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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. IV. Capitul.
ter gezogen, und sich mit Ohrfeigen weidlich her-
um geschmissen.

§. 21. Die allgemeine Wohlfarth ist dem Rang
und der Ober-Stelle der Privat-Personen billich
vorzuziehen; Wo man nun durch den Rang-Disput
die Entscheidung gewisser Puncte, daran dem ge-
meinen Wesen viel gelegen, aufhalten dürffte, als
bey Berathschlagung der Angelegenheiten, die auf
Stiffts-Tägen, Land-Tägen u. s. w. tractiret
werden, so ist man verbunden, lieber seinem Range
etwas zu vergeben, als das gemeine Beste zu hin-
dern. Jn diesem Stück ist der ehmahlige Hertzog
zu Würtenberg, Ulricus, höchlich zu rühmen, von
dem Coccejus in seiner Dissertation de Praeceden-
tia
§. 28. anführet: Wie der Hertzog gesehen, daß
auf einer von gewissen Fürsten ausgeschriebnen Zu-
sammenkunfft über den Rang so gestritten worden,
hätte er endlich ausgeruffen: Setzt mich meinet-
wegen hinter den Ofen, wenn wir nur dasjenige
hier zu Stande bringen, um welches willen wir zu-
sammen gekommen. O ein rühmlicher Entschluß
eines tugendhafften Regenten, der manchen Ehr-
geitzigen zu einem Vorbilde dienen möchte.

§. 22. Uber die in dem vorhergehenden ange-
führten Fälle, kan man, meines Ermessens, auch ei-
nige Kaltsinnigkeit, in Behauptung des Ranges,
erweisen: (I.) Gegen diejenigen, die uns an Jah-
ren, Erfahrung und Weißheit weit übertreffen;
diesen müssen wir etwas zu gute halten, und es uns
vor keine so gar grosse Schande anziehen, wenn die,

die

I. Theil. IV. Capitul.
ter gezogen, und ſich mit Ohrfeigen weidlich her-
um geſchmiſſen.

§. 21. Die allgemeine Wohlfarth iſt dem Rang
und der Ober-Stelle der Privat-Perſonen billich
vorzuziehen; Wo man nun durch den Rang-Diſput
die Entſcheidung gewiſſer Puncte, daran dem ge-
meinen Weſen viel gelegen, aufhalten duͤrffte, als
bey Berathſchlagung der Angelegenheiten, die auf
Stiffts-Taͤgen, Land-Taͤgen u. ſ. w. tractiret
werden, ſo iſt man verbunden, lieber ſeinem Range
etwas zu vergeben, als das gemeine Beſte zu hin-
dern. Jn dieſem Stuͤck iſt der ehmahlige Hertzog
zu Wuͤrtenberg, Ulricus, hoͤchlich zu ruͤhmen, von
dem Coccejus in ſeiner Diſſertation de Præceden-
tia
§. 28. anfuͤhret: Wie der Hertzog geſehen, daß
auf einer von gewiſſen Fuͤrſten ausgeſchriebnen Zu-
ſammenkunfft uͤber den Rang ſo geſtritten worden,
haͤtte er endlich ausgeruffen: Setzt mich meinet-
wegen hinter den Ofen, wenn wir nur dasjenige
hier zu Stande bringen, um welches willen wir zu-
ſammen gekommen. O ein ruͤhmlicher Entſchluß
eines tugendhafften Regenten, der manchen Ehr-
geitzigen zu einem Vorbilde dienen moͤchte.

§. 22. Uber die in dem vorhergehenden ange-
fuͤhrten Faͤlle, kan man, meines Ermeſſens, auch ei-
nige Kaltſinnigkeit, in Behauptung des Ranges,
erweiſen: (I.) Gegen diejenigen, die uns an Jah-
ren, Erfahrung und Weißheit weit uͤbertreffen;
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vor keine ſo gar groſſe Schande anziehen, wenn die,

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[122/0142] I. Theil. IV. Capitul. ter gezogen, und ſich mit Ohrfeigen weidlich her- um geſchmiſſen. §. 21. Die allgemeine Wohlfarth iſt dem Rang und der Ober-Stelle der Privat-Perſonen billich vorzuziehen; Wo man nun durch den Rang-Diſput die Entſcheidung gewiſſer Puncte, daran dem ge- meinen Weſen viel gelegen, aufhalten duͤrffte, als bey Berathſchlagung der Angelegenheiten, die auf Stiffts-Taͤgen, Land-Taͤgen u. ſ. w. tractiret werden, ſo iſt man verbunden, lieber ſeinem Range etwas zu vergeben, als das gemeine Beſte zu hin- dern. Jn dieſem Stuͤck iſt der ehmahlige Hertzog zu Wuͤrtenberg, Ulricus, hoͤchlich zu ruͤhmen, von dem Coccejus in ſeiner Diſſertation de Præceden- tia §. 28. anfuͤhret: Wie der Hertzog geſehen, daß auf einer von gewiſſen Fuͤrſten ausgeſchriebnen Zu- ſammenkunfft uͤber den Rang ſo geſtritten worden, haͤtte er endlich ausgeruffen: Setzt mich meinet- wegen hinter den Ofen, wenn wir nur dasjenige hier zu Stande bringen, um welches willen wir zu- ſammen gekommen. O ein ruͤhmlicher Entſchluß eines tugendhafften Regenten, der manchen Ehr- geitzigen zu einem Vorbilde dienen moͤchte. §. 22. Uber die in dem vorhergehenden ange- fuͤhrten Faͤlle, kan man, meines Ermeſſens, auch ei- nige Kaltſinnigkeit, in Behauptung des Ranges, erweiſen: (I.) Gegen diejenigen, die uns an Jah- ren, Erfahrung und Weißheit weit uͤbertreffen; dieſen muͤſſen wir etwas zu gute halten, und es uns vor keine ſo gar groſſe Schande anziehen, wenn die, die

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/142>, abgerufen am 22.11.2024.