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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. III. Capitul.
wisse gewöhnliche Titul nicht annehmen, so wür-
den viele von den Geringern glauben, als ob er
selbst an seiner Ehre zweiffelhafftig wäre, sie wür-
den ihm desto eher, in einem und dem andern, den
Gehorsam, und die Ehrerbietuug, die sie ihm schul-
dig, entziehen, u. s. w.

§. 16. Es ereignen sich gewisse Fälle, bey de-
nen man noch vielmehr verbunden ist, gewisse Eh-
ren-Benennungen nicht allein von dem andern ab-
zunehmen, sondern sie ihnen auch wohl abzufordern.
(1) Wenn es unser Amt und Beruff und der Re-
spect
unsrer Herrschafft erfordert; denn, alsdenn
sehen wir nicht so wohl auf unsere eigne Ehre, als
vielmehr auf die Ehre unsrer Herrschafft, die sonst
hierbey würde gekräncket werden. (2) Wenn wir
sehen, daß andern, die mit uns in gleichem Stande
oder gleichen Umständen sich befinden, ein besonder
Praejudiz würde zugezogen werden. (3) Wenn
boßhafftige Leute geflissentlich diese oder jene uns
zukommende Titulatur zu unsrer Verkleinerung
uns verweigern wollen, oder sie dieselbe uns zwar
mittheilen, aber nicht zu unsrer Beehrung, sondern
aus einem falschen und hämischen Gemüthe, uns
Fallen zu stellen, und zu versuchen, ob wir dieselbe
wohl annehmen würden, weil sie in den Gedancken
stehen, als ob sie uns nicht zukommen, sondern vor
uns zu viel sey. Sie sehen bißweilen eines und
das andere wahre Gute an uns mit verkleinerlichen
Augen an, und da sie uns dieser oder jener Praero-
gativ
vor unwürdig erklären, so verlangen sie, wir

solten

I. Theil. III. Capitul.
wiſſe gewoͤhnliche Titul nicht annehmen, ſo wuͤr-
den viele von den Geringern glauben, als ob er
ſelbſt an ſeiner Ehre zweiffelhafftig waͤre, ſie wuͤr-
den ihm deſto eher, in einem und dem andern, den
Gehorſam, und die Ehrerbietuug, die ſie ihm ſchul-
dig, entziehen, u. ſ. w.

§. 16. Es ereignen ſich gewiſſe Faͤlle, bey de-
nen man noch vielmehr verbunden iſt, gewiſſe Eh-
ren-Benennungen nicht allein von dem andern ab-
zunehmen, ſondern ſie ihnen auch wohl abzufordern.
(1) Wenn es unſer Amt und Beruff und der Re-
ſpect
unſrer Herrſchafft erfordert; denn, alsdenn
ſehen wir nicht ſo wohl auf unſere eigne Ehre, als
vielmehr auf die Ehre unſrer Herrſchafft, die ſonſt
hierbey wuͤrde gekraͤncket werden. (2) Wenn wir
ſehen, daß andern, die mit uns in gleichem Stande
oder gleichen Umſtaͤnden ſich befinden, ein beſonder
Præjudiz wuͤrde zugezogen werden. (3) Wenn
boßhafftige Leute gefliſſentlich dieſe oder jene uns
zukommende Titulatur zu unſrer Verkleinerung
uns verweigern wollen, oder ſie dieſelbe uns zwar
mittheilen, aber nicht zu unſrer Beehrung, ſondern
aus einem falſchen und haͤmiſchen Gemuͤthe, uns
Fallen zu ſtellen, und zu verſuchen, ob wir dieſelbe
wohl annehmen wuͤrden, weil ſie in den Gedancken
ſtehen, als ob ſie uns nicht zukommen, ſondern vor
uns zu viel ſey. Sie ſehen bißweilen eines und
das andere wahre Gute an uns mit verkleinerlichen
Augen an, und da ſie uns dieſer oder jener Præro-
gativ
vor unwuͤrdig erklaͤren, ſo verlangen ſie, wir

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[68/0088] I. Theil. III. Capitul. wiſſe gewoͤhnliche Titul nicht annehmen, ſo wuͤr- den viele von den Geringern glauben, als ob er ſelbſt an ſeiner Ehre zweiffelhafftig waͤre, ſie wuͤr- den ihm deſto eher, in einem und dem andern, den Gehorſam, und die Ehrerbietuug, die ſie ihm ſchul- dig, entziehen, u. ſ. w. §. 16. Es ereignen ſich gewiſſe Faͤlle, bey de- nen man noch vielmehr verbunden iſt, gewiſſe Eh- ren-Benennungen nicht allein von dem andern ab- zunehmen, ſondern ſie ihnen auch wohl abzufordern. (1) Wenn es unſer Amt und Beruff und der Re- ſpect unſrer Herrſchafft erfordert; denn, alsdenn ſehen wir nicht ſo wohl auf unſere eigne Ehre, als vielmehr auf die Ehre unſrer Herrſchafft, die ſonſt hierbey wuͤrde gekraͤncket werden. (2) Wenn wir ſehen, daß andern, die mit uns in gleichem Stande oder gleichen Umſtaͤnden ſich befinden, ein beſonder Præjudiz wuͤrde zugezogen werden. (3) Wenn boßhafftige Leute gefliſſentlich dieſe oder jene uns zukommende Titulatur zu unſrer Verkleinerung uns verweigern wollen, oder ſie dieſelbe uns zwar mittheilen, aber nicht zu unſrer Beehrung, ſondern aus einem falſchen und haͤmiſchen Gemuͤthe, uns Fallen zu ſtellen, und zu verſuchen, ob wir dieſelbe wohl annehmen wuͤrden, weil ſie in den Gedancken ſtehen, als ob ſie uns nicht zukommen, ſondern vor uns zu viel ſey. Sie ſehen bißweilen eines und das andere wahre Gute an uns mit verkleinerlichen Augen an, und da ſie uns dieſer oder jener Præro- gativ vor unwuͤrdig erklaͤren, ſo verlangen ſie, wir ſolten

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/88>, abgerufen am 23.11.2024.