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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Ablegung öffentlicher Reden.
de, unter einer Stand-Rede oder Leich-Abdan-
ckung, und unter einer Leichen-Predigt, so ist und
bleibet doch auch ein gewaltiger Jrrthum, daß kei-
nem weltlichen Redner anständig sey, etwas aus
dem Worte GOttes in seinen Reden mit anzu-
führen.

§. 17. Da ein weltlicher Redner auch in diesem
Stück, Worte zu seiner Zeit zu reden hat, so muß er
bey Anführung der heil. Schrifft vorhero zweyerley
in Betrachtung ziehen. Er muß überlegen, an
was vor einem Orte und bey was vor Gelegen-
heit er das Wort GOttes anführen und applici-
ren will, und dann hernach auf die Art und Weise
sinnen, wie er sie anbringen will. Er muß also die
heilige Schrifft in geringsten nicht bey solchen Fäl-
len anführen, wo es zu ihrer Verunehrung oder zu
Verspottung GOttes gereichen würde, aber wohl,
wo bey einer und andern Gelegenheit ein aus gött-
licher Schrifft gezogener Bewegungs-Grund ei-
nen bessern Eindruck in die Gemüther der Zuhörer
zu erwecken, vermögend ist, der dem Zweck der Re-
de und des Redners gemäß. Es wäre demnach
ein offenbahrer Mißbrauch des göttlichen Wortes,
wenn ein junger Cavalier bey Uberreichung eines
Stroh-Crantzes auf einer Hochzeit, bey einer den
Eitelkeiten der Welt ergebnen Gesellschafft in einer
Rede, die mit lauter schertzhafften auch wohl sünd-
lichen Redens-Arten angefüllt, einige Sprüche
aus der heiligen Schrifft unter die andern Tände-
leyen mit einmengen wolte. Hingegen lassen sich

einige

Von Ablegung oͤffentlicher Reden.
de, unter einer Stand-Rede oder Leich-Abdan-
ckung, und unter einer Leichen-Predigt, ſo iſt und
bleibet doch auch ein gewaltiger Jrrthum, daß kei-
nem weltlichen Redner anſtaͤndig ſey, etwas aus
dem Worte GOttes in ſeinen Reden mit anzu-
fuͤhren.

§. 17. Da ein weltlicher Redner auch in dieſem
Stuͤck, Worte zu ſeiner Zeit zu reden hat, ſo muß er
bey Anfuͤhrung der heil. Schrifft vorhero zweyerley
in Betrachtung ziehen. Er muß uͤberlegen, an
was vor einem Orte und bey was vor Gelegen-
heit er das Wort GOttes anfuͤhren und applici-
ren will, und dann hernach auf die Art und Weiſe
ſinnen, wie er ſie anbringen will. Er muß alſo die
heilige Schrifft in geringſten nicht bey ſolchen Faͤl-
len anfuͤhren, wo es zu ihrer Verunehrung oder zu
Verſpottung GOttes gereichen wuͤrde, aber wohl,
wo bey einer und andern Gelegenheit ein aus goͤtt-
licher Schrifft gezogener Bewegungs-Grund ei-
nen beſſern Eindruck in die Gemuͤther der Zuhoͤrer
zu erwecken, vermoͤgend iſt, der dem Zweck der Re-
de und des Redners gemaͤß. Es waͤre demnach
ein offenbahrer Mißbrauch des goͤttlichen Wortes,
wenn ein junger Cavalier bey Uberreichung eines
Stroh-Crantzes auf einer Hochzeit, bey einer den
Eitelkeiten der Welt ergebnen Geſellſchafft in einer
Rede, die mit lauter ſchertzhafften auch wohl ſuͤnd-
lichen Redens-Arten angefuͤllt, einige Spruͤche
aus der heiligen Schrifft unter die andern Taͤnde-
leyen mit einmengen wolte. Hingegen laſſen ſich

einige
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[315/0335] Von Ablegung oͤffentlicher Reden. de, unter einer Stand-Rede oder Leich-Abdan- ckung, und unter einer Leichen-Predigt, ſo iſt und bleibet doch auch ein gewaltiger Jrrthum, daß kei- nem weltlichen Redner anſtaͤndig ſey, etwas aus dem Worte GOttes in ſeinen Reden mit anzu- fuͤhren. §. 17. Da ein weltlicher Redner auch in dieſem Stuͤck, Worte zu ſeiner Zeit zu reden hat, ſo muß er bey Anfuͤhrung der heil. Schrifft vorhero zweyerley in Betrachtung ziehen. Er muß uͤberlegen, an was vor einem Orte und bey was vor Gelegen- heit er das Wort GOttes anfuͤhren und applici- ren will, und dann hernach auf die Art und Weiſe ſinnen, wie er ſie anbringen will. Er muß alſo die heilige Schrifft in geringſten nicht bey ſolchen Faͤl- len anfuͤhren, wo es zu ihrer Verunehrung oder zu Verſpottung GOttes gereichen wuͤrde, aber wohl, wo bey einer und andern Gelegenheit ein aus goͤtt- licher Schrifft gezogener Bewegungs-Grund ei- nen beſſern Eindruck in die Gemuͤther der Zuhoͤrer zu erwecken, vermoͤgend iſt, der dem Zweck der Re- de und des Redners gemaͤß. Es waͤre demnach ein offenbahrer Mißbrauch des goͤttlichen Wortes, wenn ein junger Cavalier bey Uberreichung eines Stroh-Crantzes auf einer Hochzeit, bey einer den Eitelkeiten der Welt ergebnen Geſellſchafft in einer Rede, die mit lauter ſchertzhafften auch wohl ſuͤnd- lichen Redens-Arten angefuͤllt, einige Spruͤche aus der heiligen Schrifft unter die andern Taͤnde- leyen mit einmengen wolte. Hingegen laſſen ſich einige

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/335>, abgerufen am 22.11.2024.