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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von dem Fürstl. Successions-Wesen.
spicirt werde, (IV) daß die Autorität des Kaysers
dazu komme, damit es nicht scheine in der freyen
Macht und Gewalt der Vasallen zu beruhen, die
Lehns-Pacta zu verändern, (V) daß sie durch die
Einwilligung der andern Reichs-Stände Krafft
und Stärcke erlangen: Ob es wohl nicht unrecht
wäre, wenn zu Vermeydung der mancherley künff-
tigen Disputen alles dieses in Obacht genommen
würde, so sind doch Exempel und Gründe vorhan-
den, daß dergleichen Pacta mit Recht etablirt wor-
den, ob man schon eines und das andere von diesen
angeführten Stücken dabey nicht mit in Betrach-
tung gezogen. S. des Herrn von Saltzburg
Dissertation de Emolumentis territorii Germani-
ci ex jure Primogeniturae descendentibus.

§. 9. Ausserhalb Teutschland, wo die Regenten
völlig souverain sind, nehmen sie sich die Freyheit
von dem Recht der Erstgeburth abzugehen, und biß-
weilen en faveur der Nachgebohrnen etwas an-
ders zu verordnen. Also declarirten der Rußische
Kayser Petrus I. anno 1722. daß es in Zukunfft
iederzeit in der Willkühr des regierenden Landes-
Herrn stehen solte, nicht allein die Succession zu-
zuwenden, wem er will, sondern auch den bereits
designirten Successorem, wenn er einige Untaug-
lichkeit an ihm bemerckt, wieder zu verändern, damit
die Kinder und Nachkommen dadurch in Zaum ge-
halten und abgeschreckt werden, in dergleichen
Gottlosigkeit zu verfallen. Sie statuirten hierin-
nen selbst ein Exempel, da sie ihren Sohn Alexium

ver-
N n 3

Von dem Fuͤrſtl. Succeſſions-Weſen.
ſpicirt werde, (IV) daß die Autoritaͤt des Kayſers
dazu komme, damit es nicht ſcheine in der freyen
Macht und Gewalt der Vaſallen zu beruhen, die
Lehns-Pacta zu veraͤndern, (V) daß ſie durch die
Einwilligung der andern Reichs-Staͤnde Krafft
und Staͤrcke erlangen: Ob es wohl nicht unrecht
waͤre, wenn zu Vermeydung der mancherley kuͤnff-
tigen Diſputen alles dieſes in Obacht genommen
wuͤrde, ſo ſind doch Exempel und Gruͤnde vorhan-
den, daß dergleichen Pacta mit Recht etablirt wor-
den, ob man ſchon eines und das andere von dieſen
angefuͤhrten Stuͤcken dabey nicht mit in Betrach-
tung gezogen. S. des Herrn von Saltzburg
Diſſertation de Emolumentis territorii Germani-
ci ex jure Primogenituræ deſcendentibus.

§. 9. Auſſerhalb Teutſchland, wo die Regenten
voͤllig ſouverain ſind, nehmen ſie ſich die Freyheit
von dem Recht der Erſtgeburth abzugehen, und biß-
weilen en faveur der Nachgebohrnen etwas an-
ders zu verordnen. Alſo declarirten der Rußiſche
Kayſer Petrus I. anno 1722. daß es in Zukunfft
iederzeit in der Willkuͤhr des regierenden Landes-
Herrn ſtehen ſolte, nicht allein die Succeſſion zu-
zuwenden, wem er will, ſondern auch den bereits
deſignirten Succeſſorem, wenn er einige Untaug-
lichkeit an ihm bemerckt, wieder zu veraͤndern, damit
die Kinder und Nachkommen dadurch in Zaum ge-
halten und abgeſchreckt werden, in dergleichen
Gottloſigkeit zu verfallen. Sie ſtatuirten hierin-
nen ſelbſt ein Exempel, da ſie ihren Sohn Alexium

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[565/0589] Von dem Fuͤrſtl. Succeſſions-Weſen. ſpicirt werde, (IV) daß die Autoritaͤt des Kayſers dazu komme, damit es nicht ſcheine in der freyen Macht und Gewalt der Vaſallen zu beruhen, die Lehns-Pacta zu veraͤndern, (V) daß ſie durch die Einwilligung der andern Reichs-Staͤnde Krafft und Staͤrcke erlangen: Ob es wohl nicht unrecht waͤre, wenn zu Vermeydung der mancherley kuͤnff- tigen Diſputen alles dieſes in Obacht genommen wuͤrde, ſo ſind doch Exempel und Gruͤnde vorhan- den, daß dergleichen Pacta mit Recht etablirt wor- den, ob man ſchon eines und das andere von dieſen angefuͤhrten Stuͤcken dabey nicht mit in Betrach- tung gezogen. S. des Herrn von Saltzburg Diſſertation de Emolumentis territorii Germani- ci ex jure Primogenituræ deſcendentibus. §. 9. Auſſerhalb Teutſchland, wo die Regenten voͤllig ſouverain ſind, nehmen ſie ſich die Freyheit von dem Recht der Erſtgeburth abzugehen, und biß- weilen en faveur der Nachgebohrnen etwas an- ders zu verordnen. Alſo declarirten der Rußiſche Kayſer Petrus I. anno 1722. daß es in Zukunfft iederzeit in der Willkuͤhr des regierenden Landes- Herrn ſtehen ſolte, nicht allein die Succeſſion zu- zuwenden, wem er will, ſondern auch den bereits deſignirten Succeſſorem, wenn er einige Untaug- lichkeit an ihm bemerckt, wieder zu veraͤndern, damit die Kinder und Nachkommen dadurch in Zaum ge- halten und abgeſchreckt werden, in dergleichen Gottloſigkeit zu verfallen. Sie ſtatuirten hierin- nen ſelbſt ein Exempel, da ſie ihren Sohn Alexium ver- N n 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/589>, abgerufen am 11.06.2024.