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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von dem Staats-Ceremoniel überhaupt.
Ehe-Stifftungen, in den Fürstlichen Testamenten,
Freund Brüderlichen Vergleichen, am allermei-
sten aber durch die Observanz decidirt. Mit dem
interdicto uti possidetis, beschützen sie ihren Rang
und die einmahl erlangten Vorrechte, so lange sie
können, und bemühen sich hiedurch mancherley Ce-
remoniel-Querell
en vorzukommen. Jedoch man-
gelt es auch hierbey nicht den andern, die ihnen die
Posseß nicht zuerkennen wollen, an Ausflüchten,
bald führen sie an, Gegentheil hätte ihnen vorhero
eine ausserordentliche Höflichkeit und Gefälligkeit
erwiesen, die sie hiedurch hätten erwiedern wollen;
bald gedencken sie daß ihre Hof-Marschalle oder
Staats-Ministri dieses ohne ihre Ordre, und wi-
der ihren Willen, oder aus Unwissenheit und Nach-
läßigkeit gethan; sie erinnern auch wohl, es wäre
damahls nur aus besonderer Gunst und Freund-
schafft geschehen, da sie aber sähen, daß aus dieser
Continuation der Höflichkeit ein Actus possessio-
nis
angeführt werden wolte, so wolten sie diese
nicht mehr zugestehen.

§. 18. Einige Regenten sind in Vertheidigung
ihrer Ceremoniel-Rechte/ und in Abforderung
der Ehren-Bezeugungen, die andre ihnen bißan-
hero ertheilet, hitziger als die andern. Manche
wollen gleich alles Commerce auf einmahl ab-
brechen, und bezeugen ihren ernsten Widerwillen,
es mag ihnen das unangenehme selbst, oder ihren
Gesandten begegnet seyn. Sie reisen ohne Ab-
schied fort, und befehlen dergleichen ihren Gesand-

ten,

Von dem Staats-Ceremoniel uͤberhaupt.
Ehe-Stifftungen, in den Fuͤrſtlichen Teſtamenten,
Freund Bruͤderlichen Vergleichen, am allermei-
ſten aber durch die Obſervanz decidirt. Mit dem
interdicto uti poſſidetis, beſchuͤtzen ſie ihren Rang
und die einmahl erlangten Vorrechte, ſo lange ſie
koͤnnen, und bemuͤhen ſich hiedurch mancherley Ce-
remoniel-Querell
en vorzukommen. Jedoch man-
gelt es auch hierbey nicht den andern, die ihnen die
Poſſeß nicht zuerkennen wollen, an Ausfluͤchten,
bald fuͤhren ſie an, Gegentheil haͤtte ihnen vorhero
eine auſſerordentliche Hoͤflichkeit und Gefaͤlligkeit
erwieſen, die ſie hiedurch haͤtten erwiedern wollen;
bald gedencken ſie daß ihre Hof-Marſchalle oder
Staats-Miniſtri dieſes ohne ihre Ordre, und wi-
der ihren Willen, oder aus Unwiſſenheit und Nach-
laͤßigkeit gethan; ſie erinnern auch wohl, es waͤre
damahls nur aus beſonderer Gunſt und Freund-
ſchafft geſchehen, da ſie aber ſaͤhen, daß aus dieſer
Continuation der Hoͤflichkeit ein Actus poſſeſſio-
nis
angefuͤhrt werden wolte, ſo wolten ſie dieſe
nicht mehr zugeſtehen.

§. 18. Einige Regenten ſind in Vertheidigung
ihrer Ceremoniel-Rechte/ und in Abforderung
der Ehren-Bezeugungen, die andre ihnen bißan-
hero ertheilet, hitziger als die andern. Manche
wollen gleich alles Commerce auf einmahl ab-
brechen, und bezeugen ihren ernſten Widerwillen,
es mag ihnen das unangenehme ſelbſt, oder ihren
Geſandten begegnet ſeyn. Sie reiſen ohne Ab-
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[11/0035] Von dem Staats-Ceremoniel uͤberhaupt. Ehe-Stifftungen, in den Fuͤrſtlichen Teſtamenten, Freund Bruͤderlichen Vergleichen, am allermei- ſten aber durch die Obſervanz decidirt. Mit dem interdicto uti poſſidetis, beſchuͤtzen ſie ihren Rang und die einmahl erlangten Vorrechte, ſo lange ſie koͤnnen, und bemuͤhen ſich hiedurch mancherley Ce- remoniel-Querellen vorzukommen. Jedoch man- gelt es auch hierbey nicht den andern, die ihnen die Poſſeß nicht zuerkennen wollen, an Ausfluͤchten, bald fuͤhren ſie an, Gegentheil haͤtte ihnen vorhero eine auſſerordentliche Hoͤflichkeit und Gefaͤlligkeit erwieſen, die ſie hiedurch haͤtten erwiedern wollen; bald gedencken ſie daß ihre Hof-Marſchalle oder Staats-Miniſtri dieſes ohne ihre Ordre, und wi- der ihren Willen, oder aus Unwiſſenheit und Nach- laͤßigkeit gethan; ſie erinnern auch wohl, es waͤre damahls nur aus beſonderer Gunſt und Freund- ſchafft geſchehen, da ſie aber ſaͤhen, daß aus dieſer Continuation der Hoͤflichkeit ein Actus poſſeſſio- nis angefuͤhrt werden wolte, ſo wolten ſie dieſe nicht mehr zugeſtehen. §. 18. Einige Regenten ſind in Vertheidigung ihrer Ceremoniel-Rechte/ und in Abforderung der Ehren-Bezeugungen, die andre ihnen bißan- hero ertheilet, hitziger als die andern. Manche wollen gleich alles Commerce auf einmahl ab- brechen, und bezeugen ihren ernſten Widerwillen, es mag ihnen das unangenehme ſelbſt, oder ihren Geſandten begegnet ſeyn. Sie reiſen ohne Ab- ſchied fort, und befehlen dergleichen ihren Geſand- ten,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/35>, abgerufen am 26.11.2024.