§. 19. Einige Politici haben allerhand gute Ge- dancken vorgetragen, was die Kleinodien des Reichs bedeuten, und wie sich grosse Herren hier- bey einer und der andern Pflicht ihrer Regierung erinnern sollen und können. Der Reichs-Apffel soll entweder die grosse und mit viel Beschwerlich- keiten vereinigte Last der Regierung, oder das ver- änderliche, wandelbahre und sich wunderlich dre- hende Glück vorstellen. Bey dem Creutz auf dem Reichs-Apffel sollen sie gedencken daß sie Christen seyn, oder daß sie das Christenthum beschützen sol- len, oder daß sie das Reich durch die Wohlthat des Gecreutzigten erlangt. Der Scepter soll ih- nen zum Merckmahl ihrer Gnade gereichen, das Schwerdt ihre Macht gegen die Widerspenstigen andeuten, der Ring die Verbindung des Königes mit dem Volck, mit dem es gleichsam verlobet. S. Cap. IV. Diss. IV. von Beckmanns Syntagm. Notit. Dignit. Illustr. Jch glaube daß die wenig- sten grossen Herrn an ihren Crönungs-Tägen sich bey diesen moralischen Reflexions lange aufhalten, und daß die meisten sie vielmehr den Schulfichse- reyen beyzehlen werden.
§. 20. Die Kirchen in welchen die Crönung vor- genommen werden soll, werden vorher auf das kostbarste ausgeschmückt, und die Ceremonien- Meister, die Herolde und Marschalle bekommen Ordre, an welchen Ort sie einen jeden, der u der Procession gehört, bey dem Eingang in die Kirche placiren sollen. Der Königliche Thron wird in
der
III. Theil. IV. Capitul.
§. 19. Einige Politici haben allerhand gute Ge- dancken vorgetragen, was die Kleinodien des Reichs bedeuten, und wie ſich groſſe Herren hier- bey einer und der andern Pflicht ihrer Regierung erinnern ſollen und koͤnnen. Der Reichs-Apffel ſoll entweder die groſſe und mit viel Beſchwerlich- keiten vereinigte Laſt der Regierung, oder das ver- aͤnderliche, wandelbahre und ſich wunderlich dre- hende Gluͤck vorſtellen. Bey dem Creutz auf dem Reichs-Apffel ſollen ſie gedencken daß ſie Chriſten ſeyn, oder daß ſie das Chriſtenthum beſchuͤtzen ſol- len, oder daß ſie das Reich durch die Wohlthat des Gecreutzigten erlangt. Der Scepter ſoll ih- nen zum Merckmahl ihrer Gnade gereichen, das Schwerdt ihre Macht gegen die Widerſpenſtigen andeuten, der Ring die Verbindung des Koͤniges mit dem Volck, mit dem es gleichſam verlobet. S. Cap. IV. Diſſ. IV. von Beckmanns Syntagm. Notit. Dignit. Illuſtr. Jch glaube daß die wenig- ſten groſſen Herrn an ihren Croͤnungs-Taͤgen ſich bey dieſen moraliſchen Reflexions lange aufhalten, und daß die meiſten ſie vielmehr den Schulfichſe- reyen beyzehlen werden.
§. 20. Die Kirchen in welchen die Croͤnung vor- genommen werden ſoll, werden vorher auf das koſtbarſte ausgeſchmuͤckt, und die Ceremonien- Meiſter, die Herolde und Marſchalle bekommen Ordre, an welchen Ort ſie einen jeden, der u der Proceſſion gehoͤrt, bey dem Eingang in die Kirche placiren ſollen. Der Koͤnigliche Thron wird in
der
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III. Theil. IV. Capitul.
§. 19. Einige Politici haben allerhand gute Ge-
dancken vorgetragen, was die Kleinodien des
Reichs bedeuten, und wie ſich groſſe Herren hier-
bey einer und der andern Pflicht ihrer Regierung
erinnern ſollen und koͤnnen. Der Reichs-Apffel
ſoll entweder die groſſe und mit viel Beſchwerlich-
keiten vereinigte Laſt der Regierung, oder das ver-
aͤnderliche, wandelbahre und ſich wunderlich dre-
hende Gluͤck vorſtellen. Bey dem Creutz auf dem
Reichs-Apffel ſollen ſie gedencken daß ſie Chriſten
ſeyn, oder daß ſie das Chriſtenthum beſchuͤtzen ſol-
len, oder daß ſie das Reich durch die Wohlthat
des Gecreutzigten erlangt. Der Scepter ſoll ih-
nen zum Merckmahl ihrer Gnade gereichen, das
Schwerdt ihre Macht gegen die Widerſpenſtigen
andeuten, der Ring die Verbindung des Koͤniges
mit dem Volck, mit dem es gleichſam verlobet.
S. Cap. IV. Diſſ. IV. von Beckmanns Syntagm.
Notit. Dignit. Illuſtr. Jch glaube daß die wenig-
ſten groſſen Herrn an ihren Croͤnungs-Taͤgen ſich
bey dieſen moraliſchen Reflexions lange aufhalten,
und daß die meiſten ſie vielmehr den Schulfichſe-
reyen beyzehlen werden.
§. 20. Die Kirchen in welchen die Croͤnung vor-
genommen werden ſoll, werden vorher auf das
koſtbarſte ausgeſchmuͤckt, und die Ceremonien-
Meiſter, die Herolde und Marſchalle bekommen
Ordre, an welchen Ort ſie einen jeden, der u der
Proceſſion gehoͤrt, bey dem Eingang in die Kirche
placiren ſollen. Der Koͤnigliche Thron wird in
der
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/618>, abgerufen am 24.11.2024.
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