hernach von ſehr heßlichen
Anſehen iſt, und ſind denn ſolche Fuͤrſtliche
Perſonen alsdenn gar ſehr ungluͤcklich und
mißvergnuͤgt. Am beſten iſts, wenn die
Fuͤrſtlichen Perſonen auch vornehmlich die
wahre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/147>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.