Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. XX. Capitul.
heit alle nur ersinnliche Treue, Hülffe und Bey-
stand leisten wollen.

§. 17. Zu dem Wesen eines solchen Freund-
schaffts-Bündnisses wird erfordert, daß beyde
Theile, ohne Verletzung ihrer Seele und ihrer Ge-
sundheit, die Gabe der Keuschheit besitzen. Es ist
also hier nicht die Rede, da ein Theil, oder beyde
Theile, entweder wegen ihres hohen Alters, oder
kräncklichen Zustandes, oder eines natürlichen Lei-
bes-Fehlers, keusch leben müssen, auch nicht von
denen, die sich, aus besonderer Heiligkeit oder ge-
wissen Vorurtheile, die Keuschheit erzwingen wol-
len/ sondern die sie freywillig erwehlen, und zur Er-
weckung der fleischlichen Begierden einander nicht
reitzen.

§. 18. Dieser Art Bündnisse sind bey der, unter
denen Christen fast gantz und gar unbekandt ge-
wordenen Tugend der Keuschheit, ungemein rar,
und findet man unter einigen tausenden nicht zwey,
die dazu fähig wären; inzwischen findet man doch
bißweilen dergleichen Exempel, und ist mir auch
selbst eines sehr genau bekandt. Diese unzertrenn-
liche und biß in den Tod fortdaurende Freund-
schaffts-Bündnisse sind möglich; denn es isi ja
möglich, daß einige Personen, männlichen und
weiblichen Geschlechts, die Gabe der Keuschheit
besitzen; es ist möglich, daß ein paar Personen un-
gleichen Geschlechts, die von dieser Constitution
und Temperament sind, ungefehr zusammen kom-
men, mit einander bekandt werden, und wegen der

völligen

II. Theil. XX. Capitul.
heit alle nur erſinnliche Treue, Huͤlffe und Bey-
ſtand leiſten wollen.

§. 17. Zu dem Weſen eines ſolchen Freund-
ſchaffts-Buͤndniſſes wird erfordert, daß beyde
Theile, ohne Verletzung ihrer Seele und ihrer Ge-
ſundheit, die Gabe der Keuſchheit beſitzen. Es iſt
alſo hier nicht die Rede, da ein Theil, oder beyde
Theile, entweder wegen ihres hohen Alters, oder
kraͤncklichen Zuſtandes, oder eines natuͤrlichen Lei-
bes-Fehlers, keuſch leben muͤſſen, auch nicht von
denen, die ſich, aus beſonderer Heiligkeit oder ge-
wiſſen Vorurtheile, die Keuſchheit erzwingen wol-
len/ ſondern die ſie freywillig erwehlen, und zur Er-
weckung der fleiſchlichen Begierden einander nicht
reitzen.

§. 18. Dieſer Art Buͤndniſſe ſind bey der, unter
denen Chriſten faſt gantz und gar unbekandt ge-
wordenen Tugend der Keuſchheit, ungemein rar,
und findet man unter einigen tauſenden nicht zwey,
die dazu faͤhig waͤren; inzwiſchen findet man doch
bißweilen dergleichen Exempel, und iſt mir auch
ſelbſt eines ſehr genau bekandt. Dieſe unzertrenn-
liche und biß in den Tod fortdaurende Freund-
ſchaffts-Buͤndniſſe ſind moͤglich; denn es iſi ja
moͤglich, daß einige Perſonen, maͤnnlichen und
weiblichen Geſchlechts, die Gabe der Keuſchheit
beſitzen; es iſt moͤglich, daß ein paar Perſonen un-
gleichen Geſchlechts, die von dieſer Conſtitution
und Temperament ſind, ungefehr zuſammen kom-
men, mit einander bekandt werden, und wegen der

voͤlligen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0626" n="606"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">XX.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
heit alle nur er&#x017F;innliche Treue, Hu&#x0364;lffe und Bey-<lb/>
&#x017F;tand lei&#x017F;ten wollen.</p><lb/>
        <p>§. 17. Zu dem We&#x017F;en eines &#x017F;olchen Freund-<lb/>
&#x017F;chaffts-Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es wird erfordert, daß beyde<lb/>
Theile, ohne Verletzung ihrer Seele und ihrer Ge-<lb/>
&#x017F;undheit, die Gabe der Keu&#x017F;chheit be&#x017F;itzen. Es i&#x017F;t<lb/>
al&#x017F;o hier nicht die Rede, da ein Theil, oder beyde<lb/>
Theile, entweder wegen ihres hohen Alters, oder<lb/>
kra&#x0364;ncklichen Zu&#x017F;tandes, oder eines natu&#x0364;rlichen Lei-<lb/>
bes-Fehlers, keu&#x017F;ch leben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, auch nicht von<lb/>
denen, die &#x017F;ich, aus be&#x017F;onderer Heiligkeit oder ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Vorurtheile, die Keu&#x017F;chheit erzwingen wol-<lb/>
len/ &#x017F;ondern die &#x017F;ie freywillig erwehlen, und zur Er-<lb/>
weckung der flei&#x017F;chlichen Begierden einander nicht<lb/>
reitzen.</p><lb/>
        <p>§. 18. Die&#x017F;er Art Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind bey der, unter<lb/>
denen Chri&#x017F;ten fa&#x017F;t gantz und gar unbekandt ge-<lb/>
wordenen Tugend der Keu&#x017F;chheit, ungemein rar,<lb/>
und findet man unter einigen tau&#x017F;enden nicht zwey,<lb/>
die dazu fa&#x0364;hig wa&#x0364;ren; inzwi&#x017F;chen findet man doch<lb/>
bißweilen dergleichen Exempel, und i&#x017F;t mir auch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t eines &#x017F;ehr genau bekandt. Die&#x017F;e unzertrenn-<lb/>
liche und biß in den Tod fortdaurende Freund-<lb/>
&#x017F;chaffts-Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind mo&#x0364;glich; denn es i&#x017F;i ja<lb/>
mo&#x0364;glich, daß einige Per&#x017F;onen, ma&#x0364;nnlichen und<lb/>
weiblichen Ge&#x017F;chlechts, die Gabe der Keu&#x017F;chheit<lb/>
be&#x017F;itzen; es i&#x017F;t mo&#x0364;glich, daß ein paar Per&#x017F;onen un-<lb/>
gleichen Ge&#x017F;chlechts, die von die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Con&#x017F;titution</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Temperament</hi> &#x017F;ind, ungefehr zu&#x017F;ammen kom-<lb/>
men, mit einander bekandt werden, und wegen der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vo&#x0364;lligen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[606/0626] II. Theil. XX. Capitul. heit alle nur erſinnliche Treue, Huͤlffe und Bey- ſtand leiſten wollen. §. 17. Zu dem Weſen eines ſolchen Freund- ſchaffts-Buͤndniſſes wird erfordert, daß beyde Theile, ohne Verletzung ihrer Seele und ihrer Ge- ſundheit, die Gabe der Keuſchheit beſitzen. Es iſt alſo hier nicht die Rede, da ein Theil, oder beyde Theile, entweder wegen ihres hohen Alters, oder kraͤncklichen Zuſtandes, oder eines natuͤrlichen Lei- bes-Fehlers, keuſch leben muͤſſen, auch nicht von denen, die ſich, aus beſonderer Heiligkeit oder ge- wiſſen Vorurtheile, die Keuſchheit erzwingen wol- len/ ſondern die ſie freywillig erwehlen, und zur Er- weckung der fleiſchlichen Begierden einander nicht reitzen. §. 18. Dieſer Art Buͤndniſſe ſind bey der, unter denen Chriſten faſt gantz und gar unbekandt ge- wordenen Tugend der Keuſchheit, ungemein rar, und findet man unter einigen tauſenden nicht zwey, die dazu faͤhig waͤren; inzwiſchen findet man doch bißweilen dergleichen Exempel, und iſt mir auch ſelbſt eines ſehr genau bekandt. Dieſe unzertrenn- liche und biß in den Tod fortdaurende Freund- ſchaffts-Buͤndniſſe ſind moͤglich; denn es iſi ja moͤglich, daß einige Perſonen, maͤnnlichen und weiblichen Geſchlechts, die Gabe der Keuſchheit beſitzen; es iſt moͤglich, daß ein paar Perſonen un- gleichen Geſchlechts, die von dieſer Conſtitution und Temperament ſind, ungefehr zuſammen kom- men, mit einander bekandt werden, und wegen der voͤlligen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/626
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/626>, abgerufen am 13.05.2024.