stens Friedrich Wilhelms zu Brandenburg em- pfingen den König in Dennemarck Christianum dem V. zu Gadebusch anno 1675. unten an der Treppe, und begehrten, Jhro Majestät biß in ihr Gemach zu begleiten; allein das Zimmer der Chur- Fürstin war, unten, und des Königes oben, daher Jhro Majestät Sie in ihr Gemach führte.
§. 20. Die Päbste scheinen von dem gewöhnli- chen Ceremoniel des Fuß-Kusses nicht viel nach- zulassen, ob sie schon von Königinnen die Visiten erhalten. Als die verwittibte Königin Maria Ca- simira Louyse in Pohlen, anno 1699. bey dem Pabst Innocentio XII. einsprach, muste sie in dem Zimmer Jhrer Heiligkeit den gewöhnlichen Reve- rence mit dreyfacher Kniebeugung ablegen, und dem Pabst den Fuß und die Hand küssen. Jh- re Heiligkeit begaben sich zwar nicht von ihrem Thron, iedoch empfingen sie die Königin sehr gütig; darauf sich Jhro Majestät in einen Lehn-Sessel niederliessen, und bey anderthalb Stunden allda verblieben.
§. 21. Jst der Einzug einer fremden Herrschafft mit Solennität geschehen, so müssen alle Garden auf dem Schloß-Platz bey ihrer Ankunfft paradi- ren; wo aber nicht, begeben sie sich in der Stille in ihre Zimmer, wohin sie von dem Hoch-Fürstlichen Wirth geführet werden. Einige werden, um einer Distinction willen, wenn sie etwan von niedrigem Stande, nicht einmahl auf das Schloß logirt; und andere hingegen, ob sie gleich mit der Herr-
schafft,
II. Theil. II. Capitul.
ſtens Friedrich Wilhelms zu Brandenburg em- pfingen den Koͤnig in Dennemarck Chriſtianum dem V. zu Gadebuſch anno 1675. unten an der Treppe, und begehrten, Jhro Majeſtaͤt biß in ihr Gemach zu begleiten; allein das Zimmer der Chur- Fuͤrſtin war, unten, und des Koͤniges oben, daher Jhro Majeſtaͤt Sie in ihr Gemach fuͤhrte.
§. 20. Die Paͤbſte ſcheinen von dem gewoͤhnli- chen Ceremoniel des Fuß-Kuſſes nicht viel nach- zulaſſen, ob ſie ſchon von Koͤniginnen die Viſiten erhalten. Als die verwittibte Koͤnigin Maria Ca- ſimira Louyſe in Pohlen, anno 1699. bey dem Pabſt Innocentio XII. einſprach, muſte ſie in dem Zimmer Jhrer Heiligkeit den gewoͤhnlichen Reve- rence mit dreyfacher Kniebeugung ablegen, und dem Pabſt den Fuß und die Hand kuͤſſen. Jh- re Heiligkeit begaben ſich zwar nicht von ihrem Thron, iedoch empfingen ſie die Koͤnigin ſehr guͤtig; darauf ſich Jhro Majeſtaͤt in einen Lehn-Seſſel niederlieſſen, und bey anderthalb Stunden allda verblieben.
§. 21. Jſt der Einzug einer fremden Herrſchafft mit Solennitaͤt geſchehen, ſo muͤſſen alle Garden auf dem Schloß-Platz bey ihrer Ankunfft paradi- ren; wo aber nicht, begeben ſie ſich in der Stille in ihre Zimmer, wohin ſie von dem Hoch-Fuͤrſtlichen Wirth gefuͤhret werden. Einige werden, um einer Diſtinction willen, wenn ſie etwan von niedrigem Stande, nicht einmahl auf das Schloß logirt; und andere hingegen, ob ſie gleich mit der Herr-
ſchafft,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0390"n="366"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">II.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>ſtens Friedrich Wilhelms zu Brandenburg em-<lb/>
pfingen den Koͤnig in Dennemarck <hirendition="#aq">Chriſtianum</hi><lb/>
dem <hirendition="#aq">V.</hi> zu Gadebuſch <hirendition="#aq">anno</hi> 1675. unten an der<lb/>
Treppe, und begehrten, Jhro Majeſtaͤt biß in ihr<lb/>
Gemach zu begleiten; allein das Zimmer der Chur-<lb/>
Fuͤrſtin war, unten, und des Koͤniges oben, daher<lb/>
Jhro Majeſtaͤt Sie in ihr Gemach fuͤhrte.</p><lb/><p>§. 20. Die Paͤbſte ſcheinen von dem gewoͤhnli-<lb/>
chen <hirendition="#aq">Ceremoniel</hi> des Fuß-Kuſſes nicht viel nach-<lb/>
zulaſſen, ob ſie ſchon von Koͤniginnen die <hirendition="#aq">Viſit</hi>en<lb/>
erhalten. Als die verwittibte Koͤnigin <hirendition="#aq">Maria Ca-<lb/>ſimira Louyſe</hi> in Pohlen, <hirendition="#aq">anno</hi> 1699. bey dem<lb/>
Pabſt <hirendition="#aq">Innocentio XII.</hi> einſprach, muſte ſie in dem<lb/>
Zimmer Jhrer Heiligkeit den gewoͤhnlichen <hirendition="#aq">Reve-<lb/>
rence</hi> mit dreyfacher Kniebeugung ablegen, und<lb/>
dem Pabſt den Fuß und die Hand kuͤſſen. Jh-<lb/>
re Heiligkeit begaben ſich zwar nicht von ihrem<lb/>
Thron, iedoch empfingen ſie die Koͤnigin ſehr guͤtig;<lb/>
darauf ſich Jhro Majeſtaͤt in einen Lehn-Seſſel<lb/>
niederlieſſen, und bey anderthalb Stunden allda<lb/>
verblieben.</p><lb/><p>§. 21. Jſt der Einzug einer fremden Herrſchafft<lb/>
mit <hirendition="#aq">Solennit</hi>aͤt geſchehen, ſo muͤſſen alle <hirendition="#aq">Gard</hi>en<lb/>
auf dem Schloß-Platz bey ihrer Ankunfft <hirendition="#aq">paradi-</hi><lb/>
ren; wo aber nicht, begeben ſie ſich in der Stille in<lb/>
ihre Zimmer, wohin ſie von dem Hoch-Fuͤrſtlichen<lb/>
Wirth gefuͤhret werden. Einige werden, um einer<lb/><hirendition="#aq">Diſtinction</hi> willen, wenn ſie etwan von niedrigem<lb/>
Stande, nicht einmahl auf das Schloß <hirendition="#aq">logi</hi>rt;<lb/>
und andere hingegen, ob ſie gleich mit der Herr-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchafft,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[366/0390]
II. Theil. II. Capitul.
ſtens Friedrich Wilhelms zu Brandenburg em-
pfingen den Koͤnig in Dennemarck Chriſtianum
dem V. zu Gadebuſch anno 1675. unten an der
Treppe, und begehrten, Jhro Majeſtaͤt biß in ihr
Gemach zu begleiten; allein das Zimmer der Chur-
Fuͤrſtin war, unten, und des Koͤniges oben, daher
Jhro Majeſtaͤt Sie in ihr Gemach fuͤhrte.
§. 20. Die Paͤbſte ſcheinen von dem gewoͤhnli-
chen Ceremoniel des Fuß-Kuſſes nicht viel nach-
zulaſſen, ob ſie ſchon von Koͤniginnen die Viſiten
erhalten. Als die verwittibte Koͤnigin Maria Ca-
ſimira Louyſe in Pohlen, anno 1699. bey dem
Pabſt Innocentio XII. einſprach, muſte ſie in dem
Zimmer Jhrer Heiligkeit den gewoͤhnlichen Reve-
rence mit dreyfacher Kniebeugung ablegen, und
dem Pabſt den Fuß und die Hand kuͤſſen. Jh-
re Heiligkeit begaben ſich zwar nicht von ihrem
Thron, iedoch empfingen ſie die Koͤnigin ſehr guͤtig;
darauf ſich Jhro Majeſtaͤt in einen Lehn-Seſſel
niederlieſſen, und bey anderthalb Stunden allda
verblieben.
§. 21. Jſt der Einzug einer fremden Herrſchafft
mit Solennitaͤt geſchehen, ſo muͤſſen alle Garden
auf dem Schloß-Platz bey ihrer Ankunfft paradi-
ren; wo aber nicht, begeben ſie ſich in der Stille in
ihre Zimmer, wohin ſie von dem Hoch-Fuͤrſtlichen
Wirth gefuͤhret werden. Einige werden, um einer
Diſtinction willen, wenn ſie etwan von niedrigem
Stande, nicht einmahl auf das Schloß logirt;
und andere hingegen, ob ſie gleich mit der Herr-
ſchafft,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/390>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.