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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. VIII. Capitul.
abgeben müssen, seuffzen sie in ihrem Hertzen zu
GOtt, daß er sich doch der armen blinden Leute,
die ihn nicht kennen, und seinen Ruhe-Tag enthei-
ligen, erbarmen, diese ihre Sünde um Christi wil-
len ihnen nicht zurechnen, und sie bekehren wolle!
sie beklagen, daß diese Tage, die GOtt gewidmet
seyn solten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel
aufgeopffert werden, und sehen, wo sie unter den
Hof-Leuten auch noch eine gottselige Seele finden,
mit der sie ein Christlich Gespräch halten können.

§. 7. Nächst der Gottseligkeit läst ein junger
Cavalier bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen
guter Hof-Mann werden will, seine vornehmste
Sorge dahin gerichtet seyn, wie er die Qualitäten,
die ihm zu rühmlicher Begleitung seiner Hof-Dien-
ste nöthig sind erlangen möge. Er bemühet sich,
die Freundschafft eines alten Hof-Mannes, der
lange Zeit um die Herrschafft gewesen, und ihr Ge-
müthe kennet, und wenn es auch schon nicht einer
von den vornehmsten seyn solte, zu erlangen; er
weiß wohl, daß bißweilen eine sehr geringe Sache
ist, dadurch man sich bey einer Herrschafft gefälli-
ger, oder auch ihr mißfällig macht, und die man
doch, nach allen Regeln der politischen Klugheit,
nicht errathen kan.

§. 8. Mit ungeschickten oder unvernünfftigen
Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es sein
Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlstand
erfordert, und läst sich mit ihm in keine Vertrau-
lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche

Leute

I. Theil. VIII. Capitul.
abgeben muͤſſen, ſeuffzen ſie in ihrem Hertzen zu
GOtt, daß er ſich doch der armen blinden Leute,
die ihn nicht kennen, und ſeinen Ruhe-Tag enthei-
ligen, erbarmen, dieſe ihre Suͤnde um Chriſti wil-
len ihnen nicht zurechnen, und ſie bekehren wolle!
ſie beklagen, daß dieſe Tage, die GOtt gewidmet
ſeyn ſolten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel
aufgeopffert werden, und ſehen, wo ſie unter den
Hof-Leuten auch noch eine gottſelige Seele finden,
mit der ſie ein Chriſtlich Geſpraͤch halten koͤnnen.

§. 7. Naͤchſt der Gottſeligkeit laͤſt ein junger
Cavalier bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen
guter Hof-Mann werden will, ſeine vornehmſte
Sorge dahin gerichtet ſeyn, wie er die Qualitaͤten,
die ihm zu ruͤhmlicher Begleitung ſeiner Hof-Dien-
ſte noͤthig ſind erlangen moͤge. Er bemuͤhet ſich,
die Freundſchafft eines alten Hof-Mannes, der
lange Zeit um die Herrſchafft geweſen, und ihr Ge-
muͤthe kennet, und wenn es auch ſchon nicht einer
von den vornehmſten ſeyn ſolte, zu erlangen; er
weiß wohl, daß bißweilen eine ſehr geringe Sache
iſt, dadurch man ſich bey einer Herrſchafft gefaͤlli-
ger, oder auch ihr mißfaͤllig macht, und die man
doch, nach allen Regeln der politiſchen Klugheit,
nicht errathen kan.

§. 8. Mit ungeſchickten oder unvernuͤnfftigen
Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es ſein
Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlſtand
erfordert, und laͤſt ſich mit ihm in keine Vertrau-
lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche

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[228/0248] I. Theil. VIII. Capitul. abgeben muͤſſen, ſeuffzen ſie in ihrem Hertzen zu GOtt, daß er ſich doch der armen blinden Leute, die ihn nicht kennen, und ſeinen Ruhe-Tag enthei- ligen, erbarmen, dieſe ihre Suͤnde um Chriſti wil- len ihnen nicht zurechnen, und ſie bekehren wolle! ſie beklagen, daß dieſe Tage, die GOtt gewidmet ſeyn ſolten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel aufgeopffert werden, und ſehen, wo ſie unter den Hof-Leuten auch noch eine gottſelige Seele finden, mit der ſie ein Chriſtlich Geſpraͤch halten koͤnnen. §. 7. Naͤchſt der Gottſeligkeit laͤſt ein junger Cavalier bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen guter Hof-Mann werden will, ſeine vornehmſte Sorge dahin gerichtet ſeyn, wie er die Qualitaͤten, die ihm zu ruͤhmlicher Begleitung ſeiner Hof-Dien- ſte noͤthig ſind erlangen moͤge. Er bemuͤhet ſich, die Freundſchafft eines alten Hof-Mannes, der lange Zeit um die Herrſchafft geweſen, und ihr Ge- muͤthe kennet, und wenn es auch ſchon nicht einer von den vornehmſten ſeyn ſolte, zu erlangen; er weiß wohl, daß bißweilen eine ſehr geringe Sache iſt, dadurch man ſich bey einer Herrſchafft gefaͤlli- ger, oder auch ihr mißfaͤllig macht, und die man doch, nach allen Regeln der politiſchen Klugheit, nicht errathen kan. §. 8. Mit ungeſchickten oder unvernuͤnfftigen Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es ſein Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlſtand erfordert, und laͤſt ſich mit ihm in keine Vertrau- lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche Leute

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/248>, abgerufen am 21.11.2024.