rentation anfangen: HErr lehre uns bedencken daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden, und bey einer moralischen Abhandlung zeigen, daß die Betrachtung der Sterblichkeit ein gegründetes Mittel sey, zur Erlangung der wahren Klugheit. Er kan auch auf eine andere Weise, bey einem welt- lichen Themate, hier und da entweder einen Spruch göttlichen Wortes mit anführen, oder doch einen und dem andern theologischen Grund auf eine verborgene und verstrickte Art unter die andern mit einmengen, sich auch wohl auf eines und das ande- re biblische Exempel beziehen.
§. 19. Viele stehen in den Gedancken, als ob keine Rede vor recht zierlich zu achten, wenn sie nicht mit ein hauffen Gleichnissen, Sinnbildern, Exempeln, Zeugnissen berühmter Leute und andern dergleichen Spielwercken ausgeputzt wäre. Doch dieses ist ein Vorurtheil, welches uns von Jugend auf beygebracht worden, da wir von unsern Lehr- meistern nach der gewöhnlichen Lehr-Art den Un- terricht in der Rede-Kunst erhalten. Wenn man die Reden der vornehmen Ministres ansiehet, so findet man aus vielen Exempeln, daß ein aus der Morale wohl ausgesuchtes Thema, wenn es mit guten Gründen auf eine überzeugende Weise vor- getragen, und mit erlesenen Worten ausgesprochen wird, einer Rede eben so grosse Zierde zu wege bringen können, als das übrige Zeug, damit die andern ihre Reden ausstaffiren, inzwischen sind die Exempel, Gleichnisse, Sinnbilder, Zeugnisse, u. s. w.
wenn
Von Ablegung oͤffentlicher Reden.
rentation anfangen: HErr lehre uns bedencken daß wir ſterben muͤſſen, auf daß wir klug werden, und bey einer moraliſchen Abhandlung zeigen, daß die Betrachtung der Sterblichkeit ein gegruͤndetes Mittel ſey, zur Erlangung der wahren Klugheit. Er kan auch auf eine andere Weiſe, bey einem welt- lichen Themate, hier und da entweder einen Spruch goͤttlichen Wortes mit anfuͤhren, oder doch einen und dem andern theologiſchen Grund auf eine verborgene und verſtrickte Art unter die andern mit einmengen, ſich auch wohl auf eines und das ande- re bibliſche Exempel beziehen.
§. 19. Viele ſtehen in den Gedancken, als ob keine Rede vor recht zierlich zu achten, wenn ſie nicht mit ein hauffen Gleichniſſen, Sinnbildern, Exempeln, Zeugniſſen beruͤhmter Leute und andern dergleichen Spielwercken ausgeputzt waͤre. Doch dieſes iſt ein Vorurtheil, welches uns von Jugend auf beygebracht worden, da wir von unſern Lehr- meiſtern nach der gewoͤhnlichen Lehr-Art den Un- terricht in der Rede-Kunſt erhalten. Wenn man die Reden der vornehmen Miniſtres anſiehet, ſo findet man aus vielen Exempeln, daß ein aus der Morale wohl ausgeſuchtes Thema, wenn es mit guten Gruͤnden auf eine uͤberzeugende Weiſe vor- getragen, und mit erleſenen Worten ausgeſprochen wird, einer Rede eben ſo groſſe Zierde zu wege bringen koͤnnen, als das uͤbrige Zeug, damit die andern ihre Reden ausſtaffiren, inzwiſchen ſind die Exempel, Gleichniſſe, Sinnbilder, Zeugniſſe, u. ſ. w.
wenn
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Von Ablegung oͤffentlicher Reden.
rentation anfangen: HErr lehre uns bedencken
daß wir ſterben muͤſſen, auf daß wir klug werden,
und bey einer moraliſchen Abhandlung zeigen, daß
die Betrachtung der Sterblichkeit ein gegruͤndetes
Mittel ſey, zur Erlangung der wahren Klugheit. Er
kan auch auf eine andere Weiſe, bey einem welt-
lichen Themate, hier und da entweder einen Spruch
goͤttlichen Wortes mit anfuͤhren, oder doch einen
und dem andern theologiſchen Grund auf eine
verborgene und verſtrickte Art unter die andern mit
einmengen, ſich auch wohl auf eines und das ande-
re bibliſche Exempel beziehen.
§. 19. Viele ſtehen in den Gedancken, als ob
keine Rede vor recht zierlich zu achten, wenn ſie
nicht mit ein hauffen Gleichniſſen, Sinnbildern,
Exempeln, Zeugniſſen beruͤhmter Leute und andern
dergleichen Spielwercken ausgeputzt waͤre. Doch
dieſes iſt ein Vorurtheil, welches uns von Jugend
auf beygebracht worden, da wir von unſern Lehr-
meiſtern nach der gewoͤhnlichen Lehr-Art den Un-
terricht in der Rede-Kunſt erhalten. Wenn man
die Reden der vornehmen Miniſtres anſiehet, ſo
findet man aus vielen Exempeln, daß ein aus der
Morale wohl ausgeſuchtes Thema, wenn es mit
guten Gruͤnden auf eine uͤberzeugende Weiſe vor-
getragen, und mit erleſenen Worten ausgeſprochen
wird, einer Rede eben ſo groſſe Zierde zu wege
bringen koͤnnen, als das uͤbrige Zeug, damit die
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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