genden guten Vertrauens, sondern vor eine Noth- wendigkeit annehmen, die sie dazu bestimmt.
§. 11. Unrecht ist es auch, wenn einige die Kin- der vornehmer Eltern, von 10 biß 12 Jahren, die noch nicht zum heiligen Abendmahl gewesen, und denen es am Verstand und Nachsinnen fehlet, die Wichtigkeit dieses hochheiligen Sacraments gehö- rig zu überdencken, aus eigennützigen Absichten, oder aus Unbedachtsamkeit, zu Gevattern nehmen, da- mit sie dem jungen Herrn und dem jungen Frauen- zimmer, oder auch deren Eltern, eine Freude ma- chen, als ob es eine erlaubte Sache wäre, mit einer so heiligen Handlung nach Gefallen zu spielen und zu schertzen. Die Herren von der Geistlichkeit solten hierwider eifern, doch sie schweigen gar öffters, aus Respect, aus Menschen-Furcht und allzu grosser Gefälligkeit, dazu stille.
§. 12. Die Tauff-Zeugen werden zu dem Ende erwehlet, daß sie sollen einen Bund mit GOtt schlies- sen, und wegen der geschehenen Richtigkeit der hei- ligen Tauffe ein Zeugniß ablegen, und also könte aus zweyer oder dreyer Zeugen Munde die gantze Wahrheit bestehen. Jhrer viele aber, zumahl von denen, die sich mehr als andere düncken, kehren sich daran nicht, sondern sie bitten 10, 12, 15, auch wohl 20 Gevattern, vornemlich um des Pathen-Ge- schenckes willen. Je mehr Gevattern, je mehr har- te Thaler, Ducaten oder Goldstücke, oder je mehr so genandte gute Freunde, mit denen sie fressen, sauf- fen und turnieren können. Es ist daher löblich,
daß
II. Theil. XVI. Capitul.
genden guten Vertrauens, ſondern vor eine Noth- wendigkeit annehmen, die ſie dazu beſtimmt.
§. 11. Unrecht iſt es auch, wenn einige die Kin- der vornehmer Eltern, von 10 biß 12 Jahren, die noch nicht zum heiligen Abendmahl geweſen, und denen es am Verſtand und Nachſinnen fehlet, die Wichtigkeit dieſes hochheiligen Sacraments gehoͤ- rig zu uͤberdencken, aus eigennuͤtzigen Abſichten, oder aus Unbedachtſamkeit, zu Gevattern nehmen, da- mit ſie dem jungen Herrn und dem jungen Frauen- zimmer, oder auch deren Eltern, eine Freude ma- chen, als ob es eine erlaubte Sache waͤre, mit einer ſo heiligen Handlung nach Gefallen zu ſpielen und zu ſchertzen. Die Herren von der Geiſtlichkeit ſolten hierwider eifern, doch ſie ſchweigen gar oͤffters, aus Reſpect, aus Menſchen-Furcht und allzu groſſer Gefaͤlligkeit, dazu ſtille.
§. 12. Die Tauff-Zeugen werden zu dem Ende erwehlet, daß ſie ſollen einen Bund mit GOtt ſchlieſ- ſen, und wegen der geſchehenen Richtigkeit der hei- ligen Tauffe ein Zeugniß ablegen, und alſo koͤnte aus zweyer oder dreyer Zeugen Munde die gantze Wahrheit beſtehen. Jhrer viele aber, zumahl von denen, die ſich mehr als andere duͤncken, kehren ſich daran nicht, ſondern ſie bitten 10, 12, 15, auch wohl 20 Gevattern, vornemlich um des Pathen-Ge- ſchenckes willen. Je mehr Gevattern, je mehr har- te Thaler, Ducaten oder Goldſtuͤcke, oder je mehr ſo genandte gute Freunde, mit denen ſie freſſen, ſauf- fen und turnieren koͤnnen. Es iſt daher loͤblich,
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II. Theil. XVI. Capitul.
genden guten Vertrauens, ſondern vor eine Noth-
wendigkeit annehmen, die ſie dazu beſtimmt.
§. 11. Unrecht iſt es auch, wenn einige die Kin-
der vornehmer Eltern, von 10 biß 12 Jahren, die
noch nicht zum heiligen Abendmahl geweſen, und
denen es am Verſtand und Nachſinnen fehlet, die
Wichtigkeit dieſes hochheiligen Sacraments gehoͤ-
rig zu uͤberdencken, aus eigennuͤtzigen Abſichten, oder
aus Unbedachtſamkeit, zu Gevattern nehmen, da-
mit ſie dem jungen Herrn und dem jungen Frauen-
zimmer, oder auch deren Eltern, eine Freude ma-
chen, als ob es eine erlaubte Sache waͤre, mit einer
ſo heiligen Handlung nach Gefallen zu ſpielen und zu
ſchertzen. Die Herren von der Geiſtlichkeit ſolten
hierwider eifern, doch ſie ſchweigen gar oͤffters, aus
Reſpect, aus Menſchen-Furcht und allzu groſſer
Gefaͤlligkeit, dazu ſtille.
§. 12. Die Tauff-Zeugen werden zu dem Ende
erwehlet, daß ſie ſollen einen Bund mit GOtt ſchlieſ-
ſen, und wegen der geſchehenen Richtigkeit der hei-
ligen Tauffe ein Zeugniß ablegen, und alſo koͤnte
aus zweyer oder dreyer Zeugen Munde die gantze
Wahrheit beſtehen. Jhrer viele aber, zumahl von
denen, die ſich mehr als andere duͤncken, kehren ſich
daran nicht, ſondern ſie bitten 10, 12, 15, auch wohl
20 Gevattern, vornemlich um des Pathen-Ge-
ſchenckes willen. Je mehr Gevattern, je mehr har-
te Thaler, Ducaten oder Goldſtuͤcke, oder je mehr
ſo genandte gute Freunde, mit denen ſie freſſen, ſauf-
fen und turnieren koͤnnen. Es iſt daher loͤblich,
daß
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/650>, abgerufen am 22.11.2024.
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