und ein billigmäßiges Mittel und Abschied tref- fen sollen. Was aber Partheyen und Privat- Sachen sind, die weiset man für ordentliche Gerichte, und befiehlet, denenselben in der Sa- che nach gebräuchlicher und Rechtlicher Weise zu verfahren. Siehe Seckendorffs Fürsten- Staat, p. 77. und in folgenden:
§. 7. Wenn sich die Unterthanen einem Landes-Herrn nun einmahl unterworffen, so müssen sie nicht nur einem gütigen, gerechten und gelinden, sondern auch einem wunderlichen und ungerechten Landes-Herrn Parition leisten, und ihm nicht den Gehorsam unter dem Praetext der Gottlosigkeit oder der Ketzerey versagen.
§. 8. Ob sie nun wohl ihrem Landes-Herrn Respect und Gehorsam schuldig sind, so ist doch dieses nicht zu verstehen, in soweit sie sich haben obligiren können und wollen, und also ist der grosse GOtt, als der oberste Herrscher, allezeit ausgenommen. Denn man muß GOtt mehr gehorchen, denn den Menschen, und sich nicht für denen fürchten, die den Leib tödten können, aber die Seele nicht, sondern vielmehr für dem, der Leib und Seele verderben kan in der Hölle. Jedoch muß man auch, wenn man bey derglei- chen Fällen dem Landes-Herrn den Gehorsam versagt, gewiß überführet seyn, daß der Befehl des Landes-Fürsten wider GOtt und sein Wort
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und ein billigmaͤßiges Mittel und Abſchied tref- fen ſollen. Was aber Partheyen und Privat- Sachen ſind, die weiſet man fuͤr ordentliche Gerichte, und befiehlet, denenſelben in der Sa- che nach gebraͤuchlicher und Rechtlicher Weiſe zu verfahren. Siehe Seckendorffs Fuͤrſten- Staat, p. 77. und in folgenden:
§. 7. Wenn ſich die Unterthanen einem Landes-Herrn nun einmahl unterworffen, ſo muͤſſen ſie nicht nur einem guͤtigen, geꝛechten und gelinden, ſondern auch einem wunderlichen und ungerechten Landes-Herrn Parition leiſten, und ihm nicht den Gehorſam unter dem Prætext der Gottloſigkeit oder der Ketzerey verſagen.
§. 8. Ob ſie nun wohl ihrem Landes-Herrn Reſpect und Gehorſam ſchuldig ſind, ſo iſt doch dieſes nicht zu verſtehen, in ſoweit ſie ſich haben obligiren koͤnnen und wollen, und alſo iſt der groſſe GOtt, als der oberſte Herrſcher, allezeit ausgenommen. Denn man muß GOtt mehr gehorchen, denn den Menſchen, und ſich nicht fuͤr denen fuͤrchten, die den Leib toͤdten koͤnnen, aber die Seele nicht, ſondern vielmehr fuͤr dem, der Leib und Seele verderben kan in der Hoͤlle. Jedoch muß man auch, wenn man bey derglei- chen Faͤllen dem Landes-Herrn den Gehorſam verſagt, gewiß uͤberfuͤhret ſeyn, daß der Befehl des Landes-Fuͤrſten wider GOtt und ſein Wort
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und ein billigmaͤßiges Mittel und Abſchied tref-
fen ſollen. Was aber Partheyen und Privat-
Sachen ſind, die weiſet man fuͤr ordentliche
Gerichte, und befiehlet, denenſelben in der Sa-
che nach gebraͤuchlicher und Rechtlicher Weiſe
zu verfahren. Siehe Seckendorffs Fuͤrſten-
Staat, p. 77. und in folgenden:
§. 7. Wenn ſich die Unterthanen einem
Landes-Herrn nun einmahl unterworffen, ſo
muͤſſen ſie nicht nur einem guͤtigen, geꝛechten und
gelinden, ſondern auch einem wunderlichen und
ungerechten Landes-Herrn Parition leiſten, und
ihm nicht den Gehorſam unter dem Prætext
der Gottloſigkeit oder der Ketzerey verſagen.
§. 8. Ob ſie nun wohl ihrem Landes-Herrn
Reſpect und Gehorſam ſchuldig ſind, ſo iſt doch
dieſes nicht zu verſtehen, in ſoweit ſie ſich haben
obligiren koͤnnen und wollen, und alſo iſt der
groſſe GOtt, als der oberſte Herrſcher, allezeit
ausgenommen. Denn man muß GOtt mehr
gehorchen, denn den Menſchen, und ſich nicht
fuͤr denen fuͤrchten, die den Leib toͤdten koͤnnen,
aber die Seele nicht, ſondern vielmehr fuͤr dem,
der Leib und Seele verderben kan in der Hoͤlle.
Jedoch muß man auch, wenn man bey derglei-
chen Faͤllen dem Landes-Herrn den Gehorſam
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1389>, abgerufen am 27.11.2024.
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