abgeben müssen, seuffzen sie in ihrem Hertzen zu GOtt, daß er sich doch der armen blinden Leute, die ihn nicht kennen, und seinen Ruhe-Tag enthei- ligen, erbarmen, diese ihre Sünde um Christi wil- len ihnen nicht zurechnen, und sie bekehren wolle! sie beklagen, daß diese Tage, die GOtt gewidmet seyn solten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel aufgeopffert werden, und sehen, wo sie unter den Hof-Leuten auch noch eine gottselige Seele finden, mit der sie ein Christlich Gespräch halten können.
§. 7. Nächst der Gottseligkeit läst ein junger Cavalier bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen guter Hof-Mann werden will, seine vornehmste Sorge dahin gerichtet seyn, wie er die Qualitäten, die ihm zu rühmlicher Begleitung seiner Hof-Dien- ste nöthig sind erlangen möge. Er bemühet sich, die Freundschafft eines alten Hof-Mannes, der lange Zeit um die Herrschafft gewesen, und ihr Ge- müthe kennet, und wenn es auch schon nicht einer von den vornehmsten seyn solte, zu erlangen; er weiß wohl, daß bißweilen eine sehr geringe Sache ist, dadurch man sich bey einer Herrschafft gefälli- ger, oder auch ihr mißfällig macht, und die man doch, nach allen Regeln der politischen Klugheit, nicht errathen kan.
§. 8. Mit ungeschickten oder unvernünfftigen Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es sein Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlstand erfordert, und läst sich mit ihm in keine Vertrau- lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche
Leute
I. Theil. VIII. Capitul.
abgeben muͤſſen, ſeuffzen ſie in ihrem Hertzen zu GOtt, daß er ſich doch der armen blinden Leute, die ihn nicht kennen, und ſeinen Ruhe-Tag enthei- ligen, erbarmen, dieſe ihre Suͤnde um Chriſti wil- len ihnen nicht zurechnen, und ſie bekehren wolle! ſie beklagen, daß dieſe Tage, die GOtt gewidmet ſeyn ſolten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel aufgeopffert werden, und ſehen, wo ſie unter den Hof-Leuten auch noch eine gottſelige Seele finden, mit der ſie ein Chriſtlich Geſpraͤch halten koͤnnen.
§. 7. Naͤchſt der Gottſeligkeit laͤſt ein junger Cavalier bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen guter Hof-Mann werden will, ſeine vornehmſte Sorge dahin gerichtet ſeyn, wie er die Qualitaͤten, die ihm zu ruͤhmlicher Begleitung ſeiner Hof-Dien- ſte noͤthig ſind erlangen moͤge. Er bemuͤhet ſich, die Freundſchafft eines alten Hof-Mannes, der lange Zeit um die Herrſchafft geweſen, und ihr Ge- muͤthe kennet, und wenn es auch ſchon nicht einer von den vornehmſten ſeyn ſolte, zu erlangen; er weiß wohl, daß bißweilen eine ſehr geringe Sache iſt, dadurch man ſich bey einer Herrſchafft gefaͤlli- ger, oder auch ihr mißfaͤllig macht, und die man doch, nach allen Regeln der politiſchen Klugheit, nicht errathen kan.
§. 8. Mit ungeſchickten oder unvernuͤnfftigen Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es ſein Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlſtand erfordert, und laͤſt ſich mit ihm in keine Vertrau- lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche
Leute
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0248"n="228"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Theil. <hirendition="#aq">VIII.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
abgeben muͤſſen, ſeuffzen ſie in ihrem Hertzen zu<lb/>
GOtt, daß er ſich doch der armen blinden Leute,<lb/>
die ihn nicht kennen, und ſeinen Ruhe-Tag enthei-<lb/>
ligen, erbarmen, dieſe ihre Suͤnde um Chriſti wil-<lb/>
len ihnen nicht zurechnen, und ſie bekehren wolle!<lb/>ſie beklagen, daß dieſe Tage, die GOtt gewidmet<lb/>ſeyn ſolten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel<lb/>
aufgeopffert werden, und ſehen, wo ſie unter den<lb/>
Hof-Leuten auch noch eine gottſelige Seele finden,<lb/>
mit der ſie ein Chriſtlich Geſpraͤch halten koͤnnen.</p><lb/><p>§. 7. Naͤchſt der Gottſeligkeit laͤſt ein junger<lb/><hirendition="#aq">Cavalier</hi> bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen<lb/>
guter Hof-Mann werden will, ſeine vornehmſte<lb/>
Sorge dahin gerichtet ſeyn, wie er die Qualitaͤten,<lb/>
die ihm zu ruͤhmlicher Begleitung ſeiner Hof-Dien-<lb/>ſte noͤthig ſind erlangen moͤge. Er bemuͤhet ſich,<lb/>
die Freundſchafft eines alten Hof-Mannes, der<lb/>
lange Zeit um die Herrſchafft geweſen, und ihr Ge-<lb/>
muͤthe kennet, und wenn es auch ſchon nicht einer<lb/>
von den vornehmſten ſeyn ſolte, zu erlangen; er<lb/>
weiß wohl, daß bißweilen eine ſehr geringe Sache<lb/>
iſt, dadurch man ſich bey einer Herrſchafft gefaͤlli-<lb/>
ger, oder auch ihr mißfaͤllig macht, und die man<lb/>
doch, nach allen Regeln der politiſchen Klugheit,<lb/>
nicht errathen kan.</p><lb/><p>§. 8. Mit ungeſchickten oder unvernuͤnfftigen<lb/>
Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es ſein<lb/>
Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlſtand<lb/>
erfordert, und laͤſt ſich mit ihm in keine Vertrau-<lb/>
lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Leute</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[228/0248]
I. Theil. VIII. Capitul.
abgeben muͤſſen, ſeuffzen ſie in ihrem Hertzen zu
GOtt, daß er ſich doch der armen blinden Leute,
die ihn nicht kennen, und ſeinen Ruhe-Tag enthei-
ligen, erbarmen, dieſe ihre Suͤnde um Chriſti wil-
len ihnen nicht zurechnen, und ſie bekehren wolle!
ſie beklagen, daß dieſe Tage, die GOtt gewidmet
ſeyn ſolten, der Welt, oder wohl gar dem Teuffel
aufgeopffert werden, und ſehen, wo ſie unter den
Hof-Leuten auch noch eine gottſelige Seele finden,
mit der ſie ein Chriſtlich Geſpraͤch halten koͤnnen.
§. 7. Naͤchſt der Gottſeligkeit laͤſt ein junger
Cavalier bey Hofe, der mit der Zeit ein vollkommen
guter Hof-Mann werden will, ſeine vornehmſte
Sorge dahin gerichtet ſeyn, wie er die Qualitaͤten,
die ihm zu ruͤhmlicher Begleitung ſeiner Hof-Dien-
ſte noͤthig ſind erlangen moͤge. Er bemuͤhet ſich,
die Freundſchafft eines alten Hof-Mannes, der
lange Zeit um die Herrſchafft geweſen, und ihr Ge-
muͤthe kennet, und wenn es auch ſchon nicht einer
von den vornehmſten ſeyn ſolte, zu erlangen; er
weiß wohl, daß bißweilen eine ſehr geringe Sache
iſt, dadurch man ſich bey einer Herrſchafft gefaͤlli-
ger, oder auch ihr mißfaͤllig macht, und die man
doch, nach allen Regeln der politiſchen Klugheit,
nicht errathen kan.
§. 8. Mit ungeſchickten oder unvernuͤnfftigen
Hof-leuten gehet er nicht weiter um, als es ſein
Beruff, die Nothwendigkeit oder der Wohlſtand
erfordert, und laͤſt ſich mit ihm in keine Vertrau-
lichkeit ein. Daß man nicht lauter manierliche
Leute
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/248>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.