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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Geburth u. Tauffe Fürstl. Kinder.
und damit aller Argwohn einer Supposition be-
nommen.

§. 6. Solte bißweilen ein monströses oder
sehr gebrechliches Kind auf die Welt kommen, so
wird es bald auf die Seite geschafft, daß niemand
viel davon zu sehen noch zu hören bekommt. Vor
einigen Jahren soll allererst bekandt worden seyn,
daß von dem König in Franckreich Ludwig den
XIV noch eine, und zwar Kohl-schwartze Tochter,
in der Welt vorhanden, die in einem Closter ohn-
weit Fontainebleau gantz geheim erzogen wird.
S. das I. Stück der Einleitung zum neuesten Ge-
schichten der Welt p. 35.

§. 7. Nach der Geburth eines Hoch-Fürstli-
chen Kindes gehen mancherley Solennitaeten vor,
sie sind aber fast allenthalben grösser bey der Ge-
burth eines Printzens, als einer Princeßin. Jn-
sonderheit spühret man an dem Kayserlichen Hofe,
daß bey der Geburth einer Ertz-Hertzogin, unter-
schiedene Solennien, die sonst bey der Geburth ei-
nes Ertz-Hertzogs vorzukommen pflegen, zurück
bleiben. Nach der glücklichen Entbindung der
Hoch-Fürstlichen Gemahlin, werden in der Fürst-
lichen Residenz alsbald die Stücken abgefeuert.
Die Geburth wird nicht allein den gegenwärtigen
frembden Gesandten und Residenten mündlich,
sondern auch den frembden Puissancen und Staa-
ten, absonderlich denen, mit welchen sie in Alliance
stehen, schrifftlich notificirt, und sind diese Notifi-
cation
en von langen Zeiten her in Gebrauch ge-

wesen.

Von Geburth u. Tauffe Fuͤrſtl. Kinder.
und damit aller Argwohn einer Suppoſition be-
nommen.

§. 6. Solte bißweilen ein monſtröſes oder
ſehr gebrechliches Kind auf die Welt kommen, ſo
wird es bald auf die Seite geſchafft, daß niemand
viel davon zu ſehen noch zu hoͤren bekommt. Vor
einigen Jahren ſoll allererſt bekandt worden ſeyn,
daß von dem Koͤnig in Franckreich Ludwig den
XIV noch eine, und zwar Kohl-ſchwartze Tochter,
in der Welt vorhanden, die in einem Cloſter ohn-
weit Fontainebleau gantz geheim erzogen wird.
S. das I. Stuͤck der Einleitung zum neueſten Ge-
ſchichten der Welt p. 35.

§. 7. Nach der Geburth eines Hoch-Fuͤrſtli-
chen Kindes gehen mancherley Solennitæten vor,
ſie ſind aber faſt allenthalben groͤſſer bey der Ge-
burth eines Printzens, als einer Princeßin. Jn-
ſonderheit ſpuͤhret man an dem Kayſerlichen Hofe,
daß bey der Geburth einer Ertz-Hertzogin, unter-
ſchiedene Solennien, die ſonſt bey der Geburth ei-
nes Ertz-Hertzogs vorzukommen pflegen, zuruͤck
bleiben. Nach der gluͤcklichen Entbindung der
Hoch-Fuͤrſtlichen Gemahlin, werden in der Fuͤrſt-
lichen Reſidenz alsbald die Stuͤcken abgefeuert.
Die Geburth wird nicht allein den gegenwaͤrtigen
frembden Geſandten und Reſidenten muͤndlich,
ſondern auch den frembden Puiſſancen und Staa-
ten, abſonderlich denen, mit welchen ſie in Alliance
ſtehen, ſchrifftlich notificirt, und ſind dieſe Notifi-
cation
en von langen Zeiten her in Gebrauch ge-

weſen.
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[171/0195] Von Geburth u. Tauffe Fuͤrſtl. Kinder. und damit aller Argwohn einer Suppoſition be- nommen. §. 6. Solte bißweilen ein monſtröſes oder ſehr gebrechliches Kind auf die Welt kommen, ſo wird es bald auf die Seite geſchafft, daß niemand viel davon zu ſehen noch zu hoͤren bekommt. Vor einigen Jahren ſoll allererſt bekandt worden ſeyn, daß von dem Koͤnig in Franckreich Ludwig den XIV noch eine, und zwar Kohl-ſchwartze Tochter, in der Welt vorhanden, die in einem Cloſter ohn- weit Fontainebleau gantz geheim erzogen wird. S. das I. Stuͤck der Einleitung zum neueſten Ge- ſchichten der Welt p. 35. §. 7. Nach der Geburth eines Hoch-Fuͤrſtli- chen Kindes gehen mancherley Solennitæten vor, ſie ſind aber faſt allenthalben groͤſſer bey der Ge- burth eines Printzens, als einer Princeßin. Jn- ſonderheit ſpuͤhret man an dem Kayſerlichen Hofe, daß bey der Geburth einer Ertz-Hertzogin, unter- ſchiedene Solennien, die ſonſt bey der Geburth ei- nes Ertz-Hertzogs vorzukommen pflegen, zuruͤck bleiben. Nach der gluͤcklichen Entbindung der Hoch-Fuͤrſtlichen Gemahlin, werden in der Fuͤrſt- lichen Reſidenz alsbald die Stuͤcken abgefeuert. Die Geburth wird nicht allein den gegenwaͤrtigen frembden Geſandten und Reſidenten muͤndlich, ſondern auch den frembden Puiſſancen und Staa- ten, abſonderlich denen, mit welchen ſie in Alliance ſtehen, ſchrifftlich notificirt, und ſind dieſe Notifi- cationen von langen Zeiten her in Gebrauch ge- weſen.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/195>, abgerufen am 22.11.2024.