recitiren. Wie nun der König sich über dieses seltzame Begehren höchlich verwunderte, so wand- te der Abgesandte vor, es wäre so bräuchlich, sein Herr der Czaar hätte es auch so gemacht, wie der Dänische Gesandte in Moscau des Königs in Den- nemarck Titul hergesagt. Darauf denn der Kö- nig aufgestanden, sich aber bald wieder niederge- setzt, und die Proposition, iedoch mit bedecktem Haupt, angehöret.
§. 20. Den Abgesandten wird vor ihrer Abrei- se von ihren Durchlauchtigsten Principalen die Ge- neral-Ordre mitgetheilet, daß sie ihren Herrschaff- ten in den Ceremoniellen zwar nichts vergeben, aber auch nichts praejudicirlich verhängen, iedoch mit aller ersinnlichen Praecaution vermeiden sollen, damit nicht ein gewisser Passus zu ihrer Herrschaff- ten Desavantage zu einiger Contradiction etwan ausschlage. Fält ihnen bey dem Ceremoniel in einen und dem andern etwas bedencklich vor, so er- kundigen sie sich bey ihren Principalen, wie sie sich hierbey verhalten sollen, und bekommen sodann we- gen dieser Puncte neue Instructionen.
§. 21. Es geschehen öffters bey dem Ceremo- niel-Wesen Veränderungen, wenn mit der Re- genten eine Veränderung vorgehet, und setzet es denn bey der Einführung der neuen Ceremonielle allezeit Disputen, weil sich keiner von den Gesand- ten darnach accommodiren, noch von demjenigen so bißher eingeführt gewesen, abgehen will. Incli- niren nun einige Gesandten vor ihre Personen selbst
zum
II. Theil. III. Capitul.
recitiren. Wie nun der Koͤnig ſich uͤber dieſes ſeltzame Begehren hoͤchlich verwunderte, ſo wand- te der Abgeſandte vor, es waͤre ſo braͤuchlich, ſein Herr der Czaar haͤtte es auch ſo gemacht, wie der Daͤniſche Geſandte in Moſcau des Koͤnigs in Den- nemarck Titul hergeſagt. Darauf denn der Koͤ- nig aufgeſtanden, ſich aber bald wieder niederge- ſetzt, und die Propoſition, iedoch mit bedecktem Haupt, angehoͤret.
§. 20. Den Abgeſandten wird vor ihrer Abrei- ſe von ihren Durchlauchtigſten Principalen die Ge- neral-Ordre mitgetheilet, daß ſie ihren Herrſchaff- ten in den Ceremoniellen zwar nichts vergeben, aber auch nichts præjudicirlich verhaͤngen, iedoch mit aller erſinnlichen Præcaution vermeiden ſollen, damit nicht ein gewiſſer Paſſus zu ihrer Herrſchaff- ten Desavantage zu einiger Contradiction etwan ausſchlage. Faͤlt ihnen bey dem Ceremoniel in einen und dem andern etwas bedencklich vor, ſo er- kundigen ſie ſich bey ihren Principalen, wie ſie ſich hierbey verhalten ſollen, und bekommen ſodann we- gen dieſer Puncte neue Inſtructionen.
§. 21. Es geſchehen oͤffters bey dem Ceremo- niel-Weſen Veraͤnderungen, wenn mit der Re- genten eine Veraͤnderung vorgehet, und ſetzet es denn bey der Einfuͤhrung der neuen Ceremonielle allezeit Diſputen, weil ſich keiner von den Geſand- ten darnach accommodiren, noch von demjenigen ſo bißher eingefuͤhrt geweſen, abgehen will. Incli- niren nun einige Geſandten vor ihre Perſonen ſelbſt
zum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0412"n="388"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">III.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/><hirendition="#aq">reciti</hi>ren. Wie nun der Koͤnig ſich uͤber dieſes<lb/>ſeltzame Begehren hoͤchlich verwunderte, ſo wand-<lb/>
te der Abgeſandte vor, es waͤre ſo braͤuchlich, ſein<lb/>
Herr der Czaar haͤtte es auch ſo gemacht, wie der<lb/>
Daͤniſche Geſandte in Moſcau des Koͤnigs in Den-<lb/>
nemarck Titul hergeſagt. Darauf denn der Koͤ-<lb/>
nig aufgeſtanden, ſich aber bald wieder niederge-<lb/>ſetzt, und die <hirendition="#aq">Propoſition,</hi> iedoch mit bedecktem<lb/>
Haupt, angehoͤret.</p><lb/><p>§. 20. Den Abgeſandten wird vor ihrer Abrei-<lb/>ſe von ihren Durchlauchtigſten <hirendition="#aq">Principal</hi>en die <hirendition="#aq">Ge-<lb/>
neral-Ordre</hi> mitgetheilet, daß ſie ihren Herrſchaff-<lb/>
ten in den <hirendition="#aq">Ceremoniell</hi>en zwar nichts vergeben,<lb/>
aber auch nichts <hirendition="#aq">præjudici</hi>rlich verhaͤngen, iedoch<lb/>
mit aller erſinnlichen <hirendition="#aq">Præcaution</hi> vermeiden ſollen,<lb/>
damit nicht ein gewiſſer <hirendition="#aq">Paſſus</hi> zu ihrer Herrſchaff-<lb/>
ten <hirendition="#aq">Desavantage</hi> zu einiger <hirendition="#aq">Contradiction</hi> etwan<lb/>
ausſchlage. Faͤlt ihnen bey dem <hirendition="#aq">Ceremoniel</hi> in<lb/>
einen und dem andern etwas bedencklich vor, ſo er-<lb/>
kundigen ſie ſich bey ihren <hirendition="#aq">Principal</hi>en, wie ſie ſich<lb/>
hierbey verhalten ſollen, und bekommen ſodann we-<lb/>
gen dieſer <hirendition="#aq">Puncte</hi> neue <hirendition="#aq">Inſtruction</hi>en.</p><lb/><p>§. 21. Es geſchehen oͤffters bey dem <hirendition="#aq">Ceremo-<lb/>
niel-</hi>Weſen Veraͤnderungen, wenn mit der Re-<lb/>
genten eine Veraͤnderung vorgehet, und ſetzet es<lb/>
denn bey der Einfuͤhrung der neuen <hirendition="#aq">Ceremonielle</hi><lb/>
allezeit <hirendition="#aq">Diſput</hi>en, weil ſich keiner von den Geſand-<lb/>
ten darnach <hirendition="#aq">accommodi</hi>ren, noch von demjenigen<lb/>ſo bißher eingefuͤhrt geweſen, abgehen will. <hirendition="#aq">Incli-<lb/>
ni</hi>ren nun einige Geſandten vor ihre Perſonen ſelbſt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zum</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[388/0412]
II. Theil. III. Capitul.
recitiren. Wie nun der Koͤnig ſich uͤber dieſes
ſeltzame Begehren hoͤchlich verwunderte, ſo wand-
te der Abgeſandte vor, es waͤre ſo braͤuchlich, ſein
Herr der Czaar haͤtte es auch ſo gemacht, wie der
Daͤniſche Geſandte in Moſcau des Koͤnigs in Den-
nemarck Titul hergeſagt. Darauf denn der Koͤ-
nig aufgeſtanden, ſich aber bald wieder niederge-
ſetzt, und die Propoſition, iedoch mit bedecktem
Haupt, angehoͤret.
§. 20. Den Abgeſandten wird vor ihrer Abrei-
ſe von ihren Durchlauchtigſten Principalen die Ge-
neral-Ordre mitgetheilet, daß ſie ihren Herrſchaff-
ten in den Ceremoniellen zwar nichts vergeben,
aber auch nichts præjudicirlich verhaͤngen, iedoch
mit aller erſinnlichen Præcaution vermeiden ſollen,
damit nicht ein gewiſſer Paſſus zu ihrer Herrſchaff-
ten Desavantage zu einiger Contradiction etwan
ausſchlage. Faͤlt ihnen bey dem Ceremoniel in
einen und dem andern etwas bedencklich vor, ſo er-
kundigen ſie ſich bey ihren Principalen, wie ſie ſich
hierbey verhalten ſollen, und bekommen ſodann we-
gen dieſer Puncte neue Inſtructionen.
§. 21. Es geſchehen oͤffters bey dem Ceremo-
niel-Weſen Veraͤnderungen, wenn mit der Re-
genten eine Veraͤnderung vorgehet, und ſetzet es
denn bey der Einfuͤhrung der neuen Ceremonielle
allezeit Diſputen, weil ſich keiner von den Geſand-
ten darnach accommodiren, noch von demjenigen
ſo bißher eingefuͤhrt geweſen, abgehen will. Incli-
niren nun einige Geſandten vor ihre Perſonen ſelbſt
zum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/412>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.