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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. V. Capitul.
den wir, nach der neuesten Mode, mit Jhrer hohen
Excellenz beehren solten, nur schlechthin Jhro Ex-
cellenz,
oder die vornehme Ministers Frau, Jhro
Gnaden, die sonst eine Excellenz begehrt, so bege-
hen wir schon einen grossen Fehler, und unser übri-
ger Vortrag wird hernach von keiner uns gar zu
vortheilhafften Würckung seyn.

§. 23. Die Stühle sind in den Zimmern der
vornehmen Leute, denen wir unsere Aufwartung
machen, entweder allbereits in der Ordnung gesetzt,
wie sie stehen sollen, oder werden doch zu der Zeit,
wenn wir kommen, von den Laquays gerücket. Wo
man aber Befehl bekommt, sich niederzusetzen, und
man soll selbst zu einem Stuhle greiffen, so hat man
dreyerley hierbey zu beobachten: Zum ersten, daß
man weder nach einen Stuhl mit Armen, noch nach
einen, der ohne Lehne und Rücken ist, greiffe, wenn
man nemlich die Wahl hat, daß andere vorhanden,
weil wir uns durch beydes lächerlich machen wür-
den, eines würde zu viel, das andere zu wenig seyn;
Zum andern, daß man seinen Stuhl nicht nach der
Oberstelle zu rücke, sondern, so viel als möglich, und
der andere verstatten will, nach der Unterstelle; und
zum dritten, daß man auch die rechte Distance treffe,
damit man der vornehmen Person nicht zu nahe
über den Halse sitze, jedennoch auch nicht den Stuhl,
wie einige aus allzu grosser Demuth und Sittsam-
keit zu thun pflegen, fast biß an die Stuben-Thüre
rücke, daß man hernach die andere Person, wenn
sie eine etwas schwache und leise Sprache hat, fast

nicht

II. Theil. V. Capitul.
den wir, nach der neueſten Mode, mit Jhrer hohen
Excellenz beehren ſolten, nur ſchlechthin Jhro Ex-
cellenz,
oder die vornehme Miniſters Frau, Jhro
Gnaden, die ſonſt eine Excellenz begehrt, ſo bege-
hen wir ſchon einen groſſen Fehler, und unſer uͤbri-
ger Vortrag wird hernach von keiner uns gar zu
vortheilhafften Wuͤrckung ſeyn.

§. 23. Die Stuͤhle ſind in den Zimmern der
vornehmen Leute, denen wir unſere Aufwartung
machen, entweder allbereits in der Ordnung geſetzt,
wie ſie ſtehen ſollen, oder werden doch zu der Zeit,
wenn wir kommen, von den Laquays geruͤcket. Wo
man aber Befehl bekommt, ſich niederzuſetzen, und
man ſoll ſelbſt zu einem Stuhle greiffen, ſo hat man
dreyerley hierbey zu beobachten: Zum erſten, daß
man weder nach einen Stuhl mit Armen, noch nach
einen, der ohne Lehne und Ruͤcken iſt, greiffe, wenn
man nemlich die Wahl hat, daß andere vorhanden,
weil wir uns durch beydes laͤcherlich machen wuͤr-
den, eines wuͤrde zu viel, das andere zu wenig ſeyn;
Zum andern, daß man ſeinen Stuhl nicht nach der
Oberſtelle zu ruͤcke, ſondern, ſo viel als moͤglich, und
der andere verſtatten will, nach der Unterſtelle; und
zum dritten, daß man auch die rechte Diſtance treffe,
damit man der vornehmen Perſon nicht zu nahe
uͤber den Halſe ſitze, jedennoch auch nicht den Stuhl,
wie einige aus allzu groſſer Demuth und Sittſam-
keit zu thun pflegen, faſt biß an die Stuben-Thuͤre
ruͤcke, daß man hernach die andere Perſon, wenn
ſie eine etwas ſchwache und leiſe Sprache hat, faſt

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[354/0374] II. Theil. V. Capitul. den wir, nach der neueſten Mode, mit Jhrer hohen Excellenz beehren ſolten, nur ſchlechthin Jhro Ex- cellenz, oder die vornehme Miniſters Frau, Jhro Gnaden, die ſonſt eine Excellenz begehrt, ſo bege- hen wir ſchon einen groſſen Fehler, und unſer uͤbri- ger Vortrag wird hernach von keiner uns gar zu vortheilhafften Wuͤrckung ſeyn. §. 23. Die Stuͤhle ſind in den Zimmern der vornehmen Leute, denen wir unſere Aufwartung machen, entweder allbereits in der Ordnung geſetzt, wie ſie ſtehen ſollen, oder werden doch zu der Zeit, wenn wir kommen, von den Laquays geruͤcket. Wo man aber Befehl bekommt, ſich niederzuſetzen, und man ſoll ſelbſt zu einem Stuhle greiffen, ſo hat man dreyerley hierbey zu beobachten: Zum erſten, daß man weder nach einen Stuhl mit Armen, noch nach einen, der ohne Lehne und Ruͤcken iſt, greiffe, wenn man nemlich die Wahl hat, daß andere vorhanden, weil wir uns durch beydes laͤcherlich machen wuͤr- den, eines wuͤrde zu viel, das andere zu wenig ſeyn; Zum andern, daß man ſeinen Stuhl nicht nach der Oberſtelle zu ruͤcke, ſondern, ſo viel als moͤglich, und der andere verſtatten will, nach der Unterſtelle; und zum dritten, daß man auch die rechte Diſtance treffe, damit man der vornehmen Perſon nicht zu nahe uͤber den Halſe ſitze, jedennoch auch nicht den Stuhl, wie einige aus allzu groſſer Demuth und Sittſam- keit zu thun pflegen, faſt biß an die Stuben-Thuͤre ruͤcke, daß man hernach die andere Perſon, wenn ſie eine etwas ſchwache und leiſe Sprache hat, faſt nicht

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/374>, abgerufen am 27.11.2024.