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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XV. Capitul.
zwar trauen lassen, aber gantz heimlich, etwan an
Römisch-Catholischen Oertern, oder yon einem
abgesetzten Priester, und sich einen heimlichen
Trau-Schein geben lassen, und sich so weit es
verborgen bleiben kan, als heimliche Ehe-Leute
aufführen. Diese Mariages de conscience kön-
nen auch noch auf andere Weise modificirt und
eingerichtet werden, es mag aber an diesen drey
berührten Fällen genug seyn.

§. 13. Meines Erachtens steckt bey allen diesen
drey Fällen etwas sündliches und unvernünfftiges.
Diese Liebhaber sind ja wegen ihres Tempera-
ments
und nach der Vorschrifft des in ihre Glie-
der eingelegten Gesetzes zu einem ordentlichen und
rechtmäßigen Ehestand verbunden; Bey dem er-
sten und dritten Fall geben sie einen bösen Schein,
und öffentlich Aergerniß, das doch ein Christ auf
alle Weise vermeyden soll, von sich. Nachdem
ihnen mehr um die Löschung der Brunst, als um die
Zeugungen der Kinder zu thun seyn wird, so wird
ihr gantzer Umgang mehrentheis in nichts als in
Hurerey und Unreinigkeit bestehen. Sie stürtzen
sich in große Versuchung, daß entweder alle bey-
de einander, oder doch ein Theil des andern möch-
te überdrüßig werden, und ihre gantze Gewissens-
Ehe, oder ihr Vorsatz einander biß in Tod zu lie-
ben, mehrentheils durch die Zeit, und nach genug-
sam abgebuhlter Brunst in einen flüchtigen ver-
gänglichen Trieb, und in eine große Kaltsinnigkeit
werde verwandelt werden. Sie erwecken sich

mancher-

II. Theil. XV. Capitul.
zwar trauen laſſen, aber gantz heimlich, etwan an
Roͤmiſch-Catholiſchen Oertern, oder yon einem
abgeſetzten Prieſter, und ſich einen heimlichen
Trau-Schein geben laſſen, und ſich ſo weit es
verborgen bleiben kan, als heimliche Ehe-Leute
auffuͤhren. Dieſe Mariages de conſcience koͤn-
nen auch noch auf andere Weiſe modificirt und
eingerichtet werden, es mag aber an dieſen drey
beruͤhrten Faͤllen genug ſeyn.

§. 13. Meines Erachtens ſteckt bey allen dieſen
drey Faͤllen etwas ſuͤndliches und unvernuͤnfftiges.
Dieſe Liebhaber ſind ja wegen ihres Tempera-
ments
und nach der Vorſchrifft des in ihre Glie-
der eingelegten Geſetzes zu einem ordentlichen und
rechtmaͤßigen Eheſtand verbunden; Bey dem er-
ſten und dritten Fall geben ſie einen boͤſen Schein,
und oͤffentlich Aergerniß, das doch ein Chriſt auf
alle Weiſe vermeyden ſoll, von ſich. Nachdem
ihnen mehr um die Loͤſchung der Brunſt, als um die
Zeugungen der Kinder zu thun ſeyn wird, ſo wird
ihr gantzer Umgang mehrentheis in nichts als in
Hurerey und Unreinigkeit beſtehen. Sie ſtuͤrtzen
ſich in große Verſuchung, daß entweder alle bey-
de einander, oder doch ein Theil des andern moͤch-
te uͤberdruͤßig werden, und ihre gantze Gewiſſens-
Ehe, oder ihr Vorſatz einander biß in Tod zu lie-
ben, mehrentheils durch die Zeit, und nach genug-
ſam abgebuhlter Brunſt in einen fluͤchtigen ver-
gaͤnglichen Trieb, und in eine große Kaltſinnigkeit
werde verwandelt werden. Sie erwecken ſich

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[602/0622] II. Theil. XV. Capitul. zwar trauen laſſen, aber gantz heimlich, etwan an Roͤmiſch-Catholiſchen Oertern, oder yon einem abgeſetzten Prieſter, und ſich einen heimlichen Trau-Schein geben laſſen, und ſich ſo weit es verborgen bleiben kan, als heimliche Ehe-Leute auffuͤhren. Dieſe Mariages de conſcience koͤn- nen auch noch auf andere Weiſe modificirt und eingerichtet werden, es mag aber an dieſen drey beruͤhrten Faͤllen genug ſeyn. §. 13. Meines Erachtens ſteckt bey allen dieſen drey Faͤllen etwas ſuͤndliches und unvernuͤnfftiges. Dieſe Liebhaber ſind ja wegen ihres Tempera- ments und nach der Vorſchrifft des in ihre Glie- der eingelegten Geſetzes zu einem ordentlichen und rechtmaͤßigen Eheſtand verbunden; Bey dem er- ſten und dritten Fall geben ſie einen boͤſen Schein, und oͤffentlich Aergerniß, das doch ein Chriſt auf alle Weiſe vermeyden ſoll, von ſich. Nachdem ihnen mehr um die Loͤſchung der Brunſt, als um die Zeugungen der Kinder zu thun ſeyn wird, ſo wird ihr gantzer Umgang mehrentheis in nichts als in Hurerey und Unreinigkeit beſtehen. Sie ſtuͤrtzen ſich in große Verſuchung, daß entweder alle bey- de einander, oder doch ein Theil des andern moͤch- te uͤberdruͤßig werden, und ihre gantze Gewiſſens- Ehe, oder ihr Vorſatz einander biß in Tod zu lie- ben, mehrentheils durch die Zeit, und nach genug- ſam abgebuhlter Brunſt in einen fluͤchtigen ver- gaͤnglichen Trieb, und in eine große Kaltſinnigkeit werde verwandelt werden. Sie erwecken ſich mancher-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/622>, abgerufen am 22.11.2024.