Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



det. Denn da öffters auf solche Art alles un-
proportionirlich zugehet, und der Staat mit
solchen Leuten angefüllet wird, die nicht hauß-
säßig seyn, indessen aber gleichwohl denen bür-
gerlichen Handwercks-Leuten, welche ihre Fa-
milie ernehren, und der Stadt onera abtragen
müssen, grosser Eintrag geschiehet, zu geschwei-
gen, daß dadurch der Pfuscherey Thür und
Thor geöffnet, und ein gemeiner Handwercks-
Verderb eingeführet werde; So ist es, mei-
nes Behalts, wohl am besten, die Mittel-Stras-
se hierinnen zu gehen, und eine Proportion un-
ter den Handwercks-Leuten zu halten, nach dem
Respect der übrigen Bürgerschafft und nach
derer ihrer Anzahl auch die Zahl der Hand-
wercks-Leute zu vergrössern und zu verringern,
durchgehends aber, was unproportionirlich,
unlöblich, eigennützig, verschwenderisch und un-
gereimt, an den Zünfften abzuschaffen und zu
reformiren.

§. 10. Es solte die Obrigkeit Sorge tra-
gen, daß diejenigen Künstler und Handwercks-
Leute, denen es am Verlage fehlte, ihre Hand-
wercke und Künste zu exerciren, aber die hierzu
nöthige Geschicklichkeit besässen, von dem Pu-
blico
so viel vorgeschossen bekämen, daß sie
hierdurch in den Stand geriethen, ihre Manu-
factur
en fortzusetzen, die Jhrigen redlich zu er-

neh-



det. Denn da oͤffters auf ſolche Art alles un-
proportionirlich zugehet, und der Staat mit
ſolchen Leuten angefuͤllet wird, die nicht hauß-
ſaͤßig ſeyn, indeſſen aber gleichwohl denen buͤr-
gerlichen Handwercks-Leuten, welche ihre Fa-
milie ernehren, und der Stadt onera abtragen
muͤſſen, groſſer Eintrag geſchiehet, zu geſchwei-
gen, daß dadurch der Pfuſcherey Thuͤr und
Thor geoͤffnet, und ein gemeiner Handwercks-
Verderb eingefuͤhret werde; So iſt es, mei-
nes Behalts, wohl am beſten, die Mittel-Straſ-
ſe hierinnen zu gehen, und eine Proportion un-
ter den Handwercks-Leuten zu halten, nach dem
Reſpect der uͤbrigen Buͤrgerſchafft und nach
derer ihrer Anzahl auch die Zahl der Hand-
wercks-Leute zu vergroͤſſern und zu verringern,
durchgehends aber, was unproportionirlich,
unloͤblich, eigennuͤtzig, verſchwenderiſch und un-
gereimt, an den Zuͤnfften abzuſchaffen und zu
reformiren.

§. 10. Es ſolte die Obrigkeit Sorge tra-
gen, daß diejenigen Kuͤnſtler und Handwercks-
Leute, denen es am Verlage fehlte, ihre Hand-
wercke und Kuͤnſte zu exerciren, aber die hierzu
noͤthige Geſchicklichkeit beſaͤſſen, von dem Pu-
blico
ſo viel vorgeſchoſſen bekaͤmen, daß ſie
hierdurch in den Stand geriethen, ihre Manu-
factur
en fortzuſetzen, die Jhrigen redlich zu er-

neh-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1078" n="1058"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> det. Denn da o&#x0364;ffters auf &#x017F;olche Art alles un-<lb/><hi rendition="#aq">proportioni</hi>rlich zugehet, und der Staat mit<lb/>
&#x017F;olchen Leuten angefu&#x0364;llet wird, die nicht hauß-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ßig &#x017F;eyn, inde&#x017F;&#x017F;en aber gleichwohl denen bu&#x0364;r-<lb/>
gerlichen Handwercks-Leuten, welche ihre Fa-<lb/>
milie ernehren, und der Stadt <hi rendition="#aq">onera</hi> abtragen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, gro&#x017F;&#x017F;er Eintrag ge&#x017F;chiehet, zu ge&#x017F;chwei-<lb/>
gen, daß dadurch der Pfu&#x017F;cherey Thu&#x0364;r und<lb/>
Thor geo&#x0364;ffnet, und ein gemeiner Handwercks-<lb/>
Verderb eingefu&#x0364;hret werde; So i&#x017F;t es, mei-<lb/>
nes Behalts, wohl am be&#x017F;ten, die Mittel-Stra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e hierinnen zu gehen, und eine <hi rendition="#aq">Proportion</hi> un-<lb/>
ter den Handwercks-Leuten zu halten, nach dem<lb/><hi rendition="#aq">Re&#x017F;pect</hi> der u&#x0364;brigen Bu&#x0364;rger&#x017F;chafft und nach<lb/>
derer ihrer Anzahl auch die Zahl der Hand-<lb/>
wercks-Leute zu vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern und zu verringern,<lb/>
durchgehends aber, was un<hi rendition="#aq">proportioni</hi>rlich,<lb/>
unlo&#x0364;blich, eigennu&#x0364;tzig, ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch und un-<lb/>
gereimt, an den Zu&#x0364;nfften abzu&#x017F;chaffen und zu<lb/><hi rendition="#aq">reformi</hi>ren.</p><lb/>
        <p>§. 10. Es &#x017F;olte die Obrigkeit Sorge tra-<lb/>
gen, daß diejenigen Ku&#x0364;n&#x017F;tler und Handwercks-<lb/>
Leute, denen es am Verlage fehlte, ihre Hand-<lb/>
wercke und Ku&#x0364;n&#x017F;te zu <hi rendition="#aq">exerci</hi>ren, aber die hierzu<lb/>
no&#x0364;thige Ge&#x017F;chicklichkeit be&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, von dem <hi rendition="#aq">Pu-<lb/>
blico</hi> &#x017F;o viel vorge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en beka&#x0364;men, daß &#x017F;ie<lb/>
hierdurch in den Stand geriethen, ihre <hi rendition="#aq">Manu-<lb/>
factur</hi>en fortzu&#x017F;etzen, die Jhrigen redlich zu er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">neh-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1058/1078] det. Denn da oͤffters auf ſolche Art alles un- proportionirlich zugehet, und der Staat mit ſolchen Leuten angefuͤllet wird, die nicht hauß- ſaͤßig ſeyn, indeſſen aber gleichwohl denen buͤr- gerlichen Handwercks-Leuten, welche ihre Fa- milie ernehren, und der Stadt onera abtragen muͤſſen, groſſer Eintrag geſchiehet, zu geſchwei- gen, daß dadurch der Pfuſcherey Thuͤr und Thor geoͤffnet, und ein gemeiner Handwercks- Verderb eingefuͤhret werde; So iſt es, mei- nes Behalts, wohl am beſten, die Mittel-Straſ- ſe hierinnen zu gehen, und eine Proportion un- ter den Handwercks-Leuten zu halten, nach dem Reſpect der uͤbrigen Buͤrgerſchafft und nach derer ihrer Anzahl auch die Zahl der Hand- wercks-Leute zu vergroͤſſern und zu verringern, durchgehends aber, was unproportionirlich, unloͤblich, eigennuͤtzig, verſchwenderiſch und un- gereimt, an den Zuͤnfften abzuſchaffen und zu reformiren. §. 10. Es ſolte die Obrigkeit Sorge tra- gen, daß diejenigen Kuͤnſtler und Handwercks- Leute, denen es am Verlage fehlte, ihre Hand- wercke und Kuͤnſte zu exerciren, aber die hierzu noͤthige Geſchicklichkeit beſaͤſſen, von dem Pu- blico ſo viel vorgeſchoſſen bekaͤmen, daß ſie hierdurch in den Stand geriethen, ihre Manu- facturen fortzuſetzen, die Jhrigen redlich zu er- neh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1078
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1058. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1078>, abgerufen am 29.06.2024.