Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Tafel-Ceremoniel.
viette, oder en Campagne, auf den Land- und
Lust-Häusern, oder anderwärts speisen.

§. 41. An dem Königlichen Spanischen Hof
reicht der Ober-Mundschencke dem König das
Wasser, und der Groß-Becken- oder Brodt-Mei-
ster nimmt die Serviette aus den Händen des
Aufsehers über das Brodt und Backwerck, und
giebt sie dem Hof-Meister, der die Woche hat,
dieser aber dem Ober-Hofmeister, um selbige dem
König zu überreichen. Jst aber der Hofmeister
abwesend, so wird die Serviette von einem andern
Grandes überreicht.

§. 42. Es geschicht auch wohl, daß sich hohe
Häupter bloß von einem Pagen den Hut und die
Handschuh wegnehmen, und das Wasser nebst
der Serviette von ihm praesentiren lassen. Biß-
weilen lassen sie den Hut und die Handschuh in
ihrem Gemach zurück, und lassen sich weder vor
noch nach der Mahlzeit das Handbecken praesen-
ti
ren.

§. 43. An den meisten Höfen, zumahl bey den
Protestirenden, sind die Tisch-Gebether vor und
nach der Mahlzeit gebräuchlich, die meistentheils
von einem Pagen hergesprochen, oder vielmehr dem
Schlendrian nach fein geschwinde hergeplappert
werden. Bey Solennitaeten verrichten solche der
Hof-Prediger, oder ein Bischoff, oder auch ein
Hof-Diaconus. An dem Königlich Spanischen
Hof, spricht der vornehmste Praelat, der zugegen ist,
das Benedicite, ist aber kein höherer als der Groß-

Almo-

Von dem Tafel-Ceremoniel.
viette, oder en Campagne, auf den Land- und
Luſt-Haͤuſern, oder anderwaͤrts ſpeiſen.

§. 41. An dem Koͤniglichen Spaniſchen Hof
reicht der Ober-Mundſchencke dem Koͤnig das
Waſſer, und der Groß-Becken- oder Brodt-Mei-
ſter nimmt die Serviette aus den Haͤnden des
Aufſehers uͤber das Brodt und Backwerck, und
giebt ſie dem Hof-Meiſter, der die Woche hat,
dieſer aber dem Ober-Hofmeiſter, um ſelbige dem
Koͤnig zu uͤberreichen. Jſt aber der Hofmeiſter
abweſend, ſo wird die Serviette von einem andern
Grandes uͤberreicht.

§. 42. Es geſchicht auch wohl, daß ſich hohe
Haͤupter bloß von einem Pagen den Hut und die
Handſchuh wegnehmen, und das Waſſer nebſt
der Serviette von ihm præſentiren laſſen. Biß-
weilen laſſen ſie den Hut und die Handſchuh in
ihrem Gemach zuruͤck, und laſſen ſich weder vor
noch nach der Mahlzeit das Handbecken præſen-
ti
ren.

§. 43. An den meiſten Hoͤfen, zumahl bey den
Proteſtirenden, ſind die Tiſch-Gebether vor und
nach der Mahlzeit gebraͤuchlich, die meiſtentheils
von einem Pagen hergeſprochen, oder vielmehr dem
Schlendrian nach fein geſchwinde hergeplappert
werden. Bey Solennitæten verrichten ſolche der
Hof-Prediger, oder ein Biſchoff, oder auch ein
Hof-Diaconus. An dem Koͤniglich Spaniſchen
Hof, ſpricht der vornehmſte Prælat, der zugegen iſt,
das Benedicite, iſt aber kein hoͤherer als der Groß-

Almo-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0133" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Tafel-<hi rendition="#aq">Ceremoniel.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">viette,</hi> oder <hi rendition="#aq">en Campagne,</hi> auf den Land- und<lb/>
Lu&#x017F;t-Ha&#x0364;u&#x017F;ern, oder anderwa&#x0364;rts &#x017F;pei&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>§. 41. An dem Ko&#x0364;niglichen Spani&#x017F;chen Hof<lb/>
reicht der Ober-Mund&#x017F;chencke dem Ko&#x0364;nig das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, und der Groß-Becken- oder Brodt-Mei-<lb/>
&#x017F;ter nimmt die <hi rendition="#aq">Serviette</hi> aus den Ha&#x0364;nden des<lb/>
Auf&#x017F;ehers u&#x0364;ber das Brodt und Backwerck, und<lb/>
giebt &#x017F;ie dem Hof-Mei&#x017F;ter, der die Woche hat,<lb/>
die&#x017F;er aber dem Ober-Hofmei&#x017F;ter, um &#x017F;elbige dem<lb/>
Ko&#x0364;nig zu u&#x0364;berreichen. J&#x017F;t aber der Hofmei&#x017F;ter<lb/>
abwe&#x017F;end, &#x017F;o wird die <hi rendition="#aq">Serviette</hi> von einem andern<lb/><hi rendition="#aq">Grandes</hi> u&#x0364;berreicht.</p><lb/>
          <p>§. 42. Es ge&#x017F;chicht auch wohl, daß &#x017F;ich hohe<lb/>
Ha&#x0364;upter bloß von einem <hi rendition="#aq">Pagen</hi> den Hut und die<lb/>
Hand&#x017F;chuh wegnehmen, und das Wa&#x017F;&#x017F;er neb&#x017F;t<lb/>
der <hi rendition="#aq">Serviette</hi> von ihm <hi rendition="#aq">præ&#x017F;enti</hi>ren la&#x017F;&#x017F;en. Biß-<lb/>
weilen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie den Hut und die Hand&#x017F;chuh in<lb/>
ihrem Gemach zuru&#x0364;ck, und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich weder vor<lb/>
noch nach der Mahlzeit das Handbecken <hi rendition="#aq">præ&#x017F;en-<lb/>
ti</hi>ren.</p><lb/>
          <p>§. 43. An den mei&#x017F;ten Ho&#x0364;fen, zumahl bey den<lb/>
Prote&#x017F;tirenden, &#x017F;ind die Ti&#x017F;ch-Gebether vor und<lb/>
nach der Mahlzeit gebra&#x0364;uchlich, die mei&#x017F;tentheils<lb/>
von einem <hi rendition="#aq">Pagen</hi> herge&#x017F;prochen, oder vielmehr dem<lb/>
Schlendrian nach fein ge&#x017F;chwinde hergeplappert<lb/>
werden. Bey <hi rendition="#aq">Solennitæt</hi>en verrichten &#x017F;olche der<lb/>
Hof-Prediger, oder ein Bi&#x017F;choff, oder auch ein<lb/>
Hof-<hi rendition="#aq">Diaconus.</hi> An dem Ko&#x0364;niglich Spani&#x017F;chen<lb/>
Hof, &#x017F;pricht der vornehm&#x017F;te <hi rendition="#aq">Prælat,</hi> der zugegen i&#x017F;t,<lb/>
das <hi rendition="#aq">Benedicite,</hi> i&#x017F;t aber kein ho&#x0364;herer als der Groß-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Almo-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0133] Von dem Tafel-Ceremoniel. viette, oder en Campagne, auf den Land- und Luſt-Haͤuſern, oder anderwaͤrts ſpeiſen. §. 41. An dem Koͤniglichen Spaniſchen Hof reicht der Ober-Mundſchencke dem Koͤnig das Waſſer, und der Groß-Becken- oder Brodt-Mei- ſter nimmt die Serviette aus den Haͤnden des Aufſehers uͤber das Brodt und Backwerck, und giebt ſie dem Hof-Meiſter, der die Woche hat, dieſer aber dem Ober-Hofmeiſter, um ſelbige dem Koͤnig zu uͤberreichen. Jſt aber der Hofmeiſter abweſend, ſo wird die Serviette von einem andern Grandes uͤberreicht. §. 42. Es geſchicht auch wohl, daß ſich hohe Haͤupter bloß von einem Pagen den Hut und die Handſchuh wegnehmen, und das Waſſer nebſt der Serviette von ihm præſentiren laſſen. Biß- weilen laſſen ſie den Hut und die Handſchuh in ihrem Gemach zuruͤck, und laſſen ſich weder vor noch nach der Mahlzeit das Handbecken præſen- tiren. §. 43. An den meiſten Hoͤfen, zumahl bey den Proteſtirenden, ſind die Tiſch-Gebether vor und nach der Mahlzeit gebraͤuchlich, die meiſtentheils von einem Pagen hergeſprochen, oder vielmehr dem Schlendrian nach fein geſchwinde hergeplappert werden. Bey Solennitæten verrichten ſolche der Hof-Prediger, oder ein Biſchoff, oder auch ein Hof-Diaconus. An dem Koͤniglich Spaniſchen Hof, ſpricht der vornehmſte Prælat, der zugegen iſt, das Benedicite, iſt aber kein hoͤherer als der Groß- Almo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/133
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/133>, abgerufen am 19.05.2024.