§. 37. Nachdem ich bey dieser Arbeit einige Schrifften von dieser Gattung durchgelauffen, und unterschiedene Jrrthümer, theils bey ihren Regeln/ theils bey ihren Complimentir-Formularien, ange- troffen die jungen Leuten, bey deren Nachahmung, an ihrem Glück bißweilen mehr hinderlich als be- förderlich, mehr disrenomirlich als rühmlich und vortheilhafft seyn würden, so will ich im folgenden einige davon vorstellig machen: I. Einige Bü- cher-Complimens sind mehrentheils zu lang und zu weitläufftig. Wenn ein junger Cavalier, bey Hof- oder Privat-Aufwartung, einem grossen Mini- ster oder einer Dame mit einem solchen Compli- ment begegnen wolte, wie sie in den meisten Com- plimentir-Büchern vorgescheieben, so würde er ge- wiß davor die Urtheile erfahren müssen, die ich in dem vorhergehenden angeführet. Es würde einer gemeiniglich besser zurecht kommen, und mehr cava- lierement complimentiren, wenn er seine Worte so kurtz anbrächte, wie die Theile des Compliments in der Disposition angezeigt, jedoch mit gehöriger Verbindung, als wie das gantze Compliment nach seiner völligen Elaboration lautet. II. Manche Autores mischen ohne Noth allzu viel La- teinische und Frantzösische Wörter mit ein, die sie doch in der Teutschen Sprache eben so gut aus drü- cken könten; denn, eine andere Bewandniß hats, wenn einige so allgemein und bekandt worden, daß sie, so zu reden, das Bürger-Recht der Teutschen Sprache völlig erlangt, oder da man zur Verände-
rung,
Von Complimens.
§. 37. Nachdem ich bey dieſer Arbeit einige Schrifften von dieſer Gattung durchgelauffen, und unterſchiedene Jrrthuͤmer, theils bey ihren Regeln/ theils bey ihren Complimentir-Formularien, ange- troffen die jungen Leuten, bey deren Nachahmung, an ihrem Gluͤck bißweilen mehr hinderlich als be- foͤrderlich, mehr disrenomirlich als ruͤhmlich und vortheilhafft ſeyn wuͤrden, ſo will ich im folgenden einige davon vorſtellig machen: I. Einige Buͤ- cher-Complimens ſind mehrentheils zu lang und zu weitlaͤufftig. Wenn ein junger Cavalier, bey Hof- oder Privat-Aufwartung, einem groſſen Mini- ſter oder einer Dame mit einem ſolchen Compli- ment begegnen wolte, wie ſie in den meiſten Com- plimentir-Buͤchern vorgeſcheieben, ſo wuͤrde er ge- wiß davor die Urtheile erfahren muͤſſen, die ich in dem vorhergehenden angefuͤhret. Es wuͤrde einer gemeiniglich beſſer zurecht kommen, und mehr cava- lierement complimentiren, wenn er ſeine Worte ſo kurtz anbraͤchte, wie die Theile des Compliments in der Diſpoſition angezeigt, jedoch mit gehoͤriger Verbindung, als wie das gantze Compliment nach ſeiner voͤlligen Elaboration lautet. II. Manche Autores miſchen ohne Noth allzu viel La- teiniſche und Frantzoͤſiſche Woͤrter mit ein, die ſie doch in der Teutſchen Sprache eben ſo gut aus druͤ- cken koͤnten; denn, eine andere Bewandniß hats, wenn einige ſo allgemein und bekandt worden, daß ſie, ſo zu reden, das Buͤrger-Recht der Teutſchen Sprache voͤllig erlangt, oder da man zur Veraͤnde-
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Von Complimens.
§. 37. Nachdem ich bey dieſer Arbeit einige
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unterſchiedene Jrrthuͤmer, theils bey ihren Regeln/
theils bey ihren Complimentir-Formularien, ange-
troffen die jungen Leuten, bey deren Nachahmung,
an ihrem Gluͤck bißweilen mehr hinderlich als be-
foͤrderlich, mehr disrenomirlich als ruͤhmlich und
vortheilhafft ſeyn wuͤrden, ſo will ich im folgenden
einige davon vorſtellig machen: I. Einige Buͤ-
cher-Complimens ſind mehrentheils zu lang und zu
weitlaͤufftig. Wenn ein junger Cavalier, bey
Hof- oder Privat-Aufwartung, einem groſſen Mini-
ſter oder einer Dame mit einem ſolchen Compli-
ment begegnen wolte, wie ſie in den meiſten Com-
plimentir-Buͤchern vorgeſcheieben, ſo wuͤrde er ge-
wiß davor die Urtheile erfahren muͤſſen, die ich in
dem vorhergehenden angefuͤhret. Es wuͤrde einer
gemeiniglich beſſer zurecht kommen, und mehr cava-
lierement complimentiren, wenn er ſeine Worte
ſo kurtz anbraͤchte, wie die Theile des Compliments
in der Diſpoſition angezeigt, jedoch mit gehoͤriger
Verbindung, als wie das gantze Compliment
nach ſeiner voͤlligen Elaboration lautet. II.
Manche Autores miſchen ohne Noth allzu viel La-
teiniſche und Frantzoͤſiſche Woͤrter mit ein, die ſie
doch in der Teutſchen Sprache eben ſo gut aus druͤ-
cken koͤnten; denn, eine andere Bewandniß hats,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/191>, abgerufen am 21.11.2024.
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