Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Theil. I. Capitul.
krumm genug ansehen sollen, wenn sie Streitig-
keiten mit einander haben, jene aber schlagen ein-
ander ein zehntausend Mann nach den andern todt,
und mahlen einander in den Krieges-Manifesten
auf das schwärzeste ab, hingegen, wenn etwas un-
ter ihnen vorgehet so das Ceremoniel betrifft, so
ist von nichts als von Freundschaffts-Bezeugun-
gen, Glückwünschungen, Freude über des andern
Wohlstand, und Betrübniß über des andern trau-
rige Zufälle zu hören.

§. 16. Obschon einige Ceremonien, wie ich in
den vorhergehenden angeführet, über die maßen
veränderlich, weil sie von dem Willen der Regen-
ten dependiren, und von mancherley Umständen
gelencket werden, so kan man doch dieses nicht von
allen sagen, inmaßen einige durch die Fundamen-
tal-
Gesetze des Reichs, durch die Pacta Conventa,
durch die von den Regenten mit den Reichs-
Ständen errichtete Capitulationen und durch an-
dre öffentliche Tractaten so fest etablirt und ange-
ordnet, daß ein grosser Herr vor sich, ohne die Ein-
willigung des dritten, der hierbey mit interessirt,
nicht das geringste zu ändern vermag, ja es wür-
den manche dencken, daß die Pfeiler des Reichs
gerührt und bewegt würden, wenn einige von der-
gleichen Ceremonien solten verändert, oder gar
aufgehoben werden.

§. 17. Uber die Fundamental-Gesetze des Reichs
werden auch noch viel Ceremoniel-Puncten in den
Friedens-Schlüssen, in den Allianzen, in den

Ehe-

I. Theil. I. Capitul.
krumm genug anſehen ſollen, wenn ſie Streitig-
keiten mit einander haben, jene aber ſchlagen ein-
ander ein zehntauſend Mann nach den andern todt,
und mahlen einander in den Krieges-Manifeſten
auf das ſchwaͤrzeſte ab, hingegen, wenn etwas un-
ter ihnen vorgehet ſo das Ceremoniel betrifft, ſo
iſt von nichts als von Freundſchaffts-Bezeugun-
gen, Gluͤckwuͤnſchungen, Freude uͤber des andern
Wohlſtand, und Betruͤbniß uͤber des andern trau-
rige Zufaͤlle zu hoͤren.

§. 16. Obſchon einige Ceremonien, wie ich in
den vorhergehenden angefuͤhret, uͤber die maßen
veraͤnderlich, weil ſie von dem Willen der Regen-
ten dependiren, und von mancherley Umſtaͤnden
gelencket werden, ſo kan man doch dieſes nicht von
allen ſagen, inmaßen einige durch die Fundamen-
tal-
Geſetze des Reichs, durch die Pacta Conventa,
durch die von den Regenten mit den Reichs-
Staͤnden errichtete Capitulationen und durch an-
dre oͤffentliche Tractaten ſo feſt etablirt und ange-
ordnet, daß ein groſſer Herr vor ſich, ohne die Ein-
willigung des dritten, der hierbey mit intereſſirt,
nicht das geringſte zu aͤndern vermag, ja es wuͤr-
den manche dencken, daß die Pfeiler des Reichs
geruͤhrt und bewegt wuͤrden, wenn einige von der-
gleichen Ceremonien ſolten veraͤndert, oder gar
aufgehoben werden.

§. 17. Uber die Fundamental-Geſetze des Reichs
werden auch noch viel Ceremoniel-Puncten in den
Friedens-Schluͤſſen, in den Allianzen, in den

Ehe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0034" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
krumm genug an&#x017F;ehen &#x017F;ollen, wenn &#x017F;ie Streitig-<lb/>
keiten mit einander haben, jene aber &#x017F;chlagen ein-<lb/>
ander ein zehntau&#x017F;end Mann nach den andern todt,<lb/>
und mahlen einander in den Krieges-<hi rendition="#aq">Manife&#x017F;t</hi>en<lb/>
auf das &#x017F;chwa&#x0364;rze&#x017F;te ab, hingegen, wenn etwas un-<lb/>
ter ihnen vorgehet &#x017F;o das <hi rendition="#aq">Ceremoniel</hi> betrifft, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t von nichts als von Freund&#x017F;chaffts-Bezeugun-<lb/>
gen, Glu&#x0364;ckwu&#x0364;n&#x017F;chungen, Freude u&#x0364;ber des andern<lb/>
Wohl&#x017F;tand, und Betru&#x0364;bniß u&#x0364;ber des andern trau-<lb/>
rige Zufa&#x0364;lle zu ho&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>§. 16. Ob&#x017F;chon einige <hi rendition="#aq">Ceremoni</hi>en, wie ich in<lb/>
den vorhergehenden angefu&#x0364;hret, u&#x0364;ber die maßen<lb/>
vera&#x0364;nderlich, weil &#x017F;ie von dem Willen der Regen-<lb/>
ten <hi rendition="#aq">dependi</hi>ren, und von mancherley Um&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
gelencket werden, &#x017F;o kan man doch die&#x017F;es nicht von<lb/>
allen &#x017F;agen, inmaßen einige durch die <hi rendition="#aq">Fundamen-<lb/>
tal-</hi>Ge&#x017F;etze des Reichs, durch die <hi rendition="#aq">Pacta Conventa,</hi><lb/>
durch die von den Regenten mit den Reichs-<lb/>
Sta&#x0364;nden errichtete <hi rendition="#aq">Capitulation</hi>en und durch an-<lb/>
dre o&#x0364;ffentliche <hi rendition="#aq">Tractat</hi>en &#x017F;o fe&#x017F;t <hi rendition="#aq">etabli</hi>rt und ange-<lb/>
ordnet, daß ein gro&#x017F;&#x017F;er Herr vor &#x017F;ich, ohne die Ein-<lb/>
willigung des dritten, der hierbey mit <hi rendition="#aq">intere&#x017F;&#x017F;i</hi>rt,<lb/>
nicht das gering&#x017F;te zu a&#x0364;ndern vermag, ja es wu&#x0364;r-<lb/>
den manche dencken, daß die Pfeiler des Reichs<lb/>
geru&#x0364;hrt und bewegt wu&#x0364;rden, wenn einige von der-<lb/>
gleichen <hi rendition="#aq">Ceremoni</hi>en &#x017F;olten vera&#x0364;ndert, oder gar<lb/>
aufgehoben werden.</p><lb/>
          <p>§. 17. Uber die <hi rendition="#aq">Fundamental-</hi>Ge&#x017F;etze des Reichs<lb/>
werden auch noch viel <hi rendition="#aq">Ceremoniel-Punct</hi>en in den<lb/>
Friedens-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, in den <hi rendition="#aq">Allianz</hi>en, in den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ehe-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0034] I. Theil. I. Capitul. krumm genug anſehen ſollen, wenn ſie Streitig- keiten mit einander haben, jene aber ſchlagen ein- ander ein zehntauſend Mann nach den andern todt, und mahlen einander in den Krieges-Manifeſten auf das ſchwaͤrzeſte ab, hingegen, wenn etwas un- ter ihnen vorgehet ſo das Ceremoniel betrifft, ſo iſt von nichts als von Freundſchaffts-Bezeugun- gen, Gluͤckwuͤnſchungen, Freude uͤber des andern Wohlſtand, und Betruͤbniß uͤber des andern trau- rige Zufaͤlle zu hoͤren. §. 16. Obſchon einige Ceremonien, wie ich in den vorhergehenden angefuͤhret, uͤber die maßen veraͤnderlich, weil ſie von dem Willen der Regen- ten dependiren, und von mancherley Umſtaͤnden gelencket werden, ſo kan man doch dieſes nicht von allen ſagen, inmaßen einige durch die Fundamen- tal-Geſetze des Reichs, durch die Pacta Conventa, durch die von den Regenten mit den Reichs- Staͤnden errichtete Capitulationen und durch an- dre oͤffentliche Tractaten ſo feſt etablirt und ange- ordnet, daß ein groſſer Herr vor ſich, ohne die Ein- willigung des dritten, der hierbey mit intereſſirt, nicht das geringſte zu aͤndern vermag, ja es wuͤr- den manche dencken, daß die Pfeiler des Reichs geruͤhrt und bewegt wuͤrden, wenn einige von der- gleichen Ceremonien ſolten veraͤndert, oder gar aufgehoben werden. §. 17. Uber die Fundamental-Geſetze des Reichs werden auch noch viel Ceremoniel-Puncten in den Friedens-Schluͤſſen, in den Allianzen, in den Ehe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/34
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/34>, abgerufen am 24.11.2024.