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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. V. Capitul.
ten, an die Ministris, und von diesen so weiter an
die Könige und Chur-Fürsten praesentirt; er be-
kommt vieles ohne grosse Unkosten bey Audientzen
und sonsten zu sehen, und lebt unter seiner Protection
vor allerhand Zufällen, mehr als andere, gesichert,
kan auch, wenn es nöthig, sich auf selbige beruffen.
S. des Herrn von Tschirnau getreuen Hofmeister,
pag. 150.

§. 8. Hat ein junger Cavalier das Glück, in ei-
nigen vornehmen Häusern bekandt zu seyn, so muß
er zwar solche Bekandtschafften auf alle Weise zu
cultiviren suchen, jedoch aber auch diesen vorneh-
men Leuten durch seine allzu öfftern Visiten nicht be-
schwerlich fallen. Er muß sich nach ihrem Hu-
meur
richten, ob sie viel Visiten verlangen, oder
nicht, indem die Gemüther der grossen Ministris
auch hierinnen unterschieden: Einige wollen sehr
respectirt seyn, und sehen es gerne, wenn sich dieje-
nigen, die einiger maßen von ihnen dependent sind,
fast täglich in ihren Vorgemächern zeigen; wenn
sie in einiger Zeit nichts von ihnen gespührt, erthei-
len sie ihnen wohl gar Verweise. Andere aber sind
in diesem Stück gütiger, sie sind zufrieden, wenn sich
junge Leute, die unter ihrer Protection stehen, dann
und wann zu ihrem Befehlen anbiethen, und wür-
digen sie ihrer gnädigen Vorsorge, wenn sie nur
sonst fortfahren, sich wohl aufzuführen.

§. 9. Jst man an fremden Orten, und man will
vornehmern Ministris seine Aufwartung machen,
so muß man sich vorher erkundigen, ob es wohl, dem

Ge-

II. Theil. V. Capitul.
ten, an die Miniſtris, und von dieſen ſo weiter an
die Koͤnige und Chur-Fuͤrſten præſentirt; er be-
kommt vieles ohne groſſe Unkoſten bey Audientzen
und ſonſten zu ſehen, und lebt unter ſeiner Protection
vor allerhand Zufaͤllen, mehr als andere, geſichert,
kan auch, wenn es noͤthig, ſich auf ſelbige beruffen.
S. des Herrn von Tſchirnau getreuen Hofmeiſter,
pag. 150.

§. 8. Hat ein junger Cavalier das Gluͤck, in ei-
nigen vornehmen Haͤuſern bekandt zu ſeyn, ſo muß
er zwar ſolche Bekandtſchafften auf alle Weiſe zu
cultiviren ſuchen, jedoch aber auch dieſen vorneh-
men Leuten durch ſeine allzu oͤfftern Viſiten nicht be-
ſchwerlich fallen. Er muß ſich nach ihrem Hu-
meur
richten, ob ſie viel Viſiten verlangen, oder
nicht, indem die Gemuͤther der groſſen Miniſtris
auch hierinnen unterſchieden: Einige wollen ſehr
reſpectirt ſeyn, und ſehen es gerne, wenn ſich dieje-
nigen, die einiger maßen von ihnen dependent ſind,
faſt taͤglich in ihren Vorgemaͤchern zeigen; wenn
ſie in einiger Zeit nichts von ihnen geſpuͤhrt, erthei-
len ſie ihnen wohl gar Verweiſe. Andere aber ſind
in dieſem Stuͤck guͤtiger, ſie ſind zufrieden, wenn ſich
junge Leute, die unter ihrer Protection ſtehen, dann
und wann zu ihrem Befehlen anbiethen, und wuͤr-
digen ſie ihrer gnaͤdigen Vorſorge, wenn ſie nur
ſonſt fortfahren, ſich wohl aufzufuͤhren.

§. 9. Jſt man an fremden Orten, und man will
vornehmern Miniſtris ſeine Aufwartung machen,
ſo muß man ſich vorher erkundigen, ob es wohl, dem

Ge-
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[346/0366] II. Theil. V. Capitul. ten, an die Miniſtris, und von dieſen ſo weiter an die Koͤnige und Chur-Fuͤrſten præſentirt; er be- kommt vieles ohne groſſe Unkoſten bey Audientzen und ſonſten zu ſehen, und lebt unter ſeiner Protection vor allerhand Zufaͤllen, mehr als andere, geſichert, kan auch, wenn es noͤthig, ſich auf ſelbige beruffen. S. des Herrn von Tſchirnau getreuen Hofmeiſter, pag. 150. §. 8. Hat ein junger Cavalier das Gluͤck, in ei- nigen vornehmen Haͤuſern bekandt zu ſeyn, ſo muß er zwar ſolche Bekandtſchafften auf alle Weiſe zu cultiviren ſuchen, jedoch aber auch dieſen vorneh- men Leuten durch ſeine allzu oͤfftern Viſiten nicht be- ſchwerlich fallen. Er muß ſich nach ihrem Hu- meur richten, ob ſie viel Viſiten verlangen, oder nicht, indem die Gemuͤther der groſſen Miniſtris auch hierinnen unterſchieden: Einige wollen ſehr reſpectirt ſeyn, und ſehen es gerne, wenn ſich dieje- nigen, die einiger maßen von ihnen dependent ſind, faſt taͤglich in ihren Vorgemaͤchern zeigen; wenn ſie in einiger Zeit nichts von ihnen geſpuͤhrt, erthei- len ſie ihnen wohl gar Verweiſe. Andere aber ſind in dieſem Stuͤck guͤtiger, ſie ſind zufrieden, wenn ſich junge Leute, die unter ihrer Protection ſtehen, dann und wann zu ihrem Befehlen anbiethen, und wuͤr- digen ſie ihrer gnaͤdigen Vorſorge, wenn ſie nur ſonſt fortfahren, ſich wohl aufzufuͤhren. §. 9. Jſt man an fremden Orten, und man will vornehmern Miniſtris ſeine Aufwartung machen, ſo muß man ſich vorher erkundigen, ob es wohl, dem Ge-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/366>, abgerufen am 26.11.2024.