gen Liebe GOttes gegen die Menschen, da er seinen Sohn vor sie in den Tod gegeben, von der uner- meßlichen, erschrecklichen oder erfreulichen Ewigkeit, die uns auf dem Fusse nachgehet, und andern der- gleichen erbaulichen Materien mehr, so wird er se- hen und hören, was die Leute vor Minen dazu ma- chen oder dazu sagen werden; einer wird anfangen zu lachen, der andere wird davon lauffen, manche werden ihm in das Gesichte sagen, diese Discourse gehörten vor die Priester auf die Cantzel, und nicht hieher, viele werden sich zwar in ihren Reden und Geberden verstellen, so lange er gegenwärtig, und hingegen in seiner Abwesenheit desto schlimmer ur- theilen, sie werden ihm entweder vor einen Phanta- sten, Schwärmer, Qvacker, Pietisten, oder doch vor einen schlechten Menschen achten, der nicht zu leben wüßte, und nur abgeschmackt Zeug in seinen Discoursen vorbrächte; Jn mancher Gesellschafft wird sich kein eintziger finden, der hieran Gefallen trägt, in andern aber, und wenn sie auch noch so zahlreich, etwan nur einer oder zwey.
§. 21. Ein rechtschaffener Christ beobachtet zwar auch in diesem Stück die Regeln der Christlichen Klugheit, damit er nicht das Heiligthum gottseeli- ger Lehren vor die Hunde, noch die Perlen göttli- chen Wortes vor die Säue werffen möge. Er weiß, daß schweigen so wohl seine Zeit habe, als reden, und redet Worte zu seiner Zeit. Jnzwi- schen bemühet er sich doch, wo es der Ort, die Zeit und Gesellschafft verstatten will, daß er zur Ehre
GOttes
II. Theil. I. Capitul.
gen Liebe GOttes gegen die Menſchen, da er ſeinen Sohn vor ſie in den Tod gegeben, von der uner- meßlichen, erſchrecklichen oder erfreulichen Ewigkeit, die uns auf dem Fuſſe nachgehet, und andern der- gleichen erbaulichen Materien mehr, ſo wird er ſe- hen und hoͤren, was die Leute vor Minen dazu ma- chen oder dazu ſagen werden; einer wird anfangen zu lachen, der andere wird davon lauffen, manche werden ihm in das Geſichte ſagen, dieſe Diſcourſe gehoͤrten vor die Prieſter auf die Cantzel, und nicht hieher, viele werden ſich zwar in ihren Reden und Geberden verſtellen, ſo lange er gegenwaͤrtig, und hingegen in ſeiner Abweſenheit deſto ſchlimmer ur- theilen, ſie werden ihm entweder vor einen Phanta- ſten, Schwaͤrmer, Qvacker, Pietiſten, oder doch vor einen ſchlechten Menſchen achten, der nicht zu leben wuͤßte, und nur abgeſchmackt Zeug in ſeinen Diſcourſen vorbraͤchte; Jn mancher Geſellſchafft wird ſich kein eintziger finden, der hieran Gefallen traͤgt, in andern aber, und wenn ſie auch noch ſo zahlreich, etwan nur einer oder zwey.
§. 21. Ein rechtſchaffener Chriſt beobachtet zwar auch in dieſem Stuͤck die Regeln der Chriſtlichen Klugheit, damit er nicht das Heiligthum gottſeeli- ger Lehren vor die Hunde, noch die Perlen goͤttli- chen Wortes vor die Saͤue werffen moͤge. Er weiß, daß ſchweigen ſo wohl ſeine Zeit habe, als reden, und redet Worte zu ſeiner Zeit. Jnzwi- ſchen bemuͤhet er ſich doch, wo es der Ort, die Zeit und Geſellſchafft verſtatten will, daß er zur Ehre
GOttes
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II. Theil. I. Capitul.
gen Liebe GOttes gegen die Menſchen, da er ſeinen
Sohn vor ſie in den Tod gegeben, von der uner-
meßlichen, erſchrecklichen oder erfreulichen Ewigkeit,
die uns auf dem Fuſſe nachgehet, und andern der-
gleichen erbaulichen Materien mehr, ſo wird er ſe-
hen und hoͤren, was die Leute vor Minen dazu ma-
chen oder dazu ſagen werden; einer wird anfangen
zu lachen, der andere wird davon lauffen, manche
werden ihm in das Geſichte ſagen, dieſe Diſcourſe
gehoͤrten vor die Prieſter auf die Cantzel, und nicht
hieher, viele werden ſich zwar in ihren Reden und
Geberden verſtellen, ſo lange er gegenwaͤrtig, und
hingegen in ſeiner Abweſenheit deſto ſchlimmer ur-
theilen, ſie werden ihm entweder vor einen Phanta-
ſten, Schwaͤrmer, Qvacker, Pietiſten, oder doch
vor einen ſchlechten Menſchen achten, der nicht zu
leben wuͤßte, und nur abgeſchmackt Zeug in ſeinen
Diſcourſen vorbraͤchte; Jn mancher Geſellſchafft
wird ſich kein eintziger finden, der hieran Gefallen
traͤgt, in andern aber, und wenn ſie auch noch ſo
zahlreich, etwan nur einer oder zwey.
§. 21. Ein rechtſchaffener Chriſt beobachtet zwar
auch in dieſem Stuͤck die Regeln der Chriſtlichen
Klugheit, damit er nicht das Heiligthum gottſeeli-
ger Lehren vor die Hunde, noch die Perlen goͤttli-
chen Wortes vor die Saͤue werffen moͤge. Er
weiß, daß ſchweigen ſo wohl ſeine Zeit habe,
als reden, und redet Worte zu ſeiner Zeit. Jnzwi-
ſchen bemuͤhet er ſich doch, wo es der Ort, die Zeit
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/288>, abgerufen am 16.02.2025.
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