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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Range.
Seite gehe. Doch der alte Vater soll die Thor-
heit seines ehrgeitzigen Sohnes auf folgende Wei-
se bestrasft haben: Freylich, weist du es nicht, wie
der Mühl-Knappe es mit seinen Eseln macht? Der
Müller gehet dem Esel allenthalben nach, er trage
gleich den Sack Korn in die Mühle, oder aus der-
selben. (III.) Muß man auch unter den so genand-
ten guten Freunden, bey einer Collation, bey ei-
ner Pfeiffe Toback, bey einen Glaß Wein, bey ei-
ner Tasse Caffe das Rang-Ceremoniel, und alle
verdrüßliche Streitigkeiten, durch welche die gantze
Gesellschafft beunruhiget werden würde, bey Seite
setzen. Hier kommt man, nicht als dieser oder je-
ner Characterisirte oder Titulirte, sondern als gute
Freunde zusammen. (IV.) Jst bekandt, daß man
dem Frauenzimmer alle honeur erzeiget, und denen,
die einmahl einer honetten Gesellschafft und der
Conversation würdig erachtet worden, ohne Ver-
letzung des Wohlstandes, die Oberstelle nicht leicht
disputirlich macht, ob schon ihre Väter oder Män-
ner einen weit geringern Rang haben.

§. 17. (V.) Muß man auch hierbey der Wohl-
thaten, die uns ehedem andere erzeiget, nicht so un-
vergessen seyn, daß man seinen Wohlthätern nicht
ein mehrers, als andern Leuten, zu gut halten solte.
Die Erkenntlichkeit und Danckbarkeit ist eine so
löbliche Pflicht, die uns allezeit, ja unser Lebenlang,
begleiten soll. (VI.) Erfordern die Regeln, Klug-
heit und die Liebe, die wir uns, zu Erhaltung unserer
Glückseligkeit, schuldig sind, daß wir es mit denen,

die
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Vom Range.
Seite gehe. Doch der alte Vater ſoll die Thor-
heit ſeines ehrgeitzigen Sohnes auf folgende Wei-
ſe beſtraſft haben: Freylich, weiſt du es nicht, wie
der Muͤhl-Knappe es mit ſeinen Eſeln macht? Der
Muͤller gehet dem Eſel allenthalben nach, er trage
gleich den Sack Korn in die Muͤhle, oder aus der-
ſelben. (III.) Muß man auch unter den ſo genand-
ten guten Freunden, bey einer Collation, bey ei-
ner Pfeiffe Toback, bey einen Glaß Wein, bey ei-
ner Taſſe Caffe das Rang-Ceremoniel, und alle
verdruͤßliche Streitigkeiten, durch welche die gantze
Geſellſchafft beunruhiget werden wuͤrde, bey Seite
ſetzen. Hier kommt man, nicht als dieſer oder je-
ner Characteriſirte oder Titulirte, ſondern als gute
Freunde zuſammen. (IV.) Jſt bekandt, daß man
dem Frauenzimmer alle honeur erzeiget, und denen,
die einmahl einer honetten Geſellſchafft und der
Converſation wuͤrdig erachtet worden, ohne Ver-
letzung des Wohlſtandes, die Oberſtelle nicht leicht
diſputirlich macht, ob ſchon ihre Vaͤter oder Maͤn-
ner einen weit geringern Rang haben.

§. 17. (V.) Muß man auch hierbey der Wohl-
thaten, die uns ehedem andere erzeiget, nicht ſo un-
vergeſſen ſeyn, daß man ſeinen Wohlthaͤtern nicht
ein mehrers, als andern Leuten, zu gut halten ſolte.
Die Erkenntlichkeit und Danckbarkeit iſt eine ſo
loͤbliche Pflicht, die uns allezeit, ja unſer Lebenlang,
begleiten ſoll. (VI.) Erfordern die Regeln, Klug-
heit und die Liebe, die wir uns, zu Erhaltung unſerer
Gluͤckſeligkeit, ſchuldig ſind, daß wir es mit denen,

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[119/0139] Vom Range. Seite gehe. Doch der alte Vater ſoll die Thor- heit ſeines ehrgeitzigen Sohnes auf folgende Wei- ſe beſtraſft haben: Freylich, weiſt du es nicht, wie der Muͤhl-Knappe es mit ſeinen Eſeln macht? Der Muͤller gehet dem Eſel allenthalben nach, er trage gleich den Sack Korn in die Muͤhle, oder aus der- ſelben. (III.) Muß man auch unter den ſo genand- ten guten Freunden, bey einer Collation, bey ei- ner Pfeiffe Toback, bey einen Glaß Wein, bey ei- ner Taſſe Caffe das Rang-Ceremoniel, und alle verdruͤßliche Streitigkeiten, durch welche die gantze Geſellſchafft beunruhiget werden wuͤrde, bey Seite ſetzen. Hier kommt man, nicht als dieſer oder je- ner Characteriſirte oder Titulirte, ſondern als gute Freunde zuſammen. (IV.) Jſt bekandt, daß man dem Frauenzimmer alle honeur erzeiget, und denen, die einmahl einer honetten Geſellſchafft und der Converſation wuͤrdig erachtet worden, ohne Ver- letzung des Wohlſtandes, die Oberſtelle nicht leicht diſputirlich macht, ob ſchon ihre Vaͤter oder Maͤn- ner einen weit geringern Rang haben. §. 17. (V.) Muß man auch hierbey der Wohl- thaten, die uns ehedem andere erzeiget, nicht ſo un- vergeſſen ſeyn, daß man ſeinen Wohlthaͤtern nicht ein mehrers, als andern Leuten, zu gut halten ſolte. Die Erkenntlichkeit und Danckbarkeit iſt eine ſo loͤbliche Pflicht, die uns allezeit, ja unſer Lebenlang, begleiten ſoll. (VI.) Erfordern die Regeln, Klug- heit und die Liebe, die wir uns, zu Erhaltung unſerer Gluͤckſeligkeit, ſchuldig ſind, daß wir es mit denen, die H 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/139>, abgerufen am 22.11.2024.