Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
valieren eine sichere Anleitung ertheilten/
wie sie sich an Höfen und in der grossen
Welt manierlich zu bezeugen haben. Jn
den Französischen Schrifften/ die von die-
ser Materie abgefaßt/ findet man viel Gu-
tes/ aber auch zugleich unterschiedene
Mängel. Viele von ihren Regeln und
Anmerckungen/ sind bey unsern Teut-
schen/ ob sie gleich ziemlich Französisch
geworden/ wegen ihrer eigenthümlichen
Verfassungen und Gebräuche nicht an-
zubringen. Von einigen Materien/ als
von einer manierlichen Geberdung des
Gesichts und Stellung des Leibes/ von
einer klugen Conversation u. s. w. haben
sie mehr als zu speciel gehandelt/ von
andern hingegen wenig oder gar nichts
gesagt; Uber dieses fehlet in ihren
Schrifften meistentheils die Ordnung/
sie setzen den unterschiedenen Materien
keine gewisse Abtheilungen oder abge-
sonderte Classen/ sondern werffen in ih-
ren Anmerckungen alles untereinander.
Viele von den Frantzosen und Teutschen/
die von der Politesse, von einer galanten
Conduite, von einem manierlichen Um-

gan-
)( 3

Vorrede.
valieren eine ſichere Anleitung ertheilten/
wie ſie ſich an Hoͤfen und in der groſſen
Welt manierlich zu bezeugen haben. Jn
den Franzoͤſiſchen Schrifften/ die von die-
ſer Materie abgefaßt/ findet man viel Gu-
tes/ aber auch zugleich unterſchiedene
Maͤngel. Viele von ihren Regeln und
Anmerckungen/ ſind bey unſern Teut-
ſchen/ ob ſie gleich ziemlich Franzoͤſiſch
geworden/ wegen ihrer eigenthuͤmlichen
Verfaſſungen und Gebraͤuche nicht an-
zubringen. Von einigen Materien/ als
von einer manierlichen Geberdung des
Geſichts und Stellung des Leibes/ von
einer klugen Converſation u. ſ. w. haben
ſie mehr als zu ſpeciel gehandelt/ von
andern hingegen wenig oder gar nichts
geſagt; Uber dieſes fehlet in ihren
Schrifften meiſtentheils die Ordnung/
ſie ſetzen den unterſchiedenen Materien
keine gewiſſe Abtheilungen oder abge-
ſonderte Claſſen/ ſondern werffen in ih-
ren Anmerckungen alles untereinander.
Viele von den Frantzoſen und Teutſchen/
die von der Politeſſe, von einer galanten
Conduite, von einem manierlichen Um-

gan-
)( 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0009"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">valie</hi>ren eine &#x017F;ichere Anleitung ertheilten/<lb/>
wie &#x017F;ie &#x017F;ich an Ho&#x0364;fen und in der gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Welt manierlich zu bezeugen haben. Jn<lb/>
den Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Schrifften/ die von die-<lb/>
&#x017F;er <hi rendition="#aq">Materie</hi> abgefaßt/ findet man viel Gu-<lb/>
tes/ aber auch zugleich unter&#x017F;chiedene<lb/>
Ma&#x0364;ngel. Viele von ihren Regeln und<lb/>
Anmerckungen/ &#x017F;ind bey un&#x017F;ern Teut-<lb/>
&#x017F;chen/ ob &#x017F;ie gleich ziemlich Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch<lb/>
geworden/ wegen ihrer eigenthu&#x0364;mlichen<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ungen und Gebra&#x0364;uche nicht an-<lb/>
zubringen. Von einigen <hi rendition="#aq">Materi</hi>en/ als<lb/>
von einer manierlichen Geberdung des<lb/>
Ge&#x017F;ichts und Stellung des Leibes/ von<lb/>
einer klugen <hi rendition="#aq">Conver&#x017F;ation</hi> u. &#x017F;. w. haben<lb/>
&#x017F;ie mehr als zu <hi rendition="#aq">&#x017F;peciel</hi> gehandelt/ von<lb/>
andern hingegen wenig oder gar nichts<lb/>
ge&#x017F;agt; Uber die&#x017F;es fehlet in ihren<lb/>
Schrifften mei&#x017F;tentheils die Ordnung/<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;etzen den unter&#x017F;chiedenen <hi rendition="#aq">Materi</hi>en<lb/>
keine gewi&#x017F;&#x017F;e Abtheilungen oder abge-<lb/>
&#x017F;onderte Cla&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern werffen in ih-<lb/>
ren Anmerckungen alles untereinander.<lb/>
Viele von den Frantzo&#x017F;en und Teut&#x017F;chen/<lb/>
die von der <hi rendition="#aq">Polite&#x017F;&#x017F;e,</hi> von einer <hi rendition="#aq">galant</hi>en<lb/><hi rendition="#aq">Conduite,</hi> von einem manierlichen Um-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">)( 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gan-</fw><lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0009] Vorrede. valieren eine ſichere Anleitung ertheilten/ wie ſie ſich an Hoͤfen und in der groſſen Welt manierlich zu bezeugen haben. Jn den Franzoͤſiſchen Schrifften/ die von die- ſer Materie abgefaßt/ findet man viel Gu- tes/ aber auch zugleich unterſchiedene Maͤngel. Viele von ihren Regeln und Anmerckungen/ ſind bey unſern Teut- ſchen/ ob ſie gleich ziemlich Franzoͤſiſch geworden/ wegen ihrer eigenthuͤmlichen Verfaſſungen und Gebraͤuche nicht an- zubringen. Von einigen Materien/ als von einer manierlichen Geberdung des Geſichts und Stellung des Leibes/ von einer klugen Converſation u. ſ. w. haben ſie mehr als zu ſpeciel gehandelt/ von andern hingegen wenig oder gar nichts geſagt; Uber dieſes fehlet in ihren Schrifften meiſtentheils die Ordnung/ ſie ſetzen den unterſchiedenen Materien keine gewiſſe Abtheilungen oder abge- ſonderte Claſſen/ ſondern werffen in ih- ren Anmerckungen alles untereinander. Viele von den Frantzoſen und Teutſchen/ die von der Politeſſe, von einer galanten Conduite, von einem manierlichen Um- gan- )( 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/9
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/9>, abgerufen am 18.04.2024.