Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. V. Capitul.
bringen. Es thut einer am sichersten, wenn man
vor der Visite, entweder bey der Dame selbst, oder
bey ihren Eltern und Anverwandten, bey denen sie
im Hause ist, sich erkundiget, ob man wohl die Er-
laubniß habe, ihr aufzuwarten. Alsdenn kan man
aus der Antwort bald abnehmen, ob wir wohl an-
genehm seyn möchten, oder nicht.

§. 19. Bey dem Besuch der Dames muß man
alle Gelegenheit vermeiden, dadurch man ihnen und
dem Frauenzimmer einigen ungleichen Verdacht
wider sich erwecken, und zu mancherley übeln Ur-
theilen Anlaß geben könte. Also muß man hiebey
alle ungewöhnliche Oerter, Zeiten und Gesellschaff-
ten fliehen, insonderheit auch die Observanz, wie es
etwan an einem jeden Orte des Herkommens ist,
zugleich mit zu Rathe ziehen. An einigen Orten ist
es erlaubt und hergebracht, daß junge Cavaliers
den Weibern der vornehmen Ministris ihre Auf-
wartung machen, ob schon ihre Männer abwesend,
und trifft man täglich, theils grosse, theils kleine Ge-
sellschafften bey ihnen an. An andern Orten hin-
gegen würden viel verheyrathete Dames, in Abwe-
senheit ihrer Männer, dergleichen Visiten depreci-
ren. Man findet auch wohl unterschiedene Da-
mes
an grossen Oertern, denen zu derselben Zeit mit
dieser Aufwartung nicht gar viel gedient ist. Nach-
dem sie nun, entweder von der Galanterie, oder von
der Haußwirthschafft Profession machen, oder sonst
ihren Umständen nach, darinne sie sich, wegen des
Characters ihrer Männer, befinden, und des unver-

meidli-

II. Theil. V. Capitul.
bringen. Es thut einer am ſicherſten, wenn man
vor der Viſite, entweder bey der Dame ſelbſt, oder
bey ihren Eltern und Anverwandten, bey denen ſie
im Hauſe iſt, ſich erkundiget, ob man wohl die Er-
laubniß habe, ihr aufzuwarten. Alsdenn kan man
aus der Antwort bald abnehmen, ob wir wohl an-
genehm ſeyn moͤchten, oder nicht.

§. 19. Bey dem Beſuch der Dames muß man
alle Gelegenheit vermeiden, dadurch man ihnen und
dem Frauenzimmer einigen ungleichen Verdacht
wider ſich erwecken, und zu mancherley uͤbeln Ur-
theilen Anlaß geben koͤnte. Alſo muß man hiebey
alle ungewoͤhnliche Oerter, Zeiten und Geſellſchaff-
ten fliehen, inſonderheit auch die Obſervanz, wie es
etwan an einem jeden Orte des Herkommens iſt,
zugleich mit zu Rathe ziehen. An einigen Orten iſt
es erlaubt und hergebracht, daß junge Cavaliers
den Weibern der vornehmen Miniſtris ihre Auf-
wartung machen, ob ſchon ihre Maͤnner abweſend,
und trifft man taͤglich, theils groſſe, theils kleine Ge-
ſellſchafften bey ihnen an. An andern Orten hin-
gegen wuͤrden viel verheyrathete Dames, in Abwe-
ſenheit ihrer Maͤnner, dergleichen Viſiten depreci-
ren. Man findet auch wohl unterſchiedene Da-
mes
an groſſen Oertern, denen zu derſelben Zeit mit
dieſer Aufwartung nicht gar viel gedient iſt. Nach-
dem ſie nun, entweder von der Galanterie, oder von
der Haußwirthſchafft Profeſſion machen, oder ſonſt
ihren Umſtaͤnden nach, darinne ſie ſich, wegen des
Characters ihrer Maͤnner, befinden, und des unver-

meidli-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0372" n="352"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
bringen. Es thut einer am &#x017F;icher&#x017F;ten, wenn man<lb/>
vor der <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;ite,</hi> entweder bey der <hi rendition="#aq">Dame</hi> &#x017F;elb&#x017F;t, oder<lb/>
bey ihren Eltern und Anverwandten, bey denen &#x017F;ie<lb/>
im Hau&#x017F;e i&#x017F;t, &#x017F;ich erkundiget, ob man wohl die Er-<lb/>
laubniß habe, ihr aufzuwarten. Alsdenn kan man<lb/>
aus der Antwort bald abnehmen, ob wir wohl an-<lb/>
genehm &#x017F;eyn mo&#x0364;chten, oder nicht.</p><lb/>
        <p>§. 19. Bey dem Be&#x017F;uch der <hi rendition="#aq">Dames</hi> muß man<lb/>
alle Gelegenheit vermeiden, dadurch man ihnen und<lb/>
dem Frauenzimmer einigen ungleichen Verdacht<lb/>
wider &#x017F;ich erwecken, und zu mancherley u&#x0364;beln Ur-<lb/>
theilen Anlaß geben ko&#x0364;nte. Al&#x017F;o muß man hiebey<lb/>
alle ungewo&#x0364;hnliche Oerter, Zeiten und Ge&#x017F;ell&#x017F;chaff-<lb/>
ten fliehen, in&#x017F;onderheit auch die <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervanz,</hi> wie es<lb/>
etwan an einem jeden Orte des Herkommens i&#x017F;t,<lb/>
zugleich mit zu Rathe ziehen. An einigen Orten i&#x017F;t<lb/>
es erlaubt und hergebracht, daß junge <hi rendition="#aq">Cavaliers</hi><lb/>
den Weibern der vornehmen <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tris</hi> ihre Auf-<lb/>
wartung machen, ob &#x017F;chon ihre Ma&#x0364;nner abwe&#x017F;end,<lb/>
und trifft man ta&#x0364;glich, theils gro&#x017F;&#x017F;e, theils kleine Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafften bey ihnen an. An andern Orten hin-<lb/>
gegen wu&#x0364;rden viel verheyrathete <hi rendition="#aq">Dames,</hi> in Abwe-<lb/>
&#x017F;enheit ihrer Ma&#x0364;nner, dergleichen <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;it</hi>en <hi rendition="#aq">depreci-</hi><lb/>
ren. Man findet auch wohl unter&#x017F;chiedene <hi rendition="#aq">Da-<lb/>
mes</hi> an gro&#x017F;&#x017F;en Oertern, denen zu der&#x017F;elben Zeit mit<lb/>
die&#x017F;er Aufwartung nicht gar viel gedient i&#x017F;t. Nach-<lb/>
dem &#x017F;ie nun, entweder von der <hi rendition="#aq">Galanterie,</hi> oder von<lb/>
der Haußwirth&#x017F;chafft <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> machen, oder &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
ihren Um&#x017F;ta&#x0364;nden nach, darinne &#x017F;ie &#x017F;ich, wegen des<lb/><hi rendition="#aq">Characters</hi> ihrer Ma&#x0364;nner, befinden, und des unver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">meidli-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0372] II. Theil. V. Capitul. bringen. Es thut einer am ſicherſten, wenn man vor der Viſite, entweder bey der Dame ſelbſt, oder bey ihren Eltern und Anverwandten, bey denen ſie im Hauſe iſt, ſich erkundiget, ob man wohl die Er- laubniß habe, ihr aufzuwarten. Alsdenn kan man aus der Antwort bald abnehmen, ob wir wohl an- genehm ſeyn moͤchten, oder nicht. §. 19. Bey dem Beſuch der Dames muß man alle Gelegenheit vermeiden, dadurch man ihnen und dem Frauenzimmer einigen ungleichen Verdacht wider ſich erwecken, und zu mancherley uͤbeln Ur- theilen Anlaß geben koͤnte. Alſo muß man hiebey alle ungewoͤhnliche Oerter, Zeiten und Geſellſchaff- ten fliehen, inſonderheit auch die Obſervanz, wie es etwan an einem jeden Orte des Herkommens iſt, zugleich mit zu Rathe ziehen. An einigen Orten iſt es erlaubt und hergebracht, daß junge Cavaliers den Weibern der vornehmen Miniſtris ihre Auf- wartung machen, ob ſchon ihre Maͤnner abweſend, und trifft man taͤglich, theils groſſe, theils kleine Ge- ſellſchafften bey ihnen an. An andern Orten hin- gegen wuͤrden viel verheyrathete Dames, in Abwe- ſenheit ihrer Maͤnner, dergleichen Viſiten depreci- ren. Man findet auch wohl unterſchiedene Da- mes an groſſen Oertern, denen zu derſelben Zeit mit dieſer Aufwartung nicht gar viel gedient iſt. Nach- dem ſie nun, entweder von der Galanterie, oder von der Haußwirthſchafft Profeſſion machen, oder ſonſt ihren Umſtaͤnden nach, darinne ſie ſich, wegen des Characters ihrer Maͤnner, befinden, und des unver- meidli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/372
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/372>, abgerufen am 18.05.2024.