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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XV. Capitul.
stellungen an, sondern rennen öffters wie die tollen
Hengste aus Brunst in den Ehestand, und zugleich
in ihr Verderben.

§. 4. Nachdem ich hier der mes alliancen Er-
wehnung gethan, so würde sich mir ein sehr groß
Feld zu einer weitläufftigen moralischen Abhand-
lung eröffnen, was auf Seiten derer, die sie schlüs-
sen, ingleichen auf Seiten derer, die hierüber urthei-
len, vernünfftiges und unvernünfftiges vorgehet;
doch dieses ist mir jetzund zu weitläufftig, ich ver-
spahr es an einen andern Ort, und zu einer andern
Zeit, finde aber doch vor nöthig, nur eines und das
andere hievon anzuführen.

§. 5. Diese ungleiche Heyrathen werden vor
schlechter, vor unansehnlicher und unvollkommener
gehalten, nicht allein, wenn eine höhere Person ih-
ren vorigen Stand gantz und gar verläst, und sich
mit einer Person geringern Standes verehliget, als
wenn z. E. ein Fürst oder ein Graf sich mit einem
adelichen Fräulein in ein ehlich Bündniß einläst,
oder wenn ein Cavalier ein Bürger-Mädgen hey-
rathet, sondern auch, wenn eine Person ihren ange-
bohrnen Stand zwar nicht verläst, jedoch eine sol-
che zu ihren Ehegatten erwehlet, die von geringerer
Ankunfft, derer Eltern von schlechtern Ansehen,
Range und Bedienung, und also der Ehre und an-
dern bürgerlichen Umständen nach, weit unvollkom-
mener, als sie. Die Adelichen, und die von hö-
herm Range, sind es nicht allein, deren ein großer
Theil bißweilen mit Raison, bißweilen aber auch

ohne

II. Theil. XV. Capitul.
ſtellungen an, ſondern rennen oͤffters wie die tollen
Hengſte aus Brunſt in den Eheſtand, und zugleich
in ihr Verderben.

§. 4. Nachdem ich hier der mes alliançen Er-
wehnung gethan, ſo wuͤrde ſich mir ein ſehr groß
Feld zu einer weitlaͤufftigen moraliſchen Abhand-
lung eroͤffnen, was auf Seiten derer, die ſie ſchluͤſ-
ſen, ingleichen auf Seiten derer, die hieruͤber urthei-
len, vernuͤnfftiges und unvernuͤnfftiges vorgehet;
doch dieſes iſt mir jetzund zu weitlaͤufftig, ich ver-
ſpahr es an einen andern Ort, und zu einer andern
Zeit, finde aber doch vor noͤthig, nur eines und das
andere hievon anzufuͤhren.

§. 5. Dieſe ungleiche Heyrathen werden vor
ſchlechter, vor unanſehnlicher und unvollkommener
gehalten, nicht allein, wenn eine hoͤhere Perſon ih-
ren vorigen Stand gantz und gar verlaͤſt, und ſich
mit einer Perſon geringern Standes verehliget, als
wenn z. E. ein Fuͤrſt oder ein Graf ſich mit einem
adelichen Fraͤulein in ein ehlich Buͤndniß einlaͤſt,
oder wenn ein Cavalier ein Buͤrger-Maͤdgen hey-
rathet, ſondern auch, wenn eine Perſon ihren ange-
bohrnen Stand zwar nicht verlaͤſt, jedoch eine ſol-
che zu ihren Ehegatten erwehlet, die von geringerer
Ankunfft, derer Eltern von ſchlechtern Anſehen,
Range und Bedienung, und alſo der Ehre und an-
dern buͤrgerlichen Umſtaͤnden nach, weit unvollkom-
mener, als ſie. Die Adelichen, und die von hoͤ-
herm Range, ſind es nicht allein, deren ein großer
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ohne
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[592/0612] II. Theil. XV. Capitul. ſtellungen an, ſondern rennen oͤffters wie die tollen Hengſte aus Brunſt in den Eheſtand, und zugleich in ihr Verderben. §. 4. Nachdem ich hier der mes alliançen Er- wehnung gethan, ſo wuͤrde ſich mir ein ſehr groß Feld zu einer weitlaͤufftigen moraliſchen Abhand- lung eroͤffnen, was auf Seiten derer, die ſie ſchluͤſ- ſen, ingleichen auf Seiten derer, die hieruͤber urthei- len, vernuͤnfftiges und unvernuͤnfftiges vorgehet; doch dieſes iſt mir jetzund zu weitlaͤufftig, ich ver- ſpahr es an einen andern Ort, und zu einer andern Zeit, finde aber doch vor noͤthig, nur eines und das andere hievon anzufuͤhren. §. 5. Dieſe ungleiche Heyrathen werden vor ſchlechter, vor unanſehnlicher und unvollkommener gehalten, nicht allein, wenn eine hoͤhere Perſon ih- ren vorigen Stand gantz und gar verlaͤſt, und ſich mit einer Perſon geringern Standes verehliget, als wenn z. E. ein Fuͤrſt oder ein Graf ſich mit einem adelichen Fraͤulein in ein ehlich Buͤndniß einlaͤſt, oder wenn ein Cavalier ein Buͤrger-Maͤdgen hey- rathet, ſondern auch, wenn eine Perſon ihren ange- bohrnen Stand zwar nicht verlaͤſt, jedoch eine ſol- che zu ihren Ehegatten erwehlet, die von geringerer Ankunfft, derer Eltern von ſchlechtern Anſehen, Range und Bedienung, und alſo der Ehre und an- dern buͤrgerlichen Umſtaͤnden nach, weit unvollkom- mener, als ſie. Die Adelichen, und die von hoͤ- herm Range, ſind es nicht allein, deren ein großer Theil bißweilen mit Raiſon, bißweilen aber auch ohne

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/612>, abgerufen am 22.11.2024.