Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.II. Theil. XV. Capitul. Bräutigam aber muß sich besser angreiffen; jereicher die Braut, je vornehmer oder je hochmü- thiger und geitziger sie mit ihrer Familie ist, je mehr muß er sich mit seinen Praesenten sehen lassen. Sind die Geschencke, die Braut und Bräutigam einander austheilen, nicht gar zu kostbar, oder ih- ren Einkünfften proportionirt, so kan man sie als einen zuläßigen Gebrauch passiren lassen. Viel- mahls aber trifft man viel unvernünfftiges dabey an. Manche Bräutigams sind nicht im Stan- de ihre Braut auf eine so kostbahre Weise zu re- galiren, inzwischen wollen und sollen sie doch die Weise mithalten, da können sie sich nicht anders helffen, sie müssen die Galanterien, die Kleider, die Spitzen, das Silberwerck, bey den Kaufleuten, Jtaliänern, Goldschmiden und dergleichen Leuten ausnehmen. Jst die Hochzeit vorbey, so kreucht es heraus, daß die Geschencke noch nicht bezahlt, be- kommt nun der Bräutigam ein starckes Heyraths- Gut ausgezahlt, und dieses noch dazu in die Hän- de, so ist er im Stande, die seiner Braut verehrten Galanterien wieder zu bezahlen, wo nicht, so muß ers nach der Hochzeit seiner Braut entdecken, und da werden denn die Praesente entweder öffters zu- rück geschickt, oder um das halbe Geld wieder ver- kaufft, dieses ist denn hernach eine seine Wirth- schafft. Vielmahls sind die Geschencke der Braut nicht kostbar und anständig genug, sie schickt die Spitzen manchmahl wieder zurück, mit dem Ver- melden/ sie wären nicht von der rechten Art. Die Elle
II. Theil. XV. Capitul. Braͤutigam aber muß ſich beſſer angreiffen; jereicher die Braut, je vornehmer oder je hochmuͤ- thiger und geitziger ſie mit ihrer Familie iſt, je mehr muß er ſich mit ſeinen Præſenten ſehen laſſen. Sind die Geſchencke, die Braut und Braͤutigam einander austheilen, nicht gar zu koſtbar, oder ih- ren Einkuͤnfften proportionirt, ſo kan man ſie als einen zulaͤßigen Gebrauch paſſiren laſſen. Viel- mahls aber trifft man viel unvernuͤnfftiges dabey an. Manche Braͤutigams ſind nicht im Stan- de ihre Braut auf eine ſo koſtbahre Weiſe zu re- galiren, inzwiſchen wollen und ſollen ſie doch die Weiſe mithalten, da koͤnnen ſie ſich nicht anders helffen, ſie muͤſſen die Galanterien, die Kleider, die Spitzen, das Silberwerck, bey den Kaufleuten, Jtaliaͤnern, Goldſchmiden und dergleichen Leuten ausnehmen. Jſt die Hochzeit vorbey, ſo kreucht es heraus, daß die Geſchencke noch nicht bezahlt, be- kommt nun der Braͤutigam ein ſtarckes Heyraths- Gut ausgezahlt, und dieſes noch dazu in die Haͤn- de, ſo iſt er im Stande, die ſeiner Braut verehrten Galanterien wieder zu bezahlen, wo nicht, ſo muß ers nach der Hochzeit ſeiner Braut entdecken, und da werden denn die Præſente entweder oͤffters zu- ruͤck geſchickt, oder um das halbe Geld wieder ver- kaufft, dieſes iſt denn hernach eine ſeine Wirth- ſchafft. Vielmahls ſind die Geſchencke der Braut nicht koſtbar und anſtaͤndig genug, ſie ſchickt die Spitzen manchmahl wieder zuruͤck, mit dem Ver- melden/ ſie waͤren nicht von der rechten Art. Die Elle
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0634" n="614"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">XV.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/> Braͤutigam aber muß ſich beſſer angreiffen; je<lb/> reicher die Braut, je vornehmer oder je hochmuͤ-<lb/> thiger und geitziger ſie mit ihrer <hi rendition="#aq">Familie</hi> iſt, je mehr<lb/> muß er ſich mit ſeinen <hi rendition="#aq">Præſent</hi>en ſehen laſſen.<lb/> Sind die Geſchencke, die Braut und Braͤutigam<lb/> einander austheilen, nicht gar zu koſtbar, oder ih-<lb/> ren Einkuͤnfften <hi rendition="#aq">proportioni</hi>rt, ſo kan man ſie als<lb/> einen zulaͤßigen Gebrauch <hi rendition="#aq">paſſi</hi>ren laſſen. Viel-<lb/> mahls aber trifft man viel unvernuͤnfftiges dabey<lb/> an. Manche Braͤutigams ſind nicht im Stan-<lb/> de ihre Braut auf eine ſo koſtbahre Weiſe zu <hi rendition="#aq">re-<lb/> gali</hi>ren, inzwiſchen wollen und ſollen ſie doch die<lb/> Weiſe mithalten, da koͤnnen ſie ſich nicht anders<lb/> helffen, ſie muͤſſen die <hi rendition="#aq">Galanteri</hi>en, die Kleider,<lb/> die Spitzen, das Silberwerck, bey den Kaufleuten,<lb/> Jtaliaͤnern, Goldſchmiden und dergleichen Leuten<lb/> ausnehmen. Jſt die Hochzeit vorbey, ſo kreucht es<lb/> heraus, daß die Geſchencke noch nicht bezahlt, be-<lb/> kommt nun der Braͤutigam ein ſtarckes Heyraths-<lb/> Gut ausgezahlt, und dieſes noch dazu in die Haͤn-<lb/> de, ſo iſt er im Stande, die ſeiner Braut verehrten<lb/><hi rendition="#aq">Galanteri</hi>en wieder zu bezahlen, wo nicht, ſo muß<lb/> ers nach der Hochzeit ſeiner Braut entdecken, und<lb/> da werden denn die <hi rendition="#aq">Præſente</hi> entweder oͤffters zu-<lb/> ruͤck geſchickt, oder um das halbe Geld wieder ver-<lb/> kaufft, dieſes iſt denn hernach eine ſeine Wirth-<lb/> ſchafft. Vielmahls ſind die Geſchencke der Braut<lb/> nicht koſtbar und anſtaͤndig genug, ſie ſchickt die<lb/> Spitzen manchmahl wieder zuruͤck, mit dem Ver-<lb/> melden/ ſie waͤren nicht von der rechten Art. Die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Elle</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [614/0634]
II. Theil. XV. Capitul.
Braͤutigam aber muß ſich beſſer angreiffen; je
reicher die Braut, je vornehmer oder je hochmuͤ-
thiger und geitziger ſie mit ihrer Familie iſt, je mehr
muß er ſich mit ſeinen Præſenten ſehen laſſen.
Sind die Geſchencke, die Braut und Braͤutigam
einander austheilen, nicht gar zu koſtbar, oder ih-
ren Einkuͤnfften proportionirt, ſo kan man ſie als
einen zulaͤßigen Gebrauch paſſiren laſſen. Viel-
mahls aber trifft man viel unvernuͤnfftiges dabey
an. Manche Braͤutigams ſind nicht im Stan-
de ihre Braut auf eine ſo koſtbahre Weiſe zu re-
galiren, inzwiſchen wollen und ſollen ſie doch die
Weiſe mithalten, da koͤnnen ſie ſich nicht anders
helffen, ſie muͤſſen die Galanterien, die Kleider,
die Spitzen, das Silberwerck, bey den Kaufleuten,
Jtaliaͤnern, Goldſchmiden und dergleichen Leuten
ausnehmen. Jſt die Hochzeit vorbey, ſo kreucht es
heraus, daß die Geſchencke noch nicht bezahlt, be-
kommt nun der Braͤutigam ein ſtarckes Heyraths-
Gut ausgezahlt, und dieſes noch dazu in die Haͤn-
de, ſo iſt er im Stande, die ſeiner Braut verehrten
Galanterien wieder zu bezahlen, wo nicht, ſo muß
ers nach der Hochzeit ſeiner Braut entdecken, und
da werden denn die Præſente entweder oͤffters zu-
ruͤck geſchickt, oder um das halbe Geld wieder ver-
kaufft, dieſes iſt denn hernach eine ſeine Wirth-
ſchafft. Vielmahls ſind die Geſchencke der Braut
nicht koſtbar und anſtaͤndig genug, ſie ſchickt die
Spitzen manchmahl wieder zuruͤck, mit dem Ver-
melden/ ſie waͤren nicht von der rechten Art. Die
Elle
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |