Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



meinen Wohlfarth des Landes celebriret.
Denn es ist die Regul, daß einem Regenten
dem natürlichen Rechte nach alles dasjenige,
ohne welches der allgemeine Friede und Ruhe-
stand des Landes nicht befördert werden kan, zu
verstatten. Alsdenn ist die Veräußerung un-
ter der Administration mit begriffen.

§. 29. Aus diesem Fundament ist nun
leicht zu decidiren, ob die Unterthanen desjeni-
gen Theiles Landes, so alieniret werden soll, in
die Veräußerung consentiren sollen oder nicht?
Jch halte nicht, denn das gantze Land ist mehr
in consideration zu ziehen, denn ein Stück des-
selbigen. Es ist besser, daß ein Theil davon
abgerissen und das übrige erhalten werde, denn
dasselbige zugleich nebst dem gantzen mit ver-
derbe.

§. 30. Die Rechts-Lehrer zu kampeln sich,
wie die Vergleiche und geschriebenen Handlun-
gen der grossen Herren sollen ausgeleget wer-
den. Einige wollen gar hieher die ohnedem in
der Vernunfft nicht gar wohl gegründete Re-
gel des Bürgerlichen Rechts appliciren, daß
vortheilhaffte Sachen zu extendiren, verhaßte
Dinge aber zu restringiren wären. Allein
es schickt sich diese Regel hieher gar nicht;
denn allezeit, was vor den einen favorabel, ist
vor den andern odieus. Es werden die Fürst-

lichen



meinen Wohlfarth des Landes celebriret.
Denn es iſt die Regul, daß einem Regenten
dem natuͤrlichen Rechte nach alles dasjenige,
ohne welches der allgemeine Friede und Ruhe-
ſtand des Landes nicht befoͤrdert werden kan, zu
verſtatten. Alsdenn iſt die Veraͤußerung un-
ter der Adminiſtration mit begriffen.

§. 29. Aus dieſem Fundament iſt nun
leicht zu decidiren, ob die Unterthanen desjeni-
gen Theiles Landes, ſo alieniret werden ſoll, in
die Veraͤußerung conſentiren ſollen oder nicht?
Jch halte nicht, denn das gantze Land iſt mehr
in conſideration zu ziehen, denn ein Stuͤck deſ-
ſelbigen. Es iſt beſſer, daß ein Theil davon
abgeriſſen und das uͤbrige erhalten werde, denn
daſſelbige zugleich nebſt dem gantzen mit ver-
derbe.

§. 30. Die Rechts-Lehrer zu kampeln ſich,
wie die Vergleiche und geſchriebenen Handlun-
gen der groſſen Herren ſollen ausgeleget wer-
den. Einige wollen gar hieher die ohnedem in
der Vernunfft nicht gar wohl gegruͤndete Re-
gel des Buͤrgerlichen Rechts appliciren, daß
vortheilhaffte Sachen zu extendiren, verhaßte
Dinge aber zu reſtringiren waͤren. Allein
es ſchickt ſich dieſe Regel hieher gar nicht;
denn allezeit, was vor den einen favorabel, iſt
vor den andern odieus. Es werden die Fuͤrſt-

lichen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0111" n="91"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> meinen Wohlfarth des Landes <hi rendition="#aq">celebri</hi>ret.<lb/>
Denn es i&#x017F;t die Regul, daß einem Regenten<lb/>
dem natu&#x0364;rlichen Rechte nach alles dasjenige,<lb/>
ohne welches der allgemeine Friede und Ruhe-<lb/>
&#x017F;tand des Landes nicht befo&#x0364;rdert werden kan, zu<lb/>
ver&#x017F;tatten. Alsdenn i&#x017F;t die Vera&#x0364;ußerung un-<lb/>
ter der <hi rendition="#aq">Admini&#x017F;tration</hi> mit begriffen.</p><lb/>
        <p>§. 29. Aus die&#x017F;em <hi rendition="#aq">Fundament</hi> i&#x017F;t nun<lb/>
leicht zu <hi rendition="#aq">decidi</hi>ren, ob die Unterthanen desjeni-<lb/>
gen Theiles Landes, &#x017F;o <hi rendition="#aq">alieni</hi>ret werden &#x017F;oll, in<lb/>
die Vera&#x0364;ußerung <hi rendition="#aq">con&#x017F;enti</hi>ren &#x017F;ollen oder nicht?<lb/>
Jch halte nicht, denn das gantze Land i&#x017F;t mehr<lb/>
in <hi rendition="#aq">con&#x017F;ideration</hi> zu ziehen, denn ein Stu&#x0364;ck de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbigen. Es i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er, daß ein Theil davon<lb/>
abgeri&#x017F;&#x017F;en und das u&#x0364;brige erhalten werde, denn<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbige zugleich neb&#x017F;t dem gantzen mit ver-<lb/>
derbe.</p><lb/>
        <p>§. 30. Die Rechts-Lehrer zu kampeln &#x017F;ich,<lb/>
wie die Vergleiche und ge&#x017F;chriebenen Handlun-<lb/>
gen der gro&#x017F;&#x017F;en Herren &#x017F;ollen ausgeleget wer-<lb/>
den. Einige wollen gar hieher die ohnedem in<lb/>
der Vernunfft nicht gar wohl gegru&#x0364;ndete Re-<lb/>
gel des Bu&#x0364;rgerlichen Rechts <hi rendition="#aq">applici</hi>ren, daß<lb/>
vortheilhaffte Sachen zu <hi rendition="#aq">extendi</hi>ren, verhaßte<lb/>
Dinge aber zu <hi rendition="#aq">re&#x017F;tringi</hi>ren wa&#x0364;ren. Allein<lb/>
es &#x017F;chickt &#x017F;ich die&#x017F;e Regel hieher gar nicht;<lb/>
denn allezeit, was vor den einen <hi rendition="#aq">favorabel,</hi> i&#x017F;t<lb/>
vor den andern <hi rendition="#aq">odieus.</hi> Es werden die Fu&#x0364;r&#x017F;t-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lichen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0111] meinen Wohlfarth des Landes celebriret. Denn es iſt die Regul, daß einem Regenten dem natuͤrlichen Rechte nach alles dasjenige, ohne welches der allgemeine Friede und Ruhe- ſtand des Landes nicht befoͤrdert werden kan, zu verſtatten. Alsdenn iſt die Veraͤußerung un- ter der Adminiſtration mit begriffen. §. 29. Aus dieſem Fundament iſt nun leicht zu decidiren, ob die Unterthanen desjeni- gen Theiles Landes, ſo alieniret werden ſoll, in die Veraͤußerung conſentiren ſollen oder nicht? Jch halte nicht, denn das gantze Land iſt mehr in conſideration zu ziehen, denn ein Stuͤck deſ- ſelbigen. Es iſt beſſer, daß ein Theil davon abgeriſſen und das uͤbrige erhalten werde, denn daſſelbige zugleich nebſt dem gantzen mit ver- derbe. §. 30. Die Rechts-Lehrer zu kampeln ſich, wie die Vergleiche und geſchriebenen Handlun- gen der groſſen Herren ſollen ausgeleget wer- den. Einige wollen gar hieher die ohnedem in der Vernunfft nicht gar wohl gegruͤndete Re- gel des Buͤrgerlichen Rechts appliciren, daß vortheilhaffte Sachen zu extendiren, verhaßte Dinge aber zu reſtringiren waͤren. Allein es ſchickt ſich dieſe Regel hieher gar nicht; denn allezeit, was vor den einen favorabel, iſt vor den andern odieus. Es werden die Fuͤrſt- lichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/111
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/111>, abgerufen am 21.05.2024.