er, ob sie löblich und vernünfftig und daher in den göttlichen geoffenbahrten, oder natürlichen Gesetzen, gegründet, ob sie den göttlichen und weltlichen Ge- setzen zuwider, oder in Ansehung ihrer als zuläßig, und unschuldig könne erklärt werden. Er betrach- tet ferner, ob die Mode allgemein worden, das ist bey sehr vielen, die mit ihm von gleichen Umständen, angenommen, oder nur von einigen Leuten beliebet. Bey seinen Umständen erforschet er die Beschaffen- heit seines Alters, seine Leibes-Constitution, und seine ausserliche Gestalt; er examiniret sein Amt, seinen Beruff, und diejenigen, bey denen und unter denen er sich aufhält; insonderheit ziehet er dabey seinen Beutel zurathe, und formirt sich also gewisse Regeln, in wie weit er dieser oder jener Mode zu fol- gen habe, oder nicht.
§. 21. Erlangt er Nachricht von einer vernünffti- gen und in göttlichen Gesetzen wohl gegründeten Mode, so ist er der erste mit, der sich bemühet, diese Mode so viel als möglich, nachzuahmen, und so al- lenthalben auszubreiten und bekandt zu machen, siehet er aber, daß eine Mode den Verordnungen GOttes zuwiderlauffe, so ahmet er sie im geringsten nicht nach, sondern schlüßt sich davon aus, ob sie schon von den Höchsten oder von den meisten ap- probiret worden, und er von aller Welt darüber verspottet und verlachet würde. Denn er weiß wohl, daß sich ein Christ bey denjenigen Stücken, die von GOtt verbothen, der Welt nicht gleich stel- len soll, er muß sich um Christi willen, wenn es die
Noth-
D 2
Von der Mode.
er, ob ſie loͤblich und vernuͤnfftig und daher in den goͤttlichen geoffenbahrten, oder natuͤrlichen Geſetzen, gegruͤndet, ob ſie den goͤttlichen und weltlichen Ge- ſetzen zuwider, oder in Anſehung ihrer als zulaͤßig, und unſchuldig koͤnne erklaͤrt werden. Er betrach- tet ferner, ob die Mode allgemein worden, das iſt bey ſehr vielen, die mit ihm von gleichen Umſtaͤnden, angenommen, oder nur von einigen Leuten beliebet. Bey ſeinen Umſtaͤnden erforſchet er die Beſchaffen- heit ſeines Alters, ſeine Leibes-Conſtitution, und ſeine auſſerliche Geſtalt; er examiniret ſein Amt, ſeinen Beruff, und diejenigen, bey denen und unter denen er ſich aufhaͤlt; inſonderheit ziehet er dabey ſeinen Beutel zurathe, und formirt ſich alſo gewiſſe Regeln, in wie weit er dieſer oder jener Mode zu fol- gen habe, oder nicht.
§. 21. Erlangt er Nachricht von einer vernuͤnffti- gen und in goͤttlichen Geſetzen wohl gegruͤndeten Mode, ſo iſt er der erſte mit, der ſich bemuͤhet, dieſe Mode ſo viel als moͤglich, nachzuahmen, und ſo al- lenthalben auszubreiten und bekandt zu machen, ſiehet er aber, daß eine Mode den Verordnungen GOttes zuwiderlauffe, ſo ahmet er ſie im geringſten nicht nach, ſondern ſchluͤßt ſich davon aus, ob ſie ſchon von den Hoͤchſten oder von den meiſten ap- probiret worden, und er von aller Welt daruͤber verſpottet und verlachet wuͤrde. Denn er weiß wohl, daß ſich ein Chriſt bey denjenigen Stuͤcken, die von GOtt verbothen, der Welt nicht gleich ſtel- len ſoll, er muß ſich um Chriſti willen, wenn es die
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[51/0071]
Von der Mode.
er, ob ſie loͤblich und vernuͤnfftig und daher in den
goͤttlichen geoffenbahrten, oder natuͤrlichen Geſetzen,
gegruͤndet, ob ſie den goͤttlichen und weltlichen Ge-
ſetzen zuwider, oder in Anſehung ihrer als zulaͤßig,
und unſchuldig koͤnne erklaͤrt werden. Er betrach-
tet ferner, ob die Mode allgemein worden, das iſt
bey ſehr vielen, die mit ihm von gleichen Umſtaͤnden,
angenommen, oder nur von einigen Leuten beliebet.
Bey ſeinen Umſtaͤnden erforſchet er die Beſchaffen-
heit ſeines Alters, ſeine Leibes-Conſtitution, und
ſeine auſſerliche Geſtalt; er examiniret ſein Amt,
ſeinen Beruff, und diejenigen, bey denen und unter
denen er ſich aufhaͤlt; inſonderheit ziehet er dabey
ſeinen Beutel zurathe, und formirt ſich alſo gewiſſe
Regeln, in wie weit er dieſer oder jener Mode zu fol-
gen habe, oder nicht.
§. 21. Erlangt er Nachricht von einer vernuͤnffti-
gen und in goͤttlichen Geſetzen wohl gegruͤndeten
Mode, ſo iſt er der erſte mit, der ſich bemuͤhet, dieſe
Mode ſo viel als moͤglich, nachzuahmen, und ſo al-
lenthalben auszubreiten und bekandt zu machen,
ſiehet er aber, daß eine Mode den Verordnungen
GOttes zuwiderlauffe, ſo ahmet er ſie im geringſten
nicht nach, ſondern ſchluͤßt ſich davon aus, ob ſie
ſchon von den Hoͤchſten oder von den meiſten ap-
probiret worden, und er von aller Welt daruͤber
verſpottet und verlachet wuͤrde. Denn er weiß
wohl, daß ſich ein Chriſt bey denjenigen Stuͤcken,
die von GOtt verbothen, der Welt nicht gleich ſtel-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/71>, abgerufen am 23.11.2024.
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