benachbarten und sonderlich wilden und barbari- schen Völckern, die sonst sich der Rauberey und Ca- perey auf der See zu befleißigen pflegen. Denn bey den cultivirten Nationen ist dergleichen unnöthig, und sagt Pufendorff Lib I[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]X. C. IX. §. 2. mit Recht, es solten sich moralisirte Leute billig schämen, eine solche Allianz zu schliessen, die nichts anders in sich faßt, als daß sie gegen einander das natür- liche Recht beobachten wollen, gleichsam als ob sie ausser dieses Pactum ihrer Pflicht nicht nach- kommen solten und könten. Es werden derglei- chen Allianzen gar öffters unter dem Nahmen der Freundschafft verstanden. Allein die Freund- schaffts-Rechte erfordern viel mehr, als diese ge- meinen Officia, die die Menschen als Menschen einander zu leisten schuldig sind, denn obschon die Freundschaffts-Pflichten nicht so determiniret sind, als diejenigen Stücke, die in den Bünd- nissen ausgemacht werden, so weiß doch ein ied- weder, daß zur Freundschafft gehöre, das Gute mit seinen Freunden zu communiciren, und die- selben dessen theilhafftig zu machen, wegen ihrer Wohlfahrt besorgt zu seyn, und sie durch aller- hand gute Consilia und Erinnerungen zu beför- dern suchen, das ihm bevorstehende Ubel nach Vermögen abzuwenden, und dieses alles mit einer grössern Begierde und Verlangen, denn man sonst der Humanität nach schuldig ist.
§. 2.
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benachbarten und ſonderlich wilden und barbari- ſchen Voͤlckeꝛn, die ſonſt ſich der Rauberey und Ca- perey auf der See zu befleißigen pflegen. Denn bey den cultivirten Nationen iſt dergleichen unnoͤthig, und ſagt Pufendorff Lib I[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]X. C. IX. §. 2. mit Recht, es ſolten ſich moraliſirte Leute billig ſchaͤmen, eine ſolche Allianz zu ſchlieſſen, die nichts anders in ſich faßt, als daß ſie gegen einander das natuͤr- liche Recht beobachten wollen, gleichſam als ob ſie auſſer dieſes Pactum ihrer Pflicht nicht nach- kommen ſolten und koͤnten. Es werden derglei- chen Allianzen gar oͤffters unter dem Nahmen der Freundſchafft verſtanden. Allein die Freund- ſchaffts-Rechte erfordern viel mehr, als dieſe ge- meinen Officia, die die Menſchen als Menſchen einander zu leiſten ſchuldig ſind, denn obſchon die Freundſchaffts-Pflichten nicht ſo determiniret ſind, als diejenigen Stuͤcke, die in den Buͤnd- niſſen ausgemacht werden, ſo weiß doch ein ied- weder, daß zur Freundſchafft gehoͤre, das Gute mit ſeinen Freunden zu communiciren, und die- ſelben deſſen theilhafftig zu machen, wegen ihrer Wohlfahrt beſorgt zu ſeyn, und ſie durch aller- hand gute Conſilia und Erinnerungen zu befoͤr- dern ſuchen, das ihm bevorſtehende Ubel nach Vermoͤgen abzuwenden, und dieſes alles mit einer groͤſſern Begierde und Verlangen, denn man ſonſt der Humanitaͤt nach ſchuldig iſt.
§. 2.
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[1441/1461]
benachbarten und ſonderlich wilden und barbari-
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kommen ſolten und koͤnten. Es werden derglei-
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der Freundſchafft verſtanden. Allein die Freund-
ſchaffts-Rechte erfordern viel mehr, als dieſe ge-
meinen Officia, die die Menſchen als Menſchen
einander zu leiſten ſchuldig ſind, denn obſchon die
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ſind, als diejenigen Stuͤcke, die in den Buͤnd-
niſſen ausgemacht werden, ſo weiß doch ein ied-
weder, daß zur Freundſchafft gehoͤre, das Gute
mit ſeinen Freunden zu communiciren, und die-
ſelben deſſen theilhafftig zu machen, wegen ihrer
Wohlfahrt beſorgt zu ſeyn, und ſie durch aller-
hand gute Conſilia und Erinnerungen zu befoͤr-
dern ſuchen, das ihm bevorſtehende Ubel nach
Vermoͤgen abzuwenden, und dieſes alles mit
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1461>, abgerufen am 30.01.2025.
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