condoliren wegen der Blessuren oder anderer Fata- litäten, bald offeriren sie sich, daß sie zur Retirade des Frauenzimmers, oder derjenigen, die ihnen sonst werth und angenehm sind, Pässe ertheilen wollen; Bald erkundigen sie sich nach der Gegend, wo sie ihr Haupt-Gezelt aufgeschlagen, mit dem Versi- chern, daß sie anbefehlen wolten, daß man vor die- selbe Gegend bey dem Canoniren und Bombardi- ren Respect haben solte. Doch sie bekommen bey diesem letztern Compliment bißweilen zur Nachricht: Jhr Gezelt wäre in ihrem gantzen La- ger, und also solten sie nur hinschiessen, wo sie hin wolten.
§. 45. Die tapffern Officiers, wenn sie zu Pri- soniers gemacht worden, werden auch alsdenn von manchen grossen Herren besonders distinguiret. Der König in Franckreich Ludwig der XIV. redete anno 1707 den Obersten Guethon, der die Kühn- heit gehabt, den Königlichen Ober-Stallmeister Marquis von Beringen gefänglich einzubringen, aber darüber selbst gefangen worden, auf das höf- lichste an, und versicherte ihn, daß er ihn mit einem guten Quartier wolte versorgen lassen. S. Europ. Famae 64. Theil. p. 297.
§. 46. Wird nun die Tugend von den Feinden erkannt, so kan man auch glauben, daß die Treue und Tapfferkeit noch viel mehr von den Freunden werdegerühmet und belohnet werden. Es lassen die Souverains an die Generals, die sich bey gewissen Actionen besonders fignalisirt, obligeante Schrei-
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Vom Kriege.
condoliren wegen der Bleſſuren oder anderer Fata- litaͤten, bald offeriren ſie ſich, daß ſie zur Retirade des Frauenzimmers, oder derjenigen, die ihnen ſonſt werth und angenehm ſind, Paͤſſe ertheilen wollen; Bald erkundigen ſie ſich nach der Gegend, wo ſie ihr Haupt-Gezelt aufgeſchlagen, mit dem Verſi- chern, daß ſie anbefehlen wolten, daß man vor die- ſelbe Gegend bey dem Canoniren und Bombardi- ren Reſpect haben ſolte. Doch ſie bekommen bey dieſem letztern Compliment bißweilen zur Nachricht: Jhr Gezelt waͤre in ihrem gantzen La- ger, und alſo ſolten ſie nur hinſchieſſen, wo ſie hin wolten.
§. 45. Die tapffern Officiers, wenn ſie zu Pri- ſoniers gemacht worden, werden auch alsdenn von manchen groſſen Herren beſonders diſtinguiret. Der Koͤnig in Franckreich Ludwig der XIV. redete anno 1707 den Oberſten Guethon, der die Kuͤhn- heit gehabt, den Koͤniglichen Ober-Stallmeiſter Marquis von Beringen gefaͤnglich einzubringen, aber daruͤber ſelbſt gefangen worden, auf das hoͤf- lichſte an, und verſicherte ihn, daß er ihn mit einem guten Quartier wolte verſorgen laſſen. S. Europ. Famæ 64. Theil. p. 297.
§. 46. Wird nun die Tugend von den Feinden erkannt, ſo kan man auch glauben, daß die Treue und Tapfferkeit noch viel mehr von den Freunden werdegeruͤhmet und belohnet werden. Es laſſen die Souverains an die Generals, die ſich bey gewiſſen Actionen beſonders fignaliſirt, obligeante Schrei-
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Vom Kriege.
condoliren wegen der Bleſſuren oder anderer Fata-
litaͤten, bald offeriren ſie ſich, daß ſie zur Retirade
des Frauenzimmers, oder derjenigen, die ihnen ſonſt
werth und angenehm ſind, Paͤſſe ertheilen wollen;
Bald erkundigen ſie ſich nach der Gegend, wo ſie
ihr Haupt-Gezelt aufgeſchlagen, mit dem Verſi-
chern, daß ſie anbefehlen wolten, daß man vor die-
ſelbe Gegend bey dem Canoniren und Bombardi-
ren Reſpect haben ſolte. Doch ſie bekommen
bey dieſem letztern Compliment bißweilen zur
Nachricht: Jhr Gezelt waͤre in ihrem gantzen La-
ger, und alſo ſolten ſie nur hinſchieſſen, wo ſie hin
wolten.
§. 45. Die tapffern Officiers, wenn ſie zu Pri-
ſoniers gemacht worden, werden auch alsdenn von
manchen groſſen Herren beſonders diſtinguiret.
Der Koͤnig in Franckreich Ludwig der XIV. redete
anno 1707 den Oberſten Guethon, der die Kuͤhn-
heit gehabt, den Koͤniglichen Ober-Stallmeiſter
Marquis von Beringen gefaͤnglich einzubringen,
aber daruͤber ſelbſt gefangen worden, auf das hoͤf-
lichſte an, und verſicherte ihn, daß er ihn mit einem
guten Quartier wolte verſorgen laſſen. S. Europ.
Famæ 64. Theil. p. 297.
§. 46. Wird nun die Tugend von den Feinden
erkannt, ſo kan man auch glauben, daß die Treue
und Tapfferkeit noch viel mehr von den Freunden
werdegeruͤhmet und belohnet werden. Es laſſen die
Souverains an die Generals, die ſich bey gewiſſen
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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