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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Leich-Begängn. u. Begräbnissen.
gespühret, der alles leichtlich tragen und vergeben
konnte, und mehr denn zu viel milde gewesen ist.
Diese Tugend laß ich ietzt fallen, ob er darneben
zuweilen im Regiment gefehlet hat; wie soll man
ihm thun? ein Fürst ist auch ein Mensch, und hat
allewege zehn Teufel um sich her, wo sonst ein
Mensch nur einen hat, daß ihn GOtt sonderlich
muß führen. Es sind auch sehr vernünfftige Wor-
te die ein gewisser Chur-Fürstlicher Hof-Prediger
in der Leich-Predigt, so er einem grossen Chur-Für-
sten gehalten, vorträgt: Es muß ein Unterschied
zwischen Hof-Predigern und Hof-Fuchsschwän-
tzern bleiben; und wie wir grossen Herren im Leben
offt müssen sagen, was sie nicht gerne hören, soll an-
ders ihr Blut nicht von unsern Händen gefordert
werden; Also können wir auch nach dem Tode,
was Unrecht ist, nicht zu Recht und Tugend ma-
chen. Gleichwohl ists auch nicht unbillig, daß,
was GOtt aus Gnaden bedeckt, und dort nicht
mehr vorsuchen will, wir auch in Christlicher Liebe
schweigen, und sein Werck hingegen aus schuldiger
Danckbarkeit gegen GOtt und hertzlicher Liebe ge-
gen die hohe Obrigkeit preisen sollen.

§. 37. Bißweilen pflegt anbefohlen zu werden/
daß an eben dem Tage, da dem Hoch-Fürstli-
chen Landes-Vater in der Residentz die Exequien
gehalten werden, auch in allen Städten, und in
allen Dorff-Kirchen des gantzen Landes, ihm
Leich-Predigten und solenne Processionen ge-
schehen.

§. 38.
X 2

Von Leich-Begaͤngn. u. Begraͤbniſſen.
geſpuͤhret, der alles leichtlich tragen und vergeben
konnte, und mehr denn zu viel milde geweſen iſt.
Dieſe Tugend laß ich ietzt fallen, ob er darneben
zuweilen im Regiment gefehlet hat; wie ſoll man
ihm thun? ein Fuͤrſt iſt auch ein Menſch, und hat
allewege zehn Teufel um ſich her, wo ſonſt ein
Menſch nur einen hat, daß ihn GOtt ſonderlich
muß fuͤhren. Es ſind auch ſehr vernuͤnfftige Wor-
te die ein gewiſſer Chur-Fuͤrſtlicher Hof-Prediger
in der Leich-Predigt, ſo er einem groſſen Chur-Fuͤr-
ſten gehalten, vortraͤgt: Es muß ein Unterſchied
zwiſchen Hof-Predigern und Hof-Fuchsſchwaͤn-
tzern bleiben; und wie wir groſſen Herren im Leben
offt muͤſſen ſagen, was ſie nicht gerne hoͤren, ſoll an-
ders ihr Blut nicht von unſern Haͤnden gefordert
werden; Alſo koͤnnen wir auch nach dem Tode,
was Unrecht iſt, nicht zu Recht und Tugend ma-
chen. Gleichwohl iſts auch nicht unbillig, daß,
was GOtt aus Gnaden bedeckt, und dort nicht
mehr vorſuchen will, wir auch in Chriſtlicher Liebe
ſchweigen, und ſein Werck hingegen aus ſchuldiger
Danckbarkeit gegen GOtt und hertzlicher Liebe ge-
gen die hohe Obrigkeit preiſen ſollen.

§. 37. Bißweilen pflegt anbefohlen zu werden/
daß an eben dem Tage, da dem Hoch-Fuͤrſtli-
chen Landes-Vater in der Reſidentz die Exequien
gehalten werden, auch in allen Staͤdten, und in
allen Dorff-Kirchen des gantzen Landes, ihm
Leich-Predigten und ſolenne Proceſſionen ge-
ſchehen.

§. 38.
X 2
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[323/0347] Von Leich-Begaͤngn. u. Begraͤbniſſen. geſpuͤhret, der alles leichtlich tragen und vergeben konnte, und mehr denn zu viel milde geweſen iſt. Dieſe Tugend laß ich ietzt fallen, ob er darneben zuweilen im Regiment gefehlet hat; wie ſoll man ihm thun? ein Fuͤrſt iſt auch ein Menſch, und hat allewege zehn Teufel um ſich her, wo ſonſt ein Menſch nur einen hat, daß ihn GOtt ſonderlich muß fuͤhren. Es ſind auch ſehr vernuͤnfftige Wor- te die ein gewiſſer Chur-Fuͤrſtlicher Hof-Prediger in der Leich-Predigt, ſo er einem groſſen Chur-Fuͤr- ſten gehalten, vortraͤgt: Es muß ein Unterſchied zwiſchen Hof-Predigern und Hof-Fuchsſchwaͤn- tzern bleiben; und wie wir groſſen Herren im Leben offt muͤſſen ſagen, was ſie nicht gerne hoͤren, ſoll an- ders ihr Blut nicht von unſern Haͤnden gefordert werden; Alſo koͤnnen wir auch nach dem Tode, was Unrecht iſt, nicht zu Recht und Tugend ma- chen. Gleichwohl iſts auch nicht unbillig, daß, was GOtt aus Gnaden bedeckt, und dort nicht mehr vorſuchen will, wir auch in Chriſtlicher Liebe ſchweigen, und ſein Werck hingegen aus ſchuldiger Danckbarkeit gegen GOtt und hertzlicher Liebe ge- gen die hohe Obrigkeit preiſen ſollen. §. 37. Bißweilen pflegt anbefohlen zu werden/ daß an eben dem Tage, da dem Hoch-Fuͤrſtli- chen Landes-Vater in der Reſidentz die Exequien gehalten werden, auch in allen Staͤdten, und in allen Dorff-Kirchen des gantzen Landes, ihm Leich-Predigten und ſolenne Proceſſionen ge- ſchehen. §. 38. X 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/347>, abgerufen am 22.11.2024.